Leitsatz (amtlich)

Ein Handelsvertreter ist Repräsentant, wenn aufgrund einer zwischen ihm und der Versicherungsnehmerin (Unternehmen) getroffenen Vereinbarung, er das von der Versicherungsnehmerin geleaste und vorfinanzierte Kfz zu eigenen Zwecken nutzen durfte, der PKW nicht im Geschäftsbetrieb der VN eingegliedert war, insbesondere eine Vereinbarung bestand, dass der Handelsvertreter nach Ablauf der Leasingzeit das Fahrzeug auszulösen bzw. bei vorzeitigem Ausscheiden aus dem Unternehmen zu übernehmen hatte.

 

Normenkette

AKB § 7 Abs. 1 Nr. 2 S. 3, Abs. 5 Nr. 4; VVG § 6 Abs. 3 S. 1

 

Verfahrensgang

LG Koblenz (Aktenzeichen 5 O 245/99)

 

Tenor

1. Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil der 5. Zivilkammer des Landgerichts Koblenz vom 28. Februar 2000 wird zurückgewiesen.

2. Die Kosten des Berufungsverfahrens hat die Klägerin zu tragen.

3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

 

Gründe

Die Berufung ist nicht begründet.

I.

Die Klägerin nimmt die Beklagte als Versicherungsnehmerin auf Leistungen aus einer Vollkaskoversicherung in Anspruch.

Der für die Klägerin tätige Handelsvertreter W. A. verursachte mit einem von der Klägerin bei der Firma Leasinggesellschaft F. Bank AG geleasten PKW Ford am 15. Februar 1998 gegen 22.52 Uhr in M. einen Verkehrsunfall. Infolge überhöhter Geschwindigkeit geriet er in einer Linkskurve nach rechts von der Fahrbahn ab und kollidierte dabei mit einer Straßenlaterne. Herumfliegende Fahrzeugteile beschädigten einen in der Nähe geparkten PKW. Nachdem der beschädigte PKW zum Stehen gekommen war, verließ der Fahrer fluchtartig die Unfallstelle und meldete sich erst am nächsten Tag gegen Mittag bei der Polizei.

Die Beklagte lehnte mit Schreiben vom 1. Oktober 1998 im Hinblick auf die Repräsentantenstellung des Handelsvertreters Ansprüche aus der Fahrzeugvollversicherung wegen grob fahrlässiger Herbeiführung des Unfalls und Verletzung der Aufklärungspflicht ab. Die Leasinggesellschaft kündigte mit Schreiben vom 2. Oktober 1998 gegenüber der Klägerin den am 17. April 1997 abgeschlossenen Leasingvertrag und verlangte Zahlung von 44.133,86 DM. Die Klägerin hat die Beklagte auf Zahlung dieses Betrages in Anspruch genommen. Sie ist der Auffasung, dass der Fahrer des verunfallten Pkws weder ihr Repräsentant sei noch grob fahrlässig den Verkehrsunfall verursacht habe. Auch liege keine Aufklärungspflichtverletzung wegen Entfernens vom Unfallort vor.

Das Landgericht hat die Klage abgewiesen. Hiergegen wendet sich die Klägerin mit ihrer Berufung. Sie begehrt unter Aufrechterhaltung ihres Rechtsstandpunktes Zahlung eines Betrages von 32.219.56 DM nebst Zinsen an die Leasinggesellschaft.

II.

Die Berufung ist nicht begründet.

Das Landgericht hat zu Recht die Klage abgewiesen. Der Senat nimmt zur Vermeidung von Wiederholungen auf die zutreffenden Ausführungen im angefochtenen Urteil Bezug, § 543 Abs. 1 ZPO. Das Berufungsvorbringen gibt zu einer abweichenden Beurteilung keine Veranlassung.

1) Die Beklagte ist wegen Obliegenheitsverletzung des Repräsentanten der Klägerin leistungsfrei geworden ist (§ 7 I Nr. 2 S. 3 und V Nr. 4 AKB i.V.m. § 6 III S. 1 VVG). Leistungsfreiheit des Versicherers besteht, wenn der Versicherungsnehmer bzw. dessen Repräsentant seine Obliegenheit verletzt hat, nach Eintritt des Versicherungsfalls alles zu tun, was zur Aufklärung des Tatbestands und zur Minderung des Schadens dienlich sein kann, es sei denn, dass die Obliegenheitsverletzung weder auf Vorsatz noch auf grober Fahrlässigkeit beruht (vgl. u. a. Senatsurteile vom 12.3.1999 – 10 U 419/98NVersZ 1999, 273, 274; vom 15. Oktober 1999 – 10 U 102/99 – und vom 26. Mai 200 – 10 U 1627/97). Zutreffend ist das Landgericht davon ausgegangen, dass der Handelsvertreter der Klägerin. W. A., Repräsentant der Klägerin war und nach Eintritt des Versicherungsfalles durch unerlaubtes Entfernen vom Unfallort die Aufklärung des Tatbestandes erschwert hat.

a) Die Berufung wendet sich ohne Erfolg gegen die Annahme der Repräsentantenstellung des Handelsvertreters der Klägerin. Repräsentant ist, wer in dem Geschäftsbereich, zu dem das versicherte Risiko gehört, aufgrund eines Vertretungs- oder sonstigen Verhältnisses an die Stelle des Versicherungsnehmers getreten ist. Die bloße Überlassung der Obhut über die versicherte Sache allein reicht hierfür grundsätzlich nicht aus. Repräsentant kann nur sein, wer befugt ist, selbständig in einem gewissen, nicht ganz unbedeutenden Umfang für den Versicherungsnehmer zu handeln (Risikoverwaltung). Es braucht nicht noch hinzutreten, dass der Dritte auch Rechte und Pflichten aus dem Versicherungsvertrag wahrzunehmen hat. Übt der Dritte aber aufgrund eines Vertrags- oder ähnlichen Verhältnisses die Verwaltung des Versicherungsvertrages eigenverantwortlich aus, kann dies unabhängig von einer Übergabe der versicherten Sache für seine Repräsentantenstellung sprechen (BGHZ 122, 250 [252 ff.] = VersR 1993, 828 [829]; BGH Urteil vom 10. Juli 1996 – IV ZR 287/95 – VersR 1996, 1229, 1230 = NJW 1996, 2935, 2936; Senatsurteil vom 2...

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