Leitsatz (amtlich)
1. Bei einer von der Bundeswehr als Monopolnachfrager beauftragten militärfachlichen IT-Studie kann ein vorrangiger Marktpreis (§ 4 VO PR 30/53) nicht festgestellt werden, wenn (auch) auf der Anbieterseite eine tatsächliche Wettbewerbssituation nicht vorliegt (sog. "bilaterales Monopol").
2. Die Exklusivität der - einer Forschungsleistung angenäherten - (Werk-)Leistung führt zum Ausschluss der Vereinbarung eines Selbstkostenfest-, respektive Selbstkostenrichtpreises (§ 6 VO PR 30/53).
3. Die vereinbarte Vergütung steht im Anwendungsbereich des öffentlichen Preisrechts unter Nichtigkeitsvorbehalt (§ 134 BGB i.V.m. § 1 Abs. 3 VO PR 30/53) und unterliegt insofern der Nachprüfung durch die Zivilgerichte. Gegenstand der entsprechenden Preisprüfung ist dabei ausschließlich der vereinbarte Gesamtpreis - hier: Stundensatz -; demgegenüber unterliegt der im Rahmen der Abrechnung angesetzte Faktor (Anzahl der abgerechneten Stunden) und eine hierbei gegebenenfalls dem Unternehmer zur Last fallende (Neben-)Pflichtverletzung einer rein werkvertraglichen (Über-)Prüfung.
4. Zur Frage, ob der Kondiktionsanspruch des öffentlichen Auftraggebers wegen Höchstpreisüberschreitung verjährt ist, kommt es allein darauf an, ob ihm die zur entsprechenden Prüfung notwendigen Informationen vorliegen oder aufgrund grober Fahrlässigkeit nicht bekannt sind.
Normenkette
BGB §§ 134, 199 Abs. 1, § 812 Abs. 1 S. 1
Verfahrensgang
LG Koblenz (Aktenzeichen 4 O 124/12) |
Tenor
1. Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Landgerichts Koblenz vom 25.03.2015, Az. 4 O 124/12, teilweise abgeändert und wie folgt neu gefasst:
Die Beklagten werden als Gesamtschuldner verurteilt, an die Klägerin 11.963,16 EUR nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 06.01.2012 zu zahlen.
Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
2. Die weitergehende Berufung und die Anschlussberufung der Klägerin werden zurückgewiesen.
3. Die Kosten des Rechtsstreits im ersten Rechtszug trägt die Klägerin; die Kosten des Rechtsstreits im zweiten Rechtszug tragen die Klägerin zu 83 % und die Beklagten als Gesamtschuldner zu 17 %.
4. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Die Beklagten dürfen die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe von 115 % des auf Grund des Urteils zu vollstreckenden Betrages abwenden, wenn nicht die Klägerin vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.
Die Klägerin darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe von 115 % des auf Grund des Urteils zu vollstreckenden Betrages abwenden, wenn nicht die Beklagten vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leisten.
Gründe
A. Die Klägerin als öffentliche Auftraggeberin verfolgt nach Preisprüfung (§ 9 Verordnung PR Nr. 30/53 über die Preise bei öffentlichen Aufträgen [VO PR 30/53]) die Rückerstattung einer Überzahlung auf einen - freihändig - an die Beklagte zu 1 vergebenen Werkauftrag (militärfachliche IT-Studie).
Die im März 2005 gegründete Beklagte zu 1 ist eine Personengesellschaft aus freiberuflich tätigen IT- Beratern und freien Wissenschaftlern, deren Gründer und Partner der Beklagte zu 2 ist. Sie erstellte für die Bundesrepublik/Bundesverteidigungsministerium verschiedene IT-Studien. Ziel war die Modernisierung der IT-Struktur durch die Verwendung verfügbarer offener, ziviler Standards anstelle von ausschließlich für die Bundeswehr entwickelten Produkten.
Mit Vertrag vom 20./22.02.2008 i.d.F. des Änderungsvertrages vom 16.09.2008 (Anlage K 1 und K 2) wurde die Beklagte zu 1 von der Klägerin mit der Erstellung einer Studie über "verteilte Metadata Registries & Repositories" beauftragt. In § 5 (Vergütung) wurde ein höchstbegrenzter Selbstkostenerstattungspreis in Höhe von 392.370,00 Euro vereinbart (§ 7 Abs. 1 VO PR 30/53), wobei in diesem Rahmen der angebotene Stundenverrechnungssatz von 90,00 EUR auch als Höchstsatz vereinbart wurde. Falls für den betriebsüblichen Stundenverrechnungssatz von der für die Preisbildung und Preisüberwachung zuständigen Behörde ein Marktpreis gemäß § 4 VO PR 30/53 festgestellt werden sollte, sollte dieser an die Stelle des Höchstsatzes treten.
Gemäß § 19 des Vertrages sind die "Zusätzlichen Vertragsbedingungen des Bundesministeriums der Verteidigung zur Verdingungsordnung für Leistungen Teil B (ZVB/BMVg)" Vertragsbestandteil. Nach deren Ziffer 17.1.8 sind Rückforderungen ab dem Tag, mit dem die Überzahlung eingetreten ist, mit mindestens 4 % p.a. zu verzinsen.
Im Jahr 2008 stellte die Beklagte zu 1 (Teil-)Rechnungen in Höhe von insgesamt 392.639,04 EUR, die von der Klägerin jeweils auch ausgeglichen wurden. Der Abrechnungsmodus erfolgte auf der Basis von Arbeitszeitnachweisen und Sachstandsberichten. Nach erfolgter Prüfung durch die Fachabteilung gab die Abteilung B2 die geltend gemachten Aufwände zur Zahlung frei.
In der folgenden Preisprüfung stellte die dafür zuständige Regierung von Oberbayern mit Bericht vom 08.03.2011 fest, dass der preisrechtlich zulässige Selbstkostene...