Verfahrensgang
LG Koblenz (Urteil vom 09.08.2006; Aktenzeichen 3 HKO 24/06) |
Tenor
Auf die Berufung des Klägers wird das am 9.8.2006 verkündete Urteil der 3. Kammer für Handelssachen des LG Koblenz teilweise abgeändert und das Urteil insgesamt neu gefasst wie folgt:
Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 9.269,03 EUR nebst Zinsen hieraus i.H.v. 5 % vom 1.8.2003 bis zum 21.8.2003 sowie 8 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 22.8.2003 zu zahlen.
Die Klage wird im Übrigen abgewiesen.
Die weitergehende Berufung wird zurückgewiesen.
Die Kosten des ersten Rechtszuges werden dem Kläger zu 2/3 und der Beklagten zu 1/3 auferlegt. Von den Kosten des Berufungsverfahrens tragen der Kläger 7/15 und die Beklagte 8/15.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Gründe
I. Der Kläger, der als Handelsvertreter für die Beklagte tätig war, verlangt von dieser eine Ausgleichszahlung nach § 89b HGB.
Die Beklagte kündigte das Handelsvertreterverhältnis mit dem Kläger durch Schreiben vom 28.5.2003 zum 31.7.2003. Die Parteien streiten darüber, ob die Kündigung aus wichtigem Grund erfolgte, sowie über die Höhe des möglichen Ausgleichsanspruchs.
Der Kläger hat den von ihm geltend gemachten Ausgleichsanspruch mit 37.270,49 EUR beziffert.
Er hat beantragt, die Beklagte zu verurteilen, an ihn einen angemessenen Ausgleich nach § 89b HGB, dessen Höhe in das Ermessen des Gerichts gestellt wird, mindestens jedoch 25.000 EUR zzgl. Zinsen i.H.v. 8 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 1.8.2003, zu zahlen.
Die Beklagte hat Klageabweisung beantragt und vorgetragen, sie sei zu einer außerordentlichen Kündigung berechtigt gewesen, da der Kläger seine vertraglichen Pflichten als Handelsvertreter nicht erfüllt habe. Hilfsweise hat sie mit einem Zahlungsanspruch aufgerechnet, den sie aus einer vertraglichen Einstandsverpflichtung des Klägers herleitet.
Das LG hat der Klage - unter Abweisung im Übrigen - i.H.v. 4.574,80 EUR nebst Zinsen stattgegeben. Auf die tatsächlichen Feststellungen in der angefochtenen Entscheidung wird Bezug genommen.
Der Kläger trägt zur Begründung seiner Berufung vor, das LG habe es verfahrenswidrig unterlassen, über seinen Vortrag zur Höhe der Klageforderung Beweis zu erheben. Gegen den Ausgleichsanspruch, den er nunmehr mit 21.337,83 EUR beziffert, stehe der Beklagten eine aufrechenbare Gegenforderung nicht zu, da der von ihm zu zahlende Einstand sich im Hinblick auf die vorzeitige Beendigung des Vertragsverhältnisses verringert habe.
Der Kläger beantragt, die Beklagte unter Abänderung des angefochtenen Urteils zu verurteilen, an den Kläger 21.337,59 EUR zzgl. Zinsen hieraus i.H.v. 8 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seitdem 22.8.2003 zu zahlen.
Die Beklagte hat Anschlussberufung eingelegt und angekündigt zu beantragen,
a) die Berufung des Klägers zurückzuweisen;
b) das angefochtene Urteil abzuändern und die Klage abzuweisen.
Sie trägt vor, ein Ausgleichsanspruch bestehe nicht, weil die Kündigung aus wichtigem Grund erfolgt sei. Zudem seien ihr durch die Tätigkeit des Klägers keine zusätzlichen Stammkunden zugeführt worden.
In der mündlichen Verhandlung hat die Beklagte die Anschlussberufung zurückgenommen.
Wegen aller weiteren Einzelheiten des Vorbringens der Parteien wird auf die von ihnen bis zum Schluss der mündlichen Verhandlung eingereichten Schriftsätze und Urkunden (bis Bl. 113 GA) Bezug genommen.
II. Die Berufung ist zulässig. Sie hat in der Sache jedoch nur zum Teil Erfolg.
Der Kläger hat gegen die Beklagte über den bereits zugesprochenen Betrag von 4.574,80 EUR hinaus einen Anspruch auf Zahlung weiterer 4.694,23 EUR als Ausgleich gem. § 89b HGB.
Die Beklagte schuldet dem Kläger nach Beendigung des Handelsvertreterverhältnisses einen angemessenen Ausgleich (§ 89b Abs. 1 HGB). Dieser Anspruch ist nicht gem. § 89b Abs. 3 Nr. 2 HGB ausgeschlossen. Denn die Kündigung des Vertrages erfolgte nicht aus wichtigem Grund wegen schuldhaften Verhaltens des Klägers. Unabhängig davon, ob ein solcher Grund vorlag, wie die Beklagte behauptet, kann diese sich bereits deshalb nicht darauf berufen, weil die von ihr unter dem 28.5.2003 ausgesprochene Kündigung jedenfalls nicht aus diesem Grund erfolgte.
Der Senat schließt sich der Rechtsauffassung an, dass der Ausgleichsanspruch eines Handelsvertreters nur dann nach § 89b Abs. 3 Nr. 2 HGB ausgeschlossen ist, wenn die Kündigung durch den Unternehmer auf einen wichtigen Grund gestützt wird. Die in der Rechtsprechung bislang vertretene Rechtsansicht (z.B. BGH NJW 1967, 2154; so wohl auch noch BGH v. 16.2.2000 - VIII ZR 134/99, MDR 2000, 651 = NJW 2000, 1866, 1868), wonach die Kündigung nicht wegen dieses Grundes zu erfolgen brauche, ist mit Art. 18 lit. a EG-Richtlinie 86/653/EWG (Handelvertreterrichtlinie) nicht vereinbar. Diese Bestimmung lautet:
"Der Anspruch auf Ausgleich oder Schadensersatz nach Art. 17 besteht nicht,
a) wenn der Unternehmer den Vertrag wegen eines schuldhaften Verhaltens des Handelsvertreters beendet hat, das aufgrund der einzelstaatlichen Rechtsvorschriften eine ...