Leitsatz (amtlich)
1. Zur Amtshaftung bei der (Verwaltungs-)Vollstreckung einer Verbots- und Untersagungsverfügung auf dem Gebiet des Glücksspielrechts.
2. Die Feststellung der Rechtmäßigkeit des Grundverwaltungsakts ist keine Voraussetzung der Verwaltungsvollstreckung; die Bestandskraft des dort verfügten Verhaltensgebots ist von seiner Durchsetzung unabhängig.
Normenkette
GG Art. 34; BGB § 839 Abs. 1; POG RP § 68 Abs. 1 S. 2; VwGO § 80 Abs. 5; LVwVG RP § 2 Nr. 2; LvwVG RP § 2 Nr. 3
Verfahrensgang
LG Trier (Urteil vom 06.05.2014; Aktenzeichen 11 O 154/13) |
Tenor
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Einzelrichters der 11. Zivilkammer des LG Trier vom 6.5.2014 wird zurückgewiesen.
Die Kosten des Berufungsverfahrens trägt der Kläger.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Gründe
I. Der Kläger, ehemals Betreiber von Annahmestellen eines maltesischen Sportwettenanbieters u.a. in Pirmasens und Trier, begehrt vom beklagten Land Schadensausgleich nach landesrechtlichen Entschädigungsvorschriften (§§ 68 ff. POG) im Zusammenhang mit dem Vollzug einer Ordnungs- und Untersagungsverfügung.
Es wird auf die tatsächlichen Feststellungen im angefochtenen Urteil Bezug genommen (§ 540 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 ZPO).
Der Kläger hatte zu keinem Zeitpunkt eine Erlaubnis nach dem rheinland-pfälzischen Glücksspielrecht in Händen. Am 29.3.2010 wurde gegen den Kläger wegen der fortdauernden Vermittlung von Sportwetten in Trier ein Zwangsgeld i.H.v. 15.000 EUR festgesetzt; dieses wurde schließlich am 27.4.2011 im Wege der Kontopfändung vom beklagten Land (ADD) eingezogen. Der Kläger hatte gegen die Ordnungs- und Untersagungsverfügung vom 12.8.2009 (Anlage K 1) wie auch gegen den Zwangsmittelbescheid vom 29.3.2010 jeweils fristgerecht Widerspruch eingelegt; über die Rechtsbehelfe ist bis dato noch nicht entschieden.
Das LG hat mit Urteil vom 6.5.2014 (Bl. 220 ff. GA) - nach Umstellung der Klage auf einen Zahlungsantrag und teilweiser Klagerücknahme (Schriftsatz vom 11.3.2014 [Bl. 193 ff. GA]; Protokoll vom 18.3.2014 [Bl. 206 f. GA]) - das klageabweisende Versäumnisurteil vom 10.12.2013 (Bl. 165 ff. GA) aufrechterhalten; hiergegen richtet sich die Berufung des Klägers.
Der Kläger rügt rechtsfehlerhafte Feststellungen. Im Hinblick auf das eingezogene Zwangsgeld i.H.v. 15.000 EUR stellten sich sowohl dessen Festsetzung als auch der Grundverwaltungsakt als rechtswidrige Maßnahme dar, was (auf der Sekundärebene) unmittelbar zur polizeilichen Unrechtshaftung (§§ 68 ff. POG) führen müsse; jedenfalls aber sei der vorliegenden Rechtsstreit im Blick auf die noch anhängigen Widerspruchsverfahren auszusetzen. Im Hinblick auf die Kosten des Eilverfahrens (VG Neustadt - 5 L 863/09. NW; OVG Rheinland-Pfalz - 6 B 11113/09. OVG) lasse das angefochtene Urteil eine Auseinandersetzung mit den einschlägigen Erwägungen des Senatsurteils vom 22.8.2013 - 1 U 551/12 - vermissen; der betreffende Kostenaufwand i.H.v. 1.402,60 EUR stelle sich als typischer Folgeschaden der rechtswidrigen Ordnungsverfügung dar.
Der Kläger beantragt, das Urteil des LG Trier vom 6.5.2014 abzuändern und unter Aufhebung des Versäumnisurteils vom 10.12.2013 das beklagte Land zu verurteilen, an den Kläger 16.402,06 EUR nebst Zinsen i.H.v. 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 18.3.2014 zu zahlen.
Das beklagte Land beantragt, die Berufung zurückzuweisen.
Das beklagte Land verteidigt das angefochtene Urteil. Die Rückzahlung eines Zwangsgeldes setze stets die Beseitigung der Grundverfügung voraus; eine hiervon unabhängige Liquidation auf der Sekundärebene stehe dem Geschädigten gerade nicht frei. Der verschuldensunabhängige polizeirechtliche Entschädigungsanspruch umfasse nach der höchstrichterlichen Rechtsprechung auch keine Haftung für legislatives Unrecht.
II. Die - zulässige - Berufung hat in der Sache keinen Erfolg.
Der vom Kläger im vorliegenden Rechtsstreit einzig verfolgte Ausgleichsanspruch nach § 68 Abs. 1 Satz 2 POG (verschuldensunabhängige Staatshaftung) besteht bereits dem Grunde nach nicht.
Es wird auf die ausführliche Erörterung der Sach- und Rechtslage in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat Bezug genommen.
a) Der Kläger verlangt (nur noch) Ausgleich wegen der dem Erlass der Ordnungs- und Untersagungsverfügung vom 12.8.2009 nachfolgenden Festsetzung und Beitreibung des Zwangsgeldes i.H.v. 15.000 EUR sowie wegen der im verwaltungsgerichtlichen Eilrechtsschutz gegen den Sofortvollzug zu seinen Lasten angefallenen Verfahrenskosten i.H.v. 1.402,60 EUR. In seinem Kerngehalt betrifft das Klagebegehren mithin (Ermessens-)Entscheidung(en) der zuständigen Vollstreckungsbehörde (hier: Aufsichts- und Dienstleistungsdirektion als Landesordnungsbehörde; § 4 Abs. 2 Satz 1 LVwVG i.V.m. § 12 Abs. 2 LGlüG 2007; §§ 88 Abs. 1 Nr. 3, 89 Abs. 3 POG) bei der Durchsetzung des gegenüber dem Kläger mit dem (Grund-)Verwaltungsakt vom 12.8.2009 verfügten Handlungs- und Unterlassungsgebots. Prüfungsgegenstand sind daher als Voraussetzungen der Verwaltungsvollstreckung das überwiegende Interesse de...