Entscheidungsstichwort (Thema)

Mängelgewährleistung

 

Verfahrensgang

LG Koblenz (Urteil vom 08.11.1995; Aktenzeichen 8 O 238/95)

 

Tenor

1. Auf die Berufung der Kläger wird das Schlußurteil der 8. Zivilkammer des Landgerichts Koblenz vom 8. November 1995 geändert und wie folgt neu gefaßt:

  1. Die Beklagte wird verurteilt, an die Kläger – über den durch Teilanerkenntnisurteil vom 25. Juli 1995 zuerkannten Betrag hinaus – weitere 2.154,87 DM zu zahlen nebst 4 % Zinsen

    aus 1.864,13 DM für die Zeit vom 5. Dezember 1994 bis zum 5. April 1995,

    aus 7.527,45 DM für die Zeit vom 6. April 1995 bis zum 14. Juli 1995,

    aus 2.154,87 DM seit dem 6. April 1995.

  2. Im übrigen wird die Klage abgewiesen.
  3. Von den erstinstanzlichen Kosten des Rechtsstreits haben zu tragen:

    die Kläger 26,38 %, die Beklagte 73,62 %.

2. Die Kosten des Berufungsverfahrens fallen der Beklagten zur Last.

3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

 

Tatbestand

Die Kläger begehren Schadensersatz wegen Nichterfüllung eines notariellen Vertrages über den Erwerb einer Wohnung in einer von der Beklagten zu errichtenden Wohnungseigentumsanlage.

Als sich abzeichnete, daß die vertraglich zugesicherte Wohnungsgröße unterschritten wurde, suchten die Kläger anwaltlichen Rat. Mit vorprozessualem Anwaltsschreiben vom 27. September 1994 meldeten sie „Schadensersatzansprüche wegen Nichterfüllung …, und zwar den großen Schadensersatz” an. Die nachfolgenden Verhandlungen endeten mit der Rückabwicklung des Vertrages.

Ihren Zinsschaden und weitere Kosten (insgesamt 11.799,19 DM) haben die Kläger erstinstanzlich verlangt. Davon hat die Beklagte einen Teilbetrag von 7.527,40 DM anerkannt, was zu dem Teilanerkenntnisurteil vom 25. Juli 1995 führte. Bei den erstinstanzlich weiter begehrten 4.271,79 DM handelt es sich um eine Geschäfts- und Besprechungsgebühr (§ 118 BRAGO) für die vorprozessuale Tätigkeit der späteren Prozeßbevollmächtigten der Kläger.

Insoweit hat das Landgericht durch das angefochtene Schlußurteil, auf das zur weiteren Darstellung des erstinstanzlichen Sach- und Streitstandes Bezug genommen wird, die Klage mit der Begründung abgewiesen, der Vertrag sei gewandelt worden; die geltend gemachten Anwaltskosten gehörten jedoch nicht zu den Vertragskosten im Sinne von § 467 BGB. Ebensowenig handele es sich bei den Anwaltskosten um einen Verzugsschaden. Die Kosten der verzugbegründenden Mahnung habe der Gläubiger selbst zu tragen.

Dagegen richtet sich die Berufung der Kläger, die nur noch Erstattung einer 7,5/10 Geschäftsgebühr nebst Auslagenpauschale und Mehrwertsteuer begehren. Die Kosten einer verzugbegründenden Erstmahnung habe der Schuldner nicht zu erstatten.

Er hafte jedoch für die Kosten einer Erinnerungsmahnung, die hier durch Schreiben vom 18. Oktober 1994 erfolgt sei.

Die Kläger beantragen,

unter teilweiser Abänderung des angefochtenen Urteils die Beklagte zu verurteilen, an die Kläger 2.154,87 DM nebst 4 % Zinsen hieraus seit dem 6. April 1995 zu zahlen.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Die Parteien hätten sich auf eine Wandelung des notariellen Vertrages geeinigt. Als Rechtsfolge der vollzogenen Wandelung stehe ihnen ein Schadensersatzanspruch auf Erstattung vorprozessualer Anwaltskosten nicht zu.

Wegen der weiteren Einzelheiten des zweitinstanzlichen Parteivorbringens wird auf die im Berufungsverfahren gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen verwiesen.

 

Entscheidungsgründe

Die zulässige Berufung hat auch in der Sache Erfolg. Die landgerichtliche Entscheidung mußte im Umfang ihrer Anfechtung geändert werden, weil den Klägern gegen die Beklagte ein Schadensersatzanspruch zusteht, der auch die 7,5/10 Geschäftsgebühr nach § 118 BRAGO für die vorprozessuale Tätigkeit der erstinstanzlichen Prozeßbevollmächtigten der Kläger umfaßt.

Denn entgegen der Auffassung des Landgerichts ist der notarielle „Kaufvertrag” vom 4. Mai 1994 nicht gewandelt (§ 634 Abs. 4 BGB) worden. Rechtsgrundlage des gesamten Klageanspruchs ist vielmehr § 635 BGB. Hiernach kann der Besteller beim Werkvertrag statt der Wandelung oder der Minderung Schadensersatz wegen Nichterfüllung verlangen, wenn der Mangel des Werkes auf einem Umstande beruht, den der Unternehmer zu vertreten hat.

Sämtliche Voraussetzungen dieser Vorschrift sind hier erfüllt. Durch den notariellen Vertrag vom 4. Mai 1994 (Bl. 6-22 GA) hatte die Beklagte sich verpflichtet, auf einem ihr gehörenden Grundstück ein Mehrfamilienwohnhaus zu errichten und den Klägern das Eigentum an einer der insgesamt 6 Wohnungen zu übertragen. Sachmängelansprüche des Erwerbers einer Eigentumswohnung, zu deren Erstellung der Veräußerer sich verpflichtet hat, richten sich nach dem Recht des Werkvertrages (BGHZ 74, 204, 206; BGH NJW 1980, 2800, 2801). Auf die Bezeichnung des Vertrages als „Kaufvertrag” kommt es nicht an (vgl. BGHZ 74, 258, 267, 270 m.w.N.). Maßgebend für Inhalt und Umfang der Mängelgewährleistungsansprüche der Kläger sind daher §§ 633 ff BGB. Grundsätzlich waren die Kläger daher gehalten, der Beklagten zur Beseitigung des Werkmangels eine an...

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