Entscheidungsstichwort (Thema)
Wirkung der Streitverkündung im erfolglosen Erstprozess gegen einzelne Wohnungseigentümer für den Folgeprozess gegen die Eigentümergemeinschaft
Leitsatz (amtlich)
1. Sind entweder die Wohnungseigentümergemeinschaft oder einzelne Wohnungseigentümer passiv legitimiert, hat die im erfolglosen Erstprozess gegen die Wohnungseigentümer erfolgte Streitverkündung gegenüber der Wohnungseigentümergemeinschaft Bindungswirkung für die im Zweitprozess wiederum streitige Frage der Passivlegitimation.
2. Der Anspruch der Wohnungseigentümergemeinschaft auf rechtliches Gehör ist gewahrt, wenn ihr die Streitverkündung im Erstprozess vor der mündlichen Schlussverhandlung in einer Weise zugestellt wurde, dass sie ihre Einwände dort noch hätte vortragen können.
Normenkette
GG Art. 103; ZPO §§ 68, 72, 74, 322; WEG § 10 Abs. 6
Verfahrensgang
LG Koblenz (Urteil vom 11.11.2013; Aktenzeichen 15 O 304/13) |
Tenor
1. Auf die Berufung des Klägers wird das Urteil der 15. Zivilkammer des LG Koblenz vom 11.11.2013 in Zurückweisung des weiter gehenden Rechtsmittels dahin geändert, dass die Beklagte unter Abweisung der Klage im Übrigen verurteilt wird, an den Kläger
a) 5.392,32 EUR nebst Zinsen i.H.v. 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz aus jeweils 449,36 EUR seit dem 6.1., 4.2., 4.3., 6.4., 6.5., 5.6., 6.7., 6.8., 4.9., 6.10., 5.11. und 4.12 2009 sowie
b) 476,47 EUR nebst Zinsen i.H.v. 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 12.3.2013 zu zahlen.
2. Die Kosten des Rechtsstreits fallen der Beklagten zur Last.
3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
4. Die Revision wird nicht zugelassen.
Gründe
I. Die Verbandsgemeinde B. hatte gemeinsam mit Werner P. ein Gebäude errichtet und daran Sondereigentum begründet. Dabei fiel ihr ein Parkhaus zu, das den wesentlichen Teil der Gebäudefläche einnimmt, während Werner P. zahlreiche sonstige Gewerbelokale und Wohnungen erhielt; insofern hatte er Bedarf an Parkplätzen.
Im Hinblick darauf einigten sich beide Bauherren am 1.12.1990 dahin, dass die Verbandsgemeinde gegen eine Zahlung von 150.000 DM 35 Kfz-Stellflächen im Parkhaus bereitstellte. Für den Fall der Überlassung des Parkhauses an einen Dritten sagte sie zu, ihre Verpflichtung weiterzureichen. Als sie das Parkhaus dann an Annegret D. verpachtet hatte, vereinbarte diese am 19.6.1991 entsprechend mit Werner P., dass er die 35 gekennzeichneten Einstellplätze nutzen durfte. Im Gegenzug waren die "auf diese Parkfläche anteilig entfallenden Betriebskosten in Form von monatlichen Vorauszahlungen von 30 DM pro Einstellplatz = 1.050 DM inklusive Mehrwerksteuer bei jährlicher detaillierter Abrechnung" zu leisten. Die Vereinbarung wurde dann mit Kartharina B., die das Parkhaus vom 1.7.1998 an pachtete, fortgeführt.
Unterdessen veräußerte Werner P. seine Eigentumseinheiten sukzessive. Einer der Erwerber schrieb unter dem 12.4.2000 an Katharina B., sie möge bestätigen, dass die geltende monatliche Betriebskostenvorauszahlung von 1.050 DM - in Verzicht auf eine Abrechnung - als Pauschale gezahlt werde. Demgemäß wurde dann verfahren.
Mit Wirkung zum 1.1.2004 wurde der Kläger Pächter des Parkhauses. Ihm flossen bis Anfang des Jahres 2005 von Seiten der Eigentümer der übrigen Eigentumseinheiten monatlich 536,86 EUR (= 1.050 DM) zu. Danach wurden die Zahlungen auf 87,50 EUR im Monat reduziert. Der Kläger monierte diese Herabsetzung und machte den aus seiner Sicht für das Jahr 2006 rückständigen Betrag in einer gegen zahlreiche Miteigentümer gerichteten Klage geltend. Damit scheiterte er in zwei Instanzen. In dem abschließenden Urteil, das durch den Senat erging, hieß es, die verklagten Eigentümer seien als Einzelpersonen nicht passivlegitimiert. Stattdessen müsse sich der Kläger an die Eigentümergemeinschaft als rechtsfähigen Verband halten. Diese Eigentümergemeinschaft ist die hiesige Beklagte. Der Kläger hatte ihr seinerzeit den Streit verkündet.
Darauf gestützt hat der Kläger nunmehr die Beklagte, bezogen auf das Jahr 2009, auf ein Entgelt von 5.392,32 EUR (= 12 × 536,86 EUR abzgl. gezahlter 12 × 87,50 EUR) sowie auf Kostenersatz im Zusammenhang mit der Vorbereitung und Führung des hiesigen Prozesses in Anspruch genommen. Die Beklagte hat geleugnet, eine rechtswirksame Verpflichtung eingegangen zu sein; außerdem hat sie die Verjährungseinrede erhoben.
Das LG hat die Klage abgewiesen. Seiner Auffassung nach hat es keine die Beklagte bindende, stellvertretend von deren Verwalter oder aber von der Gesamtheit der Miteigentümer ausgehende Zahlungszusage gegeben. Auch Ansprüche aus ungerechtfertigter Bereicherung schieden aus, weil die Beklagte als solche die streitigen Parkplätze nicht genutzt habe. Aus der Entscheidung des Vorprozesses könne der Kläger nichts Rechtserhebliches für sich herleiten. Die Wirkung der Streitverkündung an die Beklagte beschränke sich darauf, dass diese die fehlende Passivlegitimation der damaligen Prozessgegner des Klägers gegen sich gelten lassen müsse; hinsichtlich ihrer eigenen Haftung besteht kein Präjudiz.
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