Entscheidungsstichwort (Thema)
Zu den Voraussetzungen, unter denen ein Grundstückseigentümer den Anschluss einer Entwässerungsleitung an eine in seinem Grundstück verlaufende Leitung durch einen Grundstücksnachbarn dulden muss
Tatbestand
Der Kläger ist Miteigentümer des Grundstücks S. in B. und die Beklagten sind Eigentümer des benachbarten Grundstücks S..
Die Grundstücke standen ursprünglich im Eigentum der Eheleute Lang. Diese errichteten darauf Wohnhäuser, verlegten Abwasserleitungen und verkauften die Grundstücke an die Parteien. Die vom Anwesen der Beklagten ausgehende Abwasserleitung liegt in dem ebenfalls den Beklagten gehörenden und vor den beiden Häusern vorbeiführenden Privatweg. An diese Leitung ist die Abwasserleitung des Grundstücks des Klägers angeschlossen. Der genaue Verlauf dieser Leitung ist nicht geklärt.
Der Kläger ist der Auffassung, die Beklagten hätten diese Ableitung zu dulden. Ein direkter Anschluss an das öffentliche Kanalnetz sei mit unverhältnismäßig hohen Kosten verbunden.
Das Landgericht hat nach Einholung eines Sachverständigengutachtens die Klage abgewiesen. Ein Duldungsanspruch gemäß § 26 NachbarG stehe dem Kläger nicht zu, weil die Verlegung der Leitung nicht mit unverhältnismäßig hohen Kosten verbunden sei. Ein Anspruch aus dem Recht der Gemeinschaft scheide ebenfalls aus, denn es handele sich um getrennte Abwasserleitungen, die nur partiell miteinander verbunden seien.
Gegen diese Entscheidung richtet sich die Berufung des Klägers, der den Duldungsanspruch weiter verfolgt und hilfsweise Zahlung begehrt.
Auf die Berufungsbegründung (Bl. 208-212 GA) und das weitere Vorbringen des Klägers (Bl. 230-232, 234/235 und Bl. 243-245 GA) wird zur weiteren Sachdarstellung ebenso Bezug genommen wie auf die Erwiderung der Beklagten (Bl. 216-220, 237-240 GA).
Entscheidungsgründe
Die zulässige Berufung ist nicht begründet. Das Landgericht hat mit der angefochtenen Entscheidung die Klage zu Recht und mit zutreffender Begründung abgewiesen. Hierauf wird vorab Bezug genommen.
Das Berufungsvorbringen rechtfertigt keine andere Beurteilung.
A) Die Klage ist zulässig.
Der Kläger ist zwar nicht Alleineigentümer des Grundstücks S. in B., sondern Miteigentümer zusammen mit S. G., geborene T.. Das zwingt aber nicht zu einer einheitlichen Prozessführung beider Miteigentümer in notwendiger Streitgenossenschaft (§ 62 ZPO).
Eine notwendige Streitgenossenschaft „aus einem sonstigen Grund”, d.h. kraft materiellen Rechts, scheidet von vornherein aus, weil jeder Streitgenosse auch allein klagen könnte (§ 1011 BGB, § 62 Abs. 1 2. Alternative ZPO; vgl. Staudinger-Langhoin, BGB, Neubearbeitung 2002, § 744 Rdnr. 49).
Eine notwendige Streitgenossenschaft aus prozessualen Gründen (§ 62 Abs. 1 1. Alternative ZPO) ist deshalb nicht gegeben, weil das Urteil für oder gegen den einzelnen Teilhaber/Miteigentümer keine Rechtskraft für und gegen die übrigen entfaltet, prozessual also abweichende Urteile ohne weiteres zulässig sind (BGHZ 92, 351; streitig – vgl. Nachweise zur Gegenmeinung in Münchener Kommentar-Schmidt, 3. Aufl., § 1011 Rdnrn. 7 und 8).
Selbst wenn man aber mit der Gegenmeinung aus der Identität des Streitgegenstands eine notwendige Streitgenossenschaft im Sinne des § 62 Abs. 1 1. Alternative ZPO ableitet, führt dies, anders als bei der zweiten Alternative des § 62 Abs. 1 ZPO nicht dazu, dass die in der Rechtsgemeinschaft gebundenen Anspruchsinhaber gemeinsam klagen müssten (vgl. ausführlich Zöller-Vollkommer, ZPO, 23. Aufl., § 62 Rdnr. 16 m.w.N.), so dass die vom Kläger allein betriebene Rechtsverfolgung zulässig ist.
B) Die Klage ist sowohl nach dem Hauptantrag (Duldung) als auch nach dem im Berufungsverfahren zusätzlich gestellten Hilfsantrag (Zahlung) unbegründet.
I. Der Kläger kann aus keinem rechtlichen Gesichtspunkt verlangen, dass die Beklagten seine, auf ihrem Grundstück verlaufende Abwasserleitung, dulden (so der Hauptantrag).
1. Ein solcher Anspruch ergibt sich insbesondere nicht aus § 26 NachbarG für Rheinland-Pfalz „Notleitungsrecht”). Die Voraussetzungen dieser wirksamen gesetzlichen Anspruchsgrundlage sind nicht erfüllt.
a) Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs handelt es sich bei § 26 NachbarG um eine auf der Grundlage von Art. 124 EGBGB ergangene landesrechtliche Bestimmung, die das Notleitungsrecht in eigenständiger Weise regelt und zum Teil geringere Anforderungen als § 917 BGB stellt (BGH NJW 1991, 176/177 auch ausdrücklich zur Rechtslage in Rheinland-Pfalz).
Selbst wenn man dies anders sähe und die landesrechtliche Anspruchsnorm für nichtig hielte (vgl. Staudinger-Roth, BGB, Neubearbeitung 2002, § 917 Rdnr. 7 m.w.N.), würde die unmittelbare oder entsprechende Anwendung des § 917 BGB dem Kläger nicht weiterhelfen, da eine „Notstandssituation” (Notlage: vgl. Senat, DWW 1992, 77/78) nicht gegeben ist.
b) Nach § 26 Abs. 1 NachbarG hat der Eigentümer zu dulden, dass durch sein Grundstück Wasserversorgungs- oder Abwasserleitungen zu einem Nachbargrundstück hindurchgeführt werden, wenn der Anschluss ...