Entscheidungsstichwort (Thema)
Ersatz von Frostschäden
Verfahrensgang
LG Trier (Urteil vom 08.04.1983; Aktenzeichen 11 O 23/83) |
Tenor
Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil der 11. Zivilkammer des Landgerichts Trier vom 8.4.1983 teilweise abgeändert.
Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 2.850,– DM mit 4 % Zinsen seit dem 10.5.1982 zu zahlen.
Die weitergehende Klage wird abgewiesen.
Die weitergehende Berufung wird zurückgewiesen.
Von den Kosten beider Rechtszüge haben die Beklagte 2/3 und der Kläger 1/3 zu tragen.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Die Beklagte darf die Vollstreckung durch eine Sicherheitsleistung in Höhe von 4.500,– DM abwenden, wenn nicht der Kläger vor der Vollstreckung eine Sicherheit in gleicher Höhe leistet.
Der Kläger darf die Vollstreckung durch eine Sicherheitsleistung in Höhe von 500,– DM abwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung eine Sicherheit in gleicher Höhe leistet.
Die Sicherheiten können auch durch die selbstschuldnerische Bürgschaft einer öffentlichen Sparkasse oder einer Bank mit Sitz in der Bundesrepublik Deutschland geleistet werden.
Die Revision der Beklagten wird zugelassen.
Tatbestand
Bei den Arbeiten zum Ausbau der Saar schüttete die Beklagte 3 bis 6 m hohe Bodenmieten auf, sodaß Kaltluft nicht mehr ungehindert aus den angrenzenden Weinbergen in das Tal abfließen konnte. Im Frühjahr 1981 verursachte ein Kaltluftstau Frostschäden im Weinberg des Klägers. Der Kläger verlangt den Ersatz eines Schadensbetrags von 4.196,– DM, den die Oberfinanzdirektion Koblenz in einem Gutachten vom Dezember 1981 errechnet hat (GA Bl. 27 bis 29).
Die zuständige Wasser- und Schiffahrtsdirektion der Beklagten hat durch Bescheid vom 10.5.1982 die Entschädigung abgelehnt mit der Begründung, es liege kein Eingriff in das Eigentum des Klägers vor. Gegenüber der Klage hat die Beklagte weiterhin eingewandt, nach dem Gutachten des Wetteramts Trier vom 4.1.1982 (Anlage zu GA Bl. 15) sei nur ein Teil der Frostschäden auf die Bodenerhöhungen zurückzuführen. Diese seien rechtlich in keiner Hinsicht zu beanstanden.
Das Landgericht hat der Klage stattgegeben und die Beklagte zur Zahlung des auf 4.196,– DM geschätzten Betrags nebst 4 % Zinsen seit dem 10.5.1982 verurteilt. Wegen der Einzelheiten wird auf das Urteil verwiesen, gegen das sich die Berufung der Beklagten richtet. Die Beklagte wiederholt und ergänzt ihr erstinstanzliches Vorbringen und führt aus:
Die von ihr vorgenommene Bodenerhöhung und der dadurch verursachte Kaltluftstau überschritten nicht die Grenzen dessen, was der Kläger als Grundstücksnachbar ersatzlos hinnehmen müsse. § 43 des Nachbarrechtsgesetzes für Rheinland-Pfalz (BS 403-1) untersage nur mechanische Gewichtseinflüsse.
Die Beklagte beantragt,
das angefochtene Urteil abzuändern und die Klage abzuweisen.
Der Kläger beantragt,
die Berufung zurückzuweisen,
und führt aus, das angefochtene Urteil sei zutreffend. Zur Schadenshöhe benennt er die Gutachter der Oberfinanzdirektion als Zeugen.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Vorbringens der Parteien wird auf ihre bis zum 16.9.1983 eingereichten Schriftsätze verwiesen.
Entscheidungsgründe
Die Berufung ist zulässig, hat aber nur hinsichtlich der Höhe des Ersatzbetrags einen Teilerfolg.
Unstreitig hat die Beklagte Bodenerhöhungen vorgenommen, die zumindest den unteren Teil des Weinbergs des Klägers überragten und ohne die geringere Frostschäden an den Weinstöcken entstanden wären. Obwohl die Beklagte Lücken zwischen den dammartigen Mieten gelassen hatte, staute sich die von den Höhen zu Tal fließende Kaltluft derart bis zur Oberkante der Mieten, daß eine Teilfläche von etwa 24 % des Weinbergs des Klägers einer höheren Frostgefährdung ausgesetzt war und Nachtfröste im April 1981 entsprechende Schäden an den Weinstöcken verursachten.
Die Schäden sind dem Kläger gemäß §§ 22 Abs. 2 S. 2, 36 ff. Bundeswasserstraßengesetz zu ersetzen. Es handelt sich um nachteilige Wirkungen einer Baumaßnahme, die auf einem unanfechtbaren Planfeststellungsbeschluß beruht. Wie die Beklagte nicht in Zweifel zieht, konnte der Kläger diese Wirkungen nicht früher voraussehen, weshalb rechtzeitige Auflagen unterblieben.
§ 36 Bundeswasserstraßengesetz regelt eine Enteignungsentschädigung, nämlich die Entschädigung für die Folgen einer rechtmäßigen Verwaltungsmaßnahme, und setzt voraus, daß ein von der Rechtsordnung geschütztes Gut beeinträchtigt wird. Entgegen der Ansicht der Beklagten liegt eine solche Beeinträchtigung vor.
Das Grundeigentum wird zwar nicht vor allen irgendwie nachteiligen Einflüssen geschützt. Insbesondere gewährt § 906 BGB nur die Freiheit des Eigentums von der Zuführung unwägbarer Stoffe (Rauch, Gerüche, Geräusche usw.), begründet aber nicht das Recht, daß etwas (hier Kaltluft) von dem Grundstück ungehindert abgeführt werden kann. Nach dem BGB muß grundsätzlich der Eigentümer die nachteiligen Folgen von Bodenerhöhungen auf dem Nachbargrundstück, z. B. den Entzug von Licht und Luftströmungen, hinnehmen (Dehner, Nachbarrecht, 6. Aufl., S. ...