Entscheidungsstichwort (Thema)
Erbvertrag
Leitsatz (redaktionell)
Zum erforderlichen Feststellungsinteresse bei Rechtsstreit über Ansprüche aus Erbvertrag.
Normenkette
ZPO § 256
Verfahrensgang
LG Koblenz (Urteil vom 22.05.1986; Aktenzeichen 1. O. 661/85) |
Tenor
I. Auf die Berufung des Klägers wird das am 22. Mai 1986 verkündete Urteil der 1. Zivilkammer des Landgerichts Koblenz aufgehoben und die Sache zur weiteren Verhandlung und Entscheidung an das Landgericht zurückverwiesen.
II. Die Kostenentscheidung bleibt dem landgerichtlichen Schlußurteil vorbehalten.
Gründe
Die Berufung des Klägers ist begründet.
Die Klage ist entgegen der Ansicht des Landgerichts zulässig, so daß gemäß § 538 Abs. 1 Nr. 2 ZPO das landgerichtliche Urteil aufzuheben und die Sache zur weiteren Verhandlung und Entscheidung an das Landgericht zurückzuverweisen ist. Der Senat hält es nicht für sachdienlich, gemäß § 540 ZPO von der Zurückverweisung abzusehen und selbst zu entscheiden. Denn hierdurch würde den Parteien eine Tatsacheninstanz genommmen, was im Hinblick auf die Notwendigkeit einer umfassenden Beweisaufnahme nicht im Interesse der Parteien liegt; hierauf hat der Kläger bereits hingewiesen.
Für den Antrag des Klägers festzustellen, daß er nach Eintritt des Erbfalles nach dem 1921 geborenen Vater der Parteien gegen die Beklagte Anspruch auf Zahlung von 26.366,66 DM hat. besteht das in § 256 ZPO geforderte Rechtsschutzinteresse. Mit dem Tode (1980) der Mutter der Parteien ist der zwischen dieser und dem Vater der Parteien abgeschlossene Erbvertrag, durch den die Parteien und ihr Bruder W. zu Miterben zu je 1/3 nach dem letztversterbenden Elternteil eingesetzt worden sind, für den Vater der Parteien bindend geworden (§ 2289 BGB). Dieser kann grundsätzlich nicht mehr in einer die Rechte des Klägers und seiner Geschwister als Vertragserben beeinträchtigenden Weise letztwillig über sein Vermögen verfügen. Der Kläger hat schlüssig dargetan, daß der Hauptbestandteil des väterlichen Vermögens das elterliche Haus gewesen sei, und daß der Vater dieses in Benachteiligungsabsicht 1981 der Beklagten zu einem Anschlagspreis von 22.500,– DM übertragen habe, obwohl der wahre Wert bei 110.000,– DM; gelegen habe. Unter Abzug des Wertes des vorbehaltenen Nießbrauchs und eines Vorausempfangs hat der Kläger die auf ihn als Miterben zu 1/3 entfallende Wertquote für das inzwischen weiterverkaufte Haus mit 26.366,66 DM errechnet, die ihm die beklagte mit dem Tode des Vaters schulde.
Dieser Anspruch aus § 2287 BGB steht außerhalb der gesamthänderischen Bindung einer Miterbengemeinschaft und kann von jedem Miterben in Höhe seiner Erbquote unmittelbar geltend gemacht werden (RG WarnRspr 1926 Nr. 188; BGH NGW 1980, 2461 f.).
Richtig ist zwar, daß der Vater ungeachtet seiner erbvertraglichen Bindung bis zu seinem Ableben über sein Vermögen durch Rechtsgeschäft unter Lebenden frei und ungehindert verfügen durfte (§ 2286 BGB), und daß der Anspruch des durch eine Schenkung benachteiligten Vertragserben gegen den Beschenkten erst mit dem Erbfall entsteht. Daraus läßt sich aber nicht herleiten, daß vor dem Erbanfall zwischen dem Vertragserben und dem Beschenkten kein der rechtlichen Feststellung fähiges und bedürftiges Rechtsverhältnis bestehen kann, sondern lediglich, daß gegen Veräußerung und Erwerb nicht durch einstweilige Verfügung vorgegangen werden darf. Umstritten, aber zu bejahen ist die andere Frage, ob schon zu Lebzeiten des Erblassers das Rechtsverhältnis zwischen Vertragserben und Beschenkten durch eine Feststellungsklage geklärt werden kann (so z. B. Kipp-Coing, Erbrecht, 11. Bearb., 1980, S. 180, Fußn. 21; a.A. z. B. Staudinger-Kanzleiter, BGB, 12. Aufl., 1983, § 2287 Rdnr. 18). Nach allgemeinen Rechtsgrundsätzen können auch bedingte oder nur mögliche künftige Beziehungen die Grundlage einer Feststellungsklage bilden, wenn eine aktuelle Verbindlichkeit zwar noch nicht entstanden, aber für ihren späteren Eintritt der Grund derart gelegt ist, daß nach der Erfahrung des Lebens und dem gewöhnlichen Lauf der Dinge der Eintritt der Verbindlichkeit mit einer gewissen Wahrscheinlichkeit anzunehmen ist; bereits dann liegt ein feststellungsfähiges Rechtsverhältnis i.S.d. § 256 ZPO vor (BGHZ 4, 135). Schon das Reichsgericht hat entschieden, daß Rechtsverhältnisse zwischen Miterben aus einem gemeinschaftlichen Testament, die nur durch den Tod des überlebenden Elternteils bedingt sind, Gegenstand einer Feststellungsklage sein können (RG HRR 1928 Nr. 843). Die gleiche Interessenlage besteht zwischen einem Vertragserben und dem i.S.d. § 2287 BGB Beschenkten, sobald das Erbrecht des Vertragserben grundsätzlich nicht mehr entzogen werden kann. Der Vertragserbe hat dann ein einer Anwartschaft (vgl. auch OLG Düsseldorf, NJW 1957, 266) gleichkommendes Recht auf den Anspruch aus § 2287 BGB, der deshalb gerichtlich genauso feststellbar sein muß wie Ansprüche aus Vertrügen, die z. B. durch den Tod einer anderen Person bedingt sind.
Entgegensteht auch nicht eine vermeintliche Unbes...