Entscheidungsstichwort (Thema)

Keine Verwertungsbefugnis der Bank bei Verpfändung des Treuhandkontos einer Wohnungseigentümergemeinschaft

 

Leitsatz (amtlich)

1. Verfügt der Verwalter von Wohnungseigentum über Gelder der Gemeinschaft in offensichtlich treuwidriger Weise, ist die dadurch begünstigte Bank verpflichtet, das Erlangte an den Berechtigten zurückzuerstatten.

2. Zur Beweiswürdigung für Bösgläubigkeit der Bankmitarbeiter.

 

Verfahrensgang

LG Koblenz (Urteil vom 12.11.2003; Aktenzeichen 13 O 207/02)

 

Tenor

Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des LG Koblenz vom 12.11.2003 wird zurückgewiesen.

Die Beklagte hat auch die Kosten des Berufungsverfahrens zu tragen.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Die Beklagte kann die Vollstreckung gegen Sicherheitsleistung in Höhe des jeweils zu vollstreckenden Betrages abwenden, sofern nicht die Kläger zuvor Sicherheit in gleicher Höhe leisten.

Die Revision wird nicht zugelassen.

 

Gründe

I. Die Kläger, Mitglieder der Wohnungseigentümergemeinschaft E., K. straße 2-10, beanspruchen die Erstattung eines Guthabens, das die beklagte Bank als Sicherheit für Darlehensverbindlichkeiten der Eheleute S. angenommen und verwertet hat. Die Zeugin S. war Verwalterin der Gemeinschaft.

Das LG hat der Klage nach Beweisaufnahme antragsgemäß (55.399,42 Euro nebst gesetzlicher Zinsen) stattgegeben. Auf Tatbestand und Entscheidungsgründe des angefochtenen Urteils nimmt der Senat Bezug (§ 540 Abs. 1 ZPO).

Mit der Berufung begehrt die Beklagte die Abweisung der Klage: Die Herkunft der auf dem für die Zeugin S. geführten Konto 6009916375 gutgeschriebenen Gelder aus dem Vermögen der Kläger sei nicht hinreichend dargetan. Denn nur solche Beträge, die der Zeugin von den Klägern anvertraut gewesen seien, hätten zu deren Treuvermögen gehören können. Jedenfalls sei ihren Mitarbeitern nicht bekannt gewesen, dass es sich bei dem Kontoguthaben um Treugeld gehandelt habe. Die gegenteilige Beweiswürdigung des LG sei nicht überzeugend.

Die Kläger verteidigen das angefochtene Urteil.

II. Die zulässige Berufung ist nicht begründet. Das LG hat der Klage im Ergebnis zu Recht entsprochen. Seine tatsächlichen Feststellungen, die umfassende Beweiserhebung und die darauf gegründete Beweiswürdigung erachtet der Senat in maßgeblicher Hinsicht als zutreffend. Die rechtliche Grundlage für das Klagebegehren sieht er allerdings nicht in der Anspruchsgrundlage des § 826 BGB, sondern in dem fortbestehenden Auszahlungsanspruch der Zeugin S. gegen die Beklagte auf das Guthaben auf dem Konto Nr.: 6009916375 (§§ 607, 398 BGB), den diese an die Kläger abgetreten hat (Bl. 161 GA).

Im Einzelnen:

Seit den Jahren 1995/1996 standen die Zeugen S. und die Beklagte in einer Geschäftsverbindung, die im maßgeblichen Zeitraum September 2000 eine erhebliche Ausweitung erfuhr (Bl. 62 ff. GA).

Entsprechend vorangegangener Absprachen (Bl. 83-85 GA) gewährte die Beklagte den Zeugen S. am 15./21.9.2000 drei Darlehen, und zwar einen Betriebsmittelkredit (15.000 DM), ein Darlehen zur Umschuldung bestehender Verbindlichkeiten (190.000 DM) und ein Darlehen zur Ablösung von Verbindlichkeiten bei der R. Volksbank (106.000 DM; Bl. 72-79 GA). Zur Sicherung dieser Verbindlichkeiten von insgesamt 311.000 DM verpfändete die Zeugin S. Termineinlagen und Festgeldkonten i.H.v. 315.793,49 DM (Bl. 62, 80 GA).

Weisungsgemäß löste die Beklagte nun die bei der R. Volksbank bestehenden Schulden der Zeugen S. i.H.v. 106.000 DM ab unter der Voraussetzung, dass ihr die dort bestehenden Festgeldguthaben von 146.367,04 DM überwiesen wurden (Bl. 84 GA). In diesem Zusammenhang erhielt die Beklagte am 28.9.2000 auf das bei ihr bestehende Sammelkonto u.a. einen Betrag von 5.102,51 DM aus einem Sparguthaben, dessen Sparbuch den Zusatz trug "Betr.: WEG H.-str. 1, Eltville" (Bl. 93, 100 GA). Der insgesamt der Beklagten zugegangene Betrag wurde am 29.9.2000 zunächst in einer Summe als Festgeld angelegt und auf Wunsch der Zeugin S. am 2.11.2000 auf 21 auf den Namen der Zeugin S. laufende Konten aufgeteilt, die sodann unter dem 5. Dezember bzw. 19.12.2000 zu Gunsten der Beklagten zur Sicherheit der Darlehen verpfändet wurden (Bl. 64, 65, 82, 94, 95 GA).

Der Senat ist mit dem LG überzeugt, dass die Aussagen der Zeugen S. zu diesem Komplex im wesentlichen richtig sind. Danach war zumindest der für die Zeugen S. zuständige Kundenbetreuer, der Zeuge B., darüber informiert, dass die auf den 21 Guthabenkonten eingezahlten Gelder Instandhaltungsrücklagen und andere Rücklagen der von der Zeugin S. gewerblich verwalteten Wohnungseigentumsgemeinschaften waren. Dem Mitarbeiter der Beklagten war selbstverständlich bekannt, dass derartiges Fremdgeld (§ 27 Abs. 4 WEG) seitens der Hausverwalterin nicht für private Verbindlichkeiten verpfändet werden durfte (Bl. 175 GA). An diesem Vertragsbruch der Zeugin S. ggü. den Mitgliedern der Wohnungseigentumsgemeinschaften, war der Mitarbeiter B. beteiligt, er hat diesen zumindest gefördert.

Stärkstes Indiz für die positive Kenntnis des Mitarbeiters der Beklag...

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