Verfahrensgang

LG Trier (Urteil vom 01.09.2005; Aktenzeichen 6 O 103/05)

 

Tenor

Auf die Berufung des Klägers wird das Urteil der 6. Zivilkammer des LG Trier vom 1.9.2005 teilweise abgeändert und insgesamt wie folgt neu gefasst:

Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 5.049,06 EUR nebst Zinsen i.H.v. 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 18.9.2004 zu zahlen.

Die Beklagte wird darüber hinaus verurteilt, an den Kläger weitere 278,05 EUR nebst Zinsen i.H.v. 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 20.4.2005 zu zahlen.

Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

Die weitergehende Berufung wird zurückgewiesen.

Die Beklagte hat die gesamten Kosten des Rechtsstreits zu tragen.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

 

Gründe

I. Der Kläger begehrt von der Beklagten Leistungen aus einer für sein Motorrad abgeschlossenen Teilkaskoversicherung wegen eines behaupteten Wildunfalls am 16.8.2004 auf der Landstraße zwischen S. und K.

Der Kläger hatte in seiner schriftlichen Schadensanzeige an die Beklagte (undatiert, Bl. 28 d.A.) angegeben, ihm sei während der Fahrt mit seinem Motorrad ein Reh in sein Fahrzeug gesprungen. Er sei gestürzt und sein Motorrad sei beschädigt worden. In der Wildunfallbescheinigung der Polizeiinspektion P... vom 16.8.2004 hatte der Kläger angekreuzt "keine Wildberührung". Nachdem die Beklagte den Zeugen B. angeschrieben hatte, der am Unfalltag zusammen mit dem Kläger unterwegs gewesen war und mit seinem Motorrad hinter diesem herfuhr, hatte dieser mit Schreiben vom 18.8.2004 (Bl. 30 d.A.) erklärt, dass der Kläger aufgrund eines Wildwechsels die Kontrolle über sein Motorrad verloren habe. Der Kläger sei infolgedessen gestürzt, da er versucht habe, dem Wild auszuweichen, um eine Kollision zu vermeiden. Sowohl der Kläger als auch der Zeuge B. haben mit Schreiben vom 28.8.2004 (Bl. 31 d.A.) und vom 1.9.2004 (Bl. 33 d.A.) weitere Schilderungen zum Unfallhergang abgegeben. Der von der Beklagten eingeschaltete Kfz-Sachverständige stellte bei der Besichtigung des Fahrzeugschadens und der Unfallstelle keine Haar-, Gewebe- oder Blutreste, die von einem Wild stammen könnten, fest. Die Beklagte lehnte daraufhin mit Schreiben vom 9.9.2004 (Bl. 12 d.A.) eine Schadensregulierung ab.

Der Kläger, der seine Entschädigungsforderung sodann gerichtlich gegen die Beklagte geltend machte, hat erstinstanzlich erneute Schilderungen zu dem Geschehen am 16.8.2004 gemacht und insb. vorgetragen, mehrere Rehe seien plötzlich und unerwartet am Straßenrand aufgetaucht und auf die Straße gelaufen. Er habe die Notbremsung eingeleitet, um die Kollision zu vermeiden. Ein Reh sei jedoch in Richtung seines Motorrades gesprungen und er habe es seiner Ansicht nach berührt. Wenn er nicht gebremst hätte, wäre es zu einem lebensgefährlichen Frontalzusammenstoß mit den Tieren gekommen.

Der Kläger hat erstinstanzlich die im Einzelnen dargelegten Reparaturkosten (netto) für sein Motorrad i.H.v. 5.049 EUR sowie außergerichtliche Anwaltskosten i.H.v. 278,05 EUR geltend gemacht.

Die Beklagte hat sich dem Antrag des Klägers entgegen gestellt und Klageabweisung begehrt.

Sie hat insb. bestritten, dass es zu seinem Zusammenstoß mit Wild gekommen sei, und lehnt eine Regulierung des behaupteten Wildschadens unter allen rechtlichen Gesichtspunkten ab.

Die 6. Zivilkammer des LG Trier hat die Klage mit Urteil vom 1.9.2005 (Bl. 53 ff. d.A.) abgewiesen. Es hat einen Regulierungsanspruch nach § 12 Nr. 1 I lit. d AKB mit der Begründung abgelehnt, dass der Kläger nicht dargetan und bewiesen habe, dass es zu einem tatsächlichen "Zusammenstoß" mit Wild gekommen sei. Der Vortrag des Klägers sei insoweit bereits aufgrund von Widersprüchlichkeit unschlüssig.

Das LG hat darüber hinaus auch einen Leistungsanspruch nach §§ 62, 63 VVG unter dem Gesichtspunkt des Rettungskostenersatzes verneint. Zur Begründung hat das LG ausgeführt, dass in der vom Kläger vorgetragenen Vermeidungsreaktion keine zielgerichtete und bewusste Rettungshandlung i.S.d. §§ 62, 63 VVG zu sehen sei. Der Kläger habe in erster Linie beabsichtigt, sein eigenes Leben zu retten. Um die Vermeidung von Sachschäden an seinem Motorrad sei es ihm nicht in zielgerichteter Weise gegangen. Die Abwendung des Versicherungsschadens sei lediglich im Sinne einer Reflexwirkung von seiner Handlung mit umfasst gewesen, was für einen Rettungskostenersatz nicht ausreichend sei. Das LG hat sich insoweit auf eine Entscheidung des BGH (BGH v. 13.7.1994 - IV ZR 250/93, MDR 1995, 43 = VersR 1994, 1181, 1182) berufen.

Schließlich hat das LG auch insoweit eine Leistungspflicht der Beklagten verneint, als es davon ausgeht, dass die Beklagte auch nach § 61 VVG von ihrer Eintrittspflicht befreit sei. Der Kläger habe den Unfall und damit den Versicherungsfall grob fahrlässig herbeigeführt, da er trotz beginnender Dämmerung und einer entsprechenden Warnbeschilderung "Wildwechsel" mit ca. 80 bis 90 km/h gefahren sei. Diese Geschwindigkeit sei "weit überhöht" und rechtfertige den Vorwurf eines besonders gravie...

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