Entscheidungsstichwort (Thema)
Nachbesserung und Schadensersatz im VOB/B Vertrag bei teilweise unverschuldeten Mängeln von Fliesenarbeiten; Verantwortlichkeit des Architekten
Leitsatz (amtlich)
1. Da die Gewährleistungspflicht nach § 13 Nr. 5 VOB/B kein Verschulden voraussetzt, entlastet es einen Fliesenleger nicht, dass die unzureichende Adhäsion der verlegten Fliesen für ihn nicht erkennbar war. Außerhalb der Schadensersatzhaftung nach § 13 Nr. 7 VOB/B kommt auch ein Abzug "neu für alt" nicht in Betracht.
2. Will ein Bauhandwerker seine Arbeiten mit Billigung des Architekten in einer vom Gewöhnlichen abweichenden Weise ausführen (hier: Ausgleich der Unebenheit des Untergrundes durch Fixierung der Fliesen auf Mörtelbatzen), muss er die dagegen anzumeldenden Bedenken gegenüber dem Bauherrn erklären.
3. Ein Verstoß gegen die anerkannten Regeln der Technik ist unerheblich, wenn damit keine nachweisbaren Risiken verbunden sind (hier: Entkopplungsmatten unter einem Fliesenbelag)
4. Ist eine Abweichung vom Üblichen nicht vorgegeben, muss der Architekt einfache handwerkliche Routinearbeiten nicht überwachen (hier: Vorbereitung des Untergrunds und Verlegung von Fliesen). Dass er gleichwohl Unzulänglichkeiten entdeckt und nicht beanstandet hat, muss der Bauherr beweisen.
Normenkette
BGB §§ 276, 280, 631, 634 Nr. 4; VOB/B § 4 Nr. 1 Abs. 4, § 13 Nrn. 1, 3, 5, 7; ZPO § 286
Verfahrensgang
LG Koblenz (Urteil vom 11.06.2012; Aktenzeichen 4 O 254/11) |
Tenor
1. Auf die Berufung der Beklagten zu 2. wird das Urteil der 4. Zivilkammer des LG Koblenz vom 11.6.2012 dahin geändert, dass unter Abweisung der Klage im Übrigen
a) die Beklagte zu 2. verurteilt wird, an die Klägerin 154.600 EUR nebst Zinsen i.H.v. 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 22.9.2011 zu zahlen und
b) die Verpflichtung der Beklagten zu 2. festgestellt wird, der Klägerin jenseits des unter oben a) bezifferten Nachbesserungsaufwands die Schäden zu ersetzen, die in Zusammenhang mit der Demontage und Erneuerung des Fliesenbodens im P. Zentrum K. mit Ausnahme der Schäden entstehen, die sich aus der Erneuerungsbedürftigkeit der Fliesen selbst ergeben.
Das weiter gehende Rechtsmittel der Beklagten zu 2. und die Berufung der Klägerin werden zurückgewiesen.
2. Von den Gerichtskosten des Rechtsstreits trägt die Klägerin 3/5 und die Beklagte zu 2. 2/5. Die außergerichtlichen Kosten des Beklagten zu 1. fallen der Klägerin, die der Beklagten zu 2. und deren Streithelferin der Klägerin zu 1/5, die der Klägerin der Beklagten zu 2. zu 2/5 zur Last. Darüber hinaus unterbleibt eine Kostenerstattung.
3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Der jeweilige Vollstreckungsschuldner kann die gegen ihn gerichtete Vollstreckung durch Sicherheitsleistung i.H.v. 110 % des vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Gegenseite Sicherheit in entsprechender Höhe stellt.
4. Die Revision wird nicht zugelassen.
Gründe
I. Die Klägerin ließ im Jahr 2004 den Ausstellungsraum ihres Autohauses umbauen und dabei keramische Fliesen verlegen. Dies geschah durch die Beklagte zu 2., die auf der Grundlage der VOB/B 2002 beauftragt worden war. Die Planung und Bauaufsicht lag in den Händen des Beklagten zu 1.
Etwa zwei Jahre später monierte die Klägerin erstmals Mängel an der Verfliesung und leitete dann 2008 ein Beweisverfahren gegen beide Beklagte ein, nachdem sie bereits zuvor ein Privatgutachten eingeholt hatte. Gestützt auf die dadurch vermittelten sachverständigen Erkenntnisse, hat sie im vorliegenden Rechtsstreit zur Deckung des aus ihrer Sicht erforderlichen Mängelbeseitigungsaufwandes einen Betrag von 182.625 EUR geltend gemacht und die Feststellung einer weiter gehenden Schadensersatzhaftung der Beklagten begehrt; außerdem hat sie den Ausgleich vorgerichtlicher Anwaltskosten von 2.870,70 EUR beansprucht.
Sie hat der Beklagten zu 2. Ausführungsfehler und dem Beklagten zu 1. Planungs- und Aufsichtsversäumnisse vorgeworfen, die für die Ablösung zahlreicher Fliesen und eine verbreitete Rissbildung namentlich in den Fugen verantwortlich geworden seien. Zunächst sei der vorhandene Baugrund nicht hinlänglich durch eine Ausgleichsmasse nivelliert worden. Dann habe man, indem zur Abtrennung des aufzubringenden Oberbaus Entkopplungsmatten eingezogen worden seien, gegen die anerkannten Regeln der Technik verstoßen. Da die nachfolgende Mörtelschicht die vorhandenen Niveauunterschiede nicht ausgeglichen habe, seien darauf durchgängig punktuell Mörtelbatzen gesetzt worden ("Batzentechnik"), um anschließend einen planen Fliesenbelag erreichen zu können. Die verbliebenen Hohlräume hätten das Entstehen von Rissen ebenso begünstigt wie das Auslassen notwendiger Bewegungsfugen. Außerdem sei wegen der nur partiellen Vermörtelung der Fliesen keine genügende Adhäsion erzielt worden. Dabei habe sich auch der Verzicht auf eine - den Umständen nach gebotene - Haftgrundierung der Fliesen ausgewirkt.
Die Beklagte zu 2., der deren Matten- und Mörtellieferantin als Streithelferin beigetreten ist, und der Beklagte zu 1. h...