Entscheidungsstichwort (Thema)
Ehegattenunterhalt und Erwerbstätigkeit nach Haushaltsführung; Nutzungswert des gemeinsamen Hauses
Normenkette
BGB § 1578
Verfahrensgang
AG Betzdorf (Aktenzeichen 3 F 383/99) |
Tenor
Die Berufung des Antragstellers gegen das Urteil des AG – FamG – Betzdorf vom 21.12.2000 wird mit der Maßgabe zurückgewiesen, dass der unter Ziff. 4 ausgeurteilte Ehegattenunterhalt ab 28.4.2001 zu zahlen ist und für die Zeit bis zum 30.6.2001 i.H.v. 143 DM sowie ab 1.7.2001 i.H.v. 139 DM Altersvorsorgeunterhalt darstellt.
Hinsichtlich der Kosten erster Instanz bleibt es bei der Entscheidung des AG. Die Kosten des Berufungsverfahrens haben zu 7/10 der Antragsteller und zu 3/10 die Antragsgegnerin zu tragen.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Gründe
Die nach Erlass des Teilurteils vom 27.6.2001 nur noch zur Entscheidung stehende Berufung des Antragstellers ist in förmlicher Hinsicht nicht zu beanstanden, hat in der Sache aber keinen Erfolg.
Die Antragsgegnerin hat Anspruch auf Zahlung nachehelichen Unterhalts zumindest in dem vom FamG ausgeurteilten Umfang, weil sie nicht in der Lage ist, ihren eheangemessenen Bedarf in vollem Umfang durch eigene Einkünfte zu decken (§§ 1569, 1573 Abs. 2 BGB).
Der für die Bemessung des Unterhaltsanspruchs maßgebliche Bedarf (§ 1578 Abs 1 S. 1 BGB) richtet sich nach den ehelichen Lebensverhältnissen im Zeitpunkt der Rechtskraft der Scheidung, weil das Eheband und die daraus resultierende unterhaltsrechtliche Verantwortung der Eheleute bis dahin fortbestehen (BGH v. 25.11.1998 – XII ZR 98/97, FamRZ 1999, 367 m.w.N.) wobei allerdings nur die Veränderungen berücksichtigt werden, die bereits vor Trennung prägend angelegt waren, d.h. auch bei weiterem Zusammenleben zu erwarten gewesen wären; nicht prägende Veränderungen, das sind solche, die auf einer unerwarteten und vom Normalverlauf abweichenden Entwicklung oder auf trennungsbedingten Einkommensveränderungen beruhen, sind bei der Bedarfsbemessung nicht zu berücksichtigen (Wendl/Staudigl/Pauling, Das Unterhaltsrecht in der familienrichterlichen Praxis, 5. Aufl., § 4 Rz. 216 ff.). Gemäß § 1578 Abs. 3 BGB gehören zum Lebensbedarf auch die Kosten einer angemessenen Versicherung für den Fall des Alters sowie der verminderten Erwerbsfähigkeit, welche die Antragsgegnerin in der Berufungsinstanz im Wege einer zulässigen Klageänderung (§§ 523, 263 ZPO) ebenfalls geltend macht.
Rechtskräftig wurde die Scheidung einen Monat nach Zustellung der Berufungsbegründung des Antragstellers (§ 629a Abs. 3 ZPO), somit mit Ablauf des 27.4.2001 (§§ 222 ZPO, 187 f. BGB). Zu dieser Zeit waren die Lebensverhältnisse der Parteien geprägt durch das Einkommen des Antragstellers als Bankdirektor der … Bank in B. die Haushaltstätigkeit der Antragsgegnerin, das mietfreie Wohnen in dem den Parteien gemeinsam gehörenden Haus in M., die mit dessen Erwerb und Modernisierung verbundenen Belastungen sowie dessen verbrauchsunabhängige Kosten und die Unterhaltsverpflichtung gegenüber der gemeinsamen 1979 geborenen Tochter S., die seit Oktober 2000 in Gießen studiert.
Entgegen der Auffassung des Antragstellers waren die ehelichen Lebensverhältnisse nicht nur durch dessen Einkommen als Gruppenleiter der Privatkundenabteilung geprägt. Zwar erfolgte die Ernennung zum Bankdirektor erst nach Trennung der Parteien. Jedoch hatte der Antragsteller seine Berufstätigkeit bereits im Januar 1992 und damit mehrere Jahre vor der Trennung aus Karrieregründen in die neuen Bundesländer verlegt, weshalb davon auszugehen ist, dass der berufliche Aufstieg bereits in der Ehe angelegt war und auch ohne Trennung erfolgt wäre. Der Unterhaltsbemessung ist daher das im Rechtsstreit auf Zahlung von Trennungsunterhalt belegte steuer- und sozialversicherungspflichtige Bruttoeinkommen des Jahres 2000 i.H.v. 155.489,22 DM (Bl. 200 der Akten 9 UF 58/01) zugrunde zu legen, woraus der Senat unter Berücksichtigung der steuerlichen Gegebenheiten und sozialversicherungsrechtlichen Bemessungsgrenzen (Ost) des Jahres 2001 ein voraussichtliches Jahresnettoeinkommen i.H.v. rund 82.102 DM ermittelt hat. Hierbei ist – wie in der Vergangenheit – die Steuerklasse I ohne Kinder- und Ausbildungsfreibetrag zugrunde gelegt. Zwar ist der Antragsteller unterhaltsrechtlich gehalten, alle ihm möglichen Steuervorteile auszuschöpfen und mögliche Freibeträge bereits auf der Lohnsteuerkarte eintragen zu lassen, weshalb im Hinblick auf das Studium der Tochter S. und die insoweit anfallenden Unterhaltsaufwendungen sowohl ein halber Kinderfreibetrag als auch ein halber Ausbildungsfreibetrag in Ansatz gebracht werden könnten (§§ 33a Abs. 2, 32 Abs. 6 EStG). Jedoch kann dies deshalb vernachlässigt werden, weil der Senat dem Antragsteller auch die im Januar 2001 zugeflossene Einkommensteuererstattung für das Jahr 1999 (Bl. 205 der Akten 9 UF 58/01) als Einkommen zurechnet, die zum Teil darauf beruht, dass für die beiden Kinder S. und T. jeweils ein halber Kinderfreibetrag berücksichtigt ist, der beim Steuerabzug vom Lohn eben...