rechtskräftig
Leitsatz (amtlich)
Will der Versicherer wegen Vorerkrankungen (Adipositas permagna (Fettsucht) mit Zwerchfellhochstand und obstruktive Atemwegserkrankung) eine Kürzung des Krankenhaustage- und Genesungsgeldes vornehmen, ist er dafür beweispflichtig, dass sich der Heilungserfolg des Patienten hierdurch verzögert hat, insbesondere ohne diese Gegebenheiten zu einem früheren Zeitpunkt eine erfolgversprechende operative Behandlung möglich gewesen wäre.
Normenkette
AUB 88 §§ 8, 7 Abs. 4 UAbs. 1, Abs. 5 UAbs. 1
Verfahrensgang
LG Koblenz (Aktenzeichen 5 O 340/97) |
Tenor
1. Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil der 5. Zivilkammer des Landgerichts Koblenz vom 20. August 1999 wird zurückgewiesen.
Auf die Anschlussberufung des Klägers wird das vorbezeichnete Urteil teilweise neugefasst und wie folgt abgeändert:
Die Beklagte wird verurteilt, an die …-Bank … eG, … 10.556,– DM nebst 7 % Zinsen hieraus seit dem 22. September 1997 zu zahlen. Die weitergehende Klage wird abgewiesen.
2. Die Beklagte hat die Kosten beider Rechtszüge zu tragen.
3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Gründe
Die Berufung ist nicht begründet. Die Anschlussberufung ist begründet.
I.
Der Kläger nimmt die Beklagte aus einer Unfallversicherung (AUB 88) auf Zahlung von Krankenhaustagegeld und Genesungsgeld in Anspruch. Da die Ansprüche an die … Bank … eG abgetreten sind, begehrt er Zahlung an die Zessionarin.
Der an Adipositas permagna (Fettsucht) mit Zwechfellhochstand leidende Kläger (1,65 m groß, 118 kg schwer) erlitt am 6.2.1996 einen Unfall. Der Kläger hatte sich fernsehend im Bett befunden und war beim Versuch, das Fernsehgerät auszuschalten, nach links aus dem Bett gefallen. Er zog sich dabei eine Rippenserienfraktur der Rippen 8, 9 und 10 dorsal mit Hämathorax links und eine Brustwandinstabilität mit Brustwandhernie zu, was nicht sofort erkannt wurde. Der Kläger befand sich in der Zeit vom 09.02.1996 bis 22.2.1996, 5.3.1996 bis 23.3.1996, 28.3.1996 bis 9.4.1996 und 18.4.1996 bis 29.4.1996 im Lukas-Krankenhaus in A… in stationärer Behandlung. Für diese Zeit zahlte die Beklagte an den Kläger pro Tag 182 DM Krankenhaustagegeld, insgesamt 10.556 und 10.556 DM Genesungsgeld, mithin zusammen 21.112 DM.
Die Beklagte vertrat die Auffassung, dass die Vorerkrankungen Auswirkungen auf das Krankheitsbild und den Heilungsverlauf der Thoraxwandhernie hatten. Gestützt auf ein Gutachten der Thorax-Klinik H. (Prof. Dr. Sch.) vom 18.11.1996 (GA 8-19) kürzte sie die geltend gemachte Invaliditätsentschädigung um 50 % und forderte im Wege der Verrechnung ebenfalls 50 % des ihrer Auffassung nach überzahlten Krankehhaustage- und Genesungsgeldes in Höhe von 10.555,– DM zurück. Die Parteien streiten in diesem Rechtsstreit ausschließlich darüber, ob die Kürzung des Krankenhaustage- und Genesungsgeldes um 50 % berechtigt ist. Die Frage, in welcher Höhe dem Kläger ein Anspruch auf Invaliditätsentschädigung zusteht, ist nicht Gegenstand dieses Rechtsstreits.
Das Landgericht hat die Beklagte unter Kürzung des Zinsanspruchs antragsgemäß verurteilt. Hiergegen wendet sich die Beklagte mit ihrer form- und fristgerecht eingelegten Berufung. Mit der Anschlussberufung erstrebt der Kläger eine höhere Verzinsung des ausgeurteilten Betrages.
II.
Die Berufung der Beklagten hat keinen Erfolg.
1) Das Landgericht hat zu Recht der Klage entsprochen. Der Senat nimmt zur Vermeidung von Wiederholungen auf Tatbestand und die zutreffenden Ausführungen in den Entscheidungsgründen des angefochtenen Urteils Bezug (§ 543 Abs. 1 ZPO). Das Berufungsvorbringen gibt zu einer abweichenden Beurteilung keine Veranlassung.
a) Dem Kläger steht gemäß § 7 IV (1) und (V) (1) AUB 88 Krankenhaustage- und Genesungsgeld in der geltend gemachten Höhe zu. Haben Krankheiten oder Gebrechen bei der durch ein Unfallereignis hervorgerufenen Gesundheitsschädigung oder deren Folgen mitgewirkt, so ist die Leistung entsprechend dem Anteil der Krankheit oder des Gebrechens zu kürzen, wenn dieser Anteil mindestens 25 Prozent beträgt (§ 8 AUB 88). Entgegen der Auffassung der Berufung liegen diese Voraussetzungen, für welche die Beklagte in vollem Umfange beweispflichtig ist, zur Überzeugung des Senats nicht vor.
b) Zutreffend geht das Landgericht aufgrund des Gutachtens des gerichtlichen Sachverständigen Prof. Dr. C. vom 30.6.1998 (GA 71) sowie den ergänzenden Stellungnahmen vom 5.11.1998 (GA 90) und 19.4.1999 (GA 131) und der Anhörung im Termin davon aus, dass bei dem Kläger weder eine Lungenhernie noch eine Bauchwandhernie (Rectusdiastasen), sondern eine Thoraxwandhernie (Brustwandhernie) vorgelegen hat. Dies wird auch durch das Operationsgutachten von Prof. Dr. H., Klinik der … Universität F. vom 7.10.1998 (GA 92) bestätigt. Entsprechend den Ausführungen von Prof. Dr. C. versteht man unter einer Lungenhernie eine Verwölbung der Lunge in einen intrathorakalen Raum, in der Regel durch das sog. Mediastinum. Bei der Thoraxwandhernie (Brustwandhernie) werde hingegen die Muskulatur des Brustkorbes gedehnt bzw. überdehnt. Vo...