Leitsatz (amtlich)
Das Fristerfordernis nach § 651g BGB hängt nicht vom Ausmaß bestehender Beweissicherungsinteressen im Einzelfall ab.
Auch übergegangene Ansprüche wegen von Beamten erllittener Körperverletzungen müssen vom Dienstherrn fristgerecht geltend gemacht werden.
Zur Unverzüglichkeit der Geltendmachung bei Sachbearbeitung durch eine Behörde.
Verfahrensgang
LG Koblenz (Urteil vom 02.08.2007; Aktenzeichen 1 O 323/06) |
Tenor
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil der 1. Zivilkammer des LG Koblenz vom 2.8.2007 wird zurückgewiesen.
Die Kosten des Berufungsverfahrens hat der Kläger zu tragen.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Der Kläger darf die Vollstreckung durch eine Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe des aufgrund des Urteils gegen ihn vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht der Beklagte vor der Vollstreckung eine Sicherheit in Höhe des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.
Gründe
I. Das klagende Land nimmt den Beklagten als Reiseveranstalter aus übergegangenem Recht wegen Verletzung von vier Lehrern während einer Studienreise nach Peru in Anspruch. Es begehrt die Zahlung von 352.734,79 EUR nebst gesetzlichen Zinsen sowie die Feststellung der weitergehenden Schadensersatzpflicht des Beklagten.
Die Geschädigten, allesamt Lehrkräfte im Dienst des klagenden Landes, hatten für die Zeit vom 16.7. bis 7.8.2004 bei dem Beklagten eine Reise nach Peru gebucht und diese auch angetreten.
Am 27.7.2004 verunglückte der vom Beklagten gecharterte Reisebus gegen 12:00 Uhr mittags auf einer Fahrt zur Colka-Schlucht auf einer Landstraße.
Der Bus geriet ohne von außen erkennbaren Anlass aufgrund einer kurzzeitigen Vernachlässigung des Lenkrads durch den Fahrer auf die Gegenfahrbahn und stürzte nach dem Zusammenprall mit einer Zementmauer eine Böschung hinab, wobei er sich mehrfach überschlug. Durch den Unfall wurden die Geschädigten zum Teil schwer verletzt. Unmittelbar nach dem Unfall flog der Beklagte persönlich nach Peru, um die Unfallregulierungen vor Ort vorzunehmen und zu veranlassen, dass die Geschädigten nach dem Unfall vorzeitig nach Deutschland zurückgeflogen wurden. Alle vier Geschädigten machten innerhalb einer Monatsfrist, gerechnet ab dem vertraglich vorgesehenen Ende der Reise, Ansprüche ggü. dem Beklagten geltend, welche von der Haftpflichtversicherung des Beklagten reguliert wurden.
Das klagende Land erbrachte durch das niedersächsische Landesamt für Bezüge und Versorgung (NLBV) Beihilfen für alle vier Geschädigten. Außerdem zahlte der Kläger die Dienstbezüge der Geschädigten in den Zeiträumen weiter, in denen sie aufgrund unfallbedingter Arbeitsunfähigkeit ihren Dienst nicht oder zum Teil nur mit reduzierter Stundenzahl versehen konnten beziehungsweise Sonderurlaub in Anspruch nahmen.
Die für Regressforderungen zuständige Landesschulbehörde machte durch die zuständige Sachbearbeiterin Frau A. Schadensersatzforderungen des Klägers gegenüber dem Haftpflichtversicherer des Beklagten nach Ablauf der Monatsfrist des § 651g Abs. 1 Satz 1 BGB geltend.
Der Kläger hat nach mehrfacher Erhöhung seiner Klage zu Ziff. 1 und Rücknahme der Klage hinsichtlich der Geschädigten B. zu Ziff. 2 zuletzt beantragt
1. den Beklagten zu verurteilen, an das klagende Land 352.734,79 EUR nebst Zinsen i.H.v. 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz auf 1.980,25 EUR seit dem 16.3.2005, auf 925,31 EUR seit dem 11.4.2005, auf 30.174,06 EUR seit dem 21.4.2005, auf 54.533,51 EUR seit dem 12.5.2005, auf 150.958,03 EUR seit dem 13.5.2005, auf 2.048,06 EUR seit dem 1.11.2005, auf 70,61 EUR seit dem 1.11.2005, auf 2.485,93 EUR seit dem 1.12.2005, auf 48.588,44 EUR seit dem 1.12.2005, auf 25.806,14 EUR seit dem 5.12.2005 sowie auf 452,97 EUR, auf 24.421,15 EUR und 10.270,33 EUR seit jeweiliger Rechtshängigkeit zu zahlen,
2. festzustellen, dass der Beklagte verpflichtet ist, dem klagenden Land alle den Lehrern C. E., D. E. und F. aus dem Verkehrsunfall vom 27.7.2004 in Peru noch entstehenden Schäden, die auf den Kläger übergehen, zu ersetzen.
Wegen der erstinstanzlichen Sach- und Streitstandes im Einzelnen wird auf den Tatbestand des landgerichtlichen Urteils sowie auf die zwischen den Parteien gewechselten Schriftsätze Bezug genommen.
Das LG hat die Klage abgewiesen, weil der Kläger die Ausschlussfrist des § 651g Abs. 1 Satz 1 BGB nicht gewahrt habe und er auch nicht ohne sein Verschulden an der Wahrung der Frist gehindert worden sei. Auch übergegangene Ansprüche des klagenden Landes aus Deliktsrecht bestünden gegen den Beklagten nicht. Wegen der Begründung der landgerichtlichen Entscheidung wird auf die Entscheidungsgründe des angefochtenen Urteils verwiesen.
Das klagende Land wendet sich mit seiner Berufung gegen die Klageabweisung. Es wiederholt und vertieft seinen erstinstanzlichen Sachvortrag und macht im Einzelnen geltend:
Schutzzweck des § 651g Abs. Satz 1 BGB sei lediglich das Beweissicherungsinteresse des Reiseveranstalters, der in den meisten Fällen letztlich nicht selber für die Schäden einzustehen habe, s...