Entscheidungsstichwort (Thema)
übergegangener Schadensersatzanspruch
Verfahrensgang
LG Trier (Urteil vom 20.06.1979; Aktenzeichen 2.O.212/78) |
Tenor
Auf die Berufung des Beklagten wird das Urteil der 2. Zivilkammer des Landgerichts Trier vom 20. Juni 1979 abgeändert.
Die Klage wird abgewiesen.
Die Klägerin hat die Kosten beider Rechtszüge zu tragen.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Gründe
Das Landgericht hat den Beklagten zur Zahlung von 4.983,42 DM nebst Zinsen verurteilt und zur Begründung ausgeführt, es sei erwiesen, daß in dieser Höhe Schadensersatzansprüche aus einem ärztlichen Kunstfehler gemäß § 4 Lohnfortzahlungsgesetz (LFZG) auf die Klägerin übergegangen seien; es sei anzunehmen, daß der Haftpflichtversicherer des Beklagten davon Kenntnis gehabt habe, als er im Mai 1976 eine Abfindungsvereinbarung mit dem bei der Klägerin beschäftigten Geschädigten M. getroffen habe (GA Bl. 35).
Die dagegen gerichtete Berufung ist zulässig und begründet. Soweit überhaupt Ansprüche nach §§ 1, 4 LFZG auf die Klägerin übergegangen sind, kann eine diesbezügliche Kenntnis des Beklagten oder des ihn vertretenden Haftpflichtversicherers (§ 166 BGB) nicht festgestellt werden. Die Abfindungsvereinbarung über 30.000,– DM befreit den Beklagten gemäß §§ 412, 407 BGB von allen weiteren Schadensersatzverpflichtungen.
Zu Unrecht macht die Klägerin Lohnfortzahlungen und anteilige Nebenleistungen für die Zeit nach dem 8. Dezember 1974 geltend (GA Bl. 13–15). M. unterzog sich am 6. November 1974 einer Krampfaderoperation, nachdem er schon vorher krank und arbeitsunfähig gewesen war. Infolge der vom Beklagten verschuldeten Nervenlähmung blieb er ab 5. Dezember 1974 weiter arbeitsunfähig. Die 6-Wochen-Frist des § 1 Abs. 1 Satz 1 LFZG endete am 8. Dezember 1974. M. war wegen derselben Nervenlähmung noch bis zum 20. Februar 1975, vom 12. März bis 27. August 1975 und vom 21. November 1975 bis zum 1. Januar 1976 arbeitsunfähig. Für diese Zeitabschnitte nach dem 8. Dezember 1974 konnte kein Lohnfortzahlungsanspruch gemäß § 1 Abs. 1 Satz 2 LFZG entstehen, weil alle Erkrankungen innerhalb eines Jahres auftraten und zwischen den Krankheitszeiten keine Arbeitsfähigkeit von 6 Monaten lag.
Nach § 4 i.V.m. § 1 LFZG konnten nur Schadensersatzansprüche hinsichtlich des Lohnausfalls vom 5. bis 8. Dezember 1974 (einschließlich anteiligem Urlaubsgeld usw.) auf die Klägerin übergehen, also nur ein sehr geringer Teil der eingeklagten Summe. Wie hoch dieser Betrag ist und ob der diesbezüglich Anspruch verjährt ist, kann offen bleiben. Denn auf jeden Fall ist ein Anspruch der Klägerin dadurch erloschen, daß der Geschädigte M., der damals durch den erstinstanzlichen Prozeßbevollmächtigten der Klägerin vertreten wurde, am 6. Mai 1976 eine Abfindungserklärung abgab und darin sogar erklärte, Ansprüche nach dem LFZG stünden ihm nicht zu.
Nur wenn der Haftpflichtversicherer des Beklagten positiv gewußt hätte, daß M. hinsichtlich eines Lohnausfalles nicht mehr Gläubiger der abgefundenen Schadensersatzforderung war, wäre der Forderungsverzicht insoweit unwirksam. Da es sich um einen gesetzlichen Forderungsübergang handelt, kommt es auf die Kenntnis der wesentlichen Umstände an, die den Übergang nach §§ 1, 4 LFZG begründen. Zu diesen Umständen gehört, daß der Verletzte Arbeiter ist, daß die Fristen des § 1 Abs. 1 gewahrt sind, daß er die Lohnfortzahlung in Anspruch genommen und der Arbeitgeber die in § 4 LFZG bezeichneten Beträge gezahlt hat.
Das Landgericht hat es auf das erste Kriterium abgestellt und gemeint, eine Anmeldung von AOK-Ansprüchen habe es „nahegelegt”, daß M. ein Arbeiter sei. Das genügt nicht.
Der Beklagte macht zu Recht geltend, bei der AOK seien auch Angestellte, Studenten und freiwillige verschiedenster Berufsgruppen versichert, so daß die Anmeldung von Rückgriffsansprüchen durch die AOK nicht bedeutete, Molitor sei ein Arbeiter, für den das LFZG gelte. Auch die Berufsangabe „Lagerist” in einem Unfallbericht, den das Krankenhaus am 22. Mai 1975 für den Haftpflichtversicherer ausstellte (Anlage zu GA Bl. 46), ließ die Möglichkeit offen, daß es sich um einen Angestellten handelte. Außerdem ist fraglich, ob dieser Bericht dem Vertreter des Versicherers bei der Abfindungsvereinbarung vorlag, zumal ein späterer Krankenbericht vom 28. Juli 1975 ohne Berufsangabe existiert.
Selbst wenn aber bekannt gewesen wäre, daß M. ein Arbeiter war, so würde dadurch noch keine Kenntnis davon begründet, daß bis zum Mai 1976 Ersatzansprüche nach dem LFZG auf die Klägerin übergegangen waren. Anders als bei einem gesetzlichen Forderungsübergang nach § 1542 RVO ist der Forderungsübergang nach dem LFZG an zusätzliche Voraussetzungen geknüpft, die der Schädiger nicht kennt, wenn sie ihm nicht mitgeteilt werden, und deren Vorliegen nicht einfach unterstellt werden darf. Es sind dies die Fristen des § 1 LFZG, die von der Krankheitsgeschichte des Verletzten vor dem Unfallereignis und der Dauer zwischenzeitlicher Arbeitsfähigkeit abhängen, sowie der Umstand, daß der Verletze den A...