Normenkette

BGB § 839; GG Art. 34

 

Verfahrensgang

LG Mainz (Urteil vom 20.08.1999; Aktenzeichen 7 O 359/93)

 

Tenor

Auf die Berufung des beklagten Landes wird das am 20.8.1999 verkündete Urteil der 7. Zivilkammer des LG Mainz abgeändert und die Klage in vollem Umfang abgewiesen.

Die Kosten des gesamten Rechtsstreites – einschl. denen des Revisionsverfahrens – hat der Kläger zu tragen.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Der Kläger darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung i.H.v. 110 % des jeweils beizutreibenden Betrages abwenden, wenn nicht das beklagte Land zuvor Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Die Parteien können die Sicherheiten auch durch schriftliche, selbstschuldnerische, unwiderrufliche und unbefristete Bürgschaft einer Bank oder Sparkasse mit Sitz in der Bundesrepublik Deutschland erbringen.

 

Tatbestand

Die Mutter des Klägers (Frau N.) war 1990/1991 Eigentümerin des mit einem Wohnhaus bebauten Grundstücks B.-Straße in M.-Bu. (Flurstück 340/6). Der Kläger beabsichtigte, das vorhandene Wohnhaus durch einen Anbau zu erweitern, der die nach der Landesbauordnung erforderlichen Grenzabstände zu den Nachbargrundstücken Flurstücke 340/5 und 340/3 sowie 346/1 nicht einhielt. Die Nachbarin M. – Eigentümerin des Flurstücks 346/1 – war mit dem Vorhaben des Klägers nicht einverstanden und hatte dies dem Kläger auch unmissverständlich erklärt.

Unter dem 12.9.1990 beantragte der Kläger bei der Kreisverwaltung M.-Bi. die Baugenehmigung. Der Lageplan und die Bauzeichnungen trugen jeweils die handschriftlichen Vermerke: „Einverständnis der Nachbarn: Flur 1, 340/3 und 5 sowie Flur 1, 346/1”. Bei den Flurstücken 340/3 und 5 war die Unterschrift des Nachbarn beigefügt; bei dem Flurstück 346/1 jedoch nicht diejenige der Grundstückseigentümerin Frau M., sondern die Unterschrift der Mutter des Klägers. Die Gemeindeverwaltung Bu. erteilte am 9.10.1990 ihr Einvernehmen. Dabei wies sie darauf hin, dass die Unterschrift des Nachbarn zu dem Grundstück Flur 1, Nr. 346/1 nicht von der Grundstückseigentümerin stamme; Frau N. sei Eigentümerin des Baugrundstücks.

Am 11.12.1990 stellte der Kläger einen Befreiungsantrag, betreffend die Einhaltung der Abstandsflächen zu den Parzellen 340/3 und 340/5. Er erklärte ‚hinsichtlich dieser Grundstücke werde teilweise direkt an die Grenzen gebaut; die Eigentümer seien jedoch mit der Bebauung einverstanden und hätten dies durch ihre Unterschrift bestätigt.

Daraufhin erteilte die Kreisverwaltung ihm am 17.12.1990 die Baugenehmigung unter Befreiung von den Vorschriften des § 8 Abs. 6 LBauO.

Die Nachbarin M. rügte mit Schriftsatz vom 6.3.1991, dass sie nicht ordnungsgemäß am Baugenehmigungsverfahren beteiligt worden sei, und sie legte mit Schriftsatz vom 19.3.1991 Widerspruch gegen die Baugenehmigung ein. Über den Widerspruch wurde der Kläger am 28.3.1991 unterrichtet. Am 5.4.1991 stellte die Nachbarin beim Verwaltungsgericht einen Antrag auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung des Widerspruchs; dieser Antrag gelangte am 10.4.1991 zur Kenntnis des Klägers. Dieser stellte daraufhin die bereits begonnenen und weit fortgeschrittenen Bauarbeiten (Rohbau) ein. Das Verwaltungsgericht gab dem Antrag durch Beschluss vom 7.5.1991 statt; die Beschwerde des Klägers blieb erfolglos. Am 18.11.1994 nahm die Kreisverwaltung die Baugenehmigung zurück. Der Kläger verlangt von dem beklagten Land Schadenersatz für Planungs-, Abriss-, Rohbau-, Anwalts- und Gerichtskosten.

Der Kläger hat vorgetragen, die geltend gemachten Aufwendungen seien ihm entstanden, weil er im berechtigten Vertrauen auf die erteilte Baugenehmigung mit den Bauarbeiten begonnen habe.

Er hatte ursprünglich beantragt, das beklagte Land zu verurteilen, an ihn 144.323,86 DM nebst 4 % Zinsen hieraus seit Rechtshängigkeit (27.12.1993) zu zahlen.

Das beklagte Land hatte beantragt, die Klage abzuweisen.

Es hat vorgetragen, der Kläger könne sich nicht auf Vertrauensschutz hinsichtlich der ihm erteilten – rechtswidrigen – Baugenehmigung berufen, da er durch seinen Architekten auf die rechtliche Problematik eindeutig hingewiesen worden sei.

Das LG hat nach Beweisaufnahme die Klage ganz überwiegend als begründet angesehen und dies im Wesentlichen damit begründet, dass der Kläger auf die Rechtmäßigkeit der ihm erteilten Baugenehmigung bis zum 10.4.1991 vertrauen durfte.

Auf die Berufung des beklagten Landes hat der Senat das beklagte Land unter Abänderung des landgerichtlichen Urteils zur Zahlung von 119.218,80 DM nebst Zinsen verurteilt.

Die hiergegen gerichtete Revision des beklagten Landes führte zur Aufhebung des Senatsurteils vom 31.10.2001 im Kostenpunkt und insoweit, als zum Nachteil des beklagten Landes dort erkannt worden ist.

Das beklagte Land trägt weiter unter Bezugnahme auf das bisherige Vorbringen vor allem zu dem fehlenden Vertrauensschutz zugunsten des Klägers vor. Es beantragt, unter Abänderung des angefochtenen Urteils die Klage in vollem Umfang abzuweisen.

Der Kläger beantragt, die Berufung des beklagten Landes zurückzuweisen.

Er trägt unter Bez...

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