Entscheidungsstichwort (Thema)
Zeugenbeweis über das Vorliegen eines Scheingeschäfts beim Grundstückskauf
Leitsatz (amtlich)
Da grundsätzlich von der Ernstlichkeit rechtsgeschäftlicher Willenserklärungen auszugehen ist, trägt für das Vorliegen eines Scheingeschäfts i.S.d. § 117 BGB bei Grundstückskauf durch einen notariell beurkundeten Kaufvertrag derjenige die Beweislast, der sich darauf beruft. Den Beweis hat er nicht geführt, wenn die Behauptung einer Schwarzgeldzahlung durch den hierfür angebotenen Zeugenbeweis weder unmittelbar noch mittelbar vom Hörensagen bestätigt wird.
Das Gericht ist zur Wiedereröffnung der mündlichen Verhandlung verpflichtet, wenn sich aus neuem Vorbringen ergibt, dass die bisherige Verhandlung lückenhaft war und bei sachgemäßem Vorgehen Veranlassung zur Ausübung des Fragerechts bestanden hätte. Darüber hinaus wird eine Pflicht zur Wiedereröffnung angenommen, wenn durch Versäumnisse des Gerichts oder andere Umstände im Verfahren bis zum Schluss der mündlichen Verhandlung eine vollständige und sachgerechte Erklärung der Parteien unterblieb. Dagegen ist die Wiedereröffnung der mündlichen Verhandlung nicht geboten, wenn diese ohne Verfahrensfehler geschlossen wurde. Ein Wiederaufnahmegrund ist nur dann ein zwingender Grund für die Wiedereröffnung, wenn er glaubhaft gemacht worden ist; andernfalls bleibt es dem Ermessen des Gerichts überlassen, ob es erneut in die mündliche Verhandlung eintritt.
Normenkette
BGB §§ 117, 134; ZPO § 156 Abs. 1
Verfahrensgang
LG Koblenz (Urteil vom 23.12.2004; Aktenzeichen 5 O 332/04) |
Tenor
Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Einzelrichters der 5. Zivilkammer des LG Koblenz vom 23.12.2004 wird zurückgewiesen.
Die Beklagte hat die Kosten des Berufungsverfahrens zu tragen.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Gründe
I. Die Parteien streiten um den Anspruch des Klägers auf Erfüllung eines notariellen Grundstückskaufvertrages vom 13.6.2003.
Aufgrund eines vom Notar J.S. aus N. beurkundeten Vertrages kaufte der Kläger von der Beklagten, die durch ihren Sohn N.G. vertreten wurde, ein ehemaliges Tankstellengrundstück für 8.000 EUR. Zur Sicherung seines Anspruches auf Eigentumsübertragung wurde eine Auflassungsvormerkung bewilligt und im Grundbuch eingetragen. Der Kläger überwies den Kaufpreis verspätet. Die Beklagte erklärte hiernach den Rücktritt vom Vertrag und überwies die Kaufpreissumme an den Kläger zurück, der das Geld hinterlegte.
Der Kläger hat sich auf den notariellen Grundstückskaufvertrag berufen und beantragt, die Beklagte dazu zu verurteilen, Zug um Zug gegen Zahlung des dort vereinbarten Kaufpreises der Umschreibung des Grundstückseigentums im näher bezeichneten Grundbuch zuzustimmen. Die Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen und - widerklagend - den Kläger zu verurteilen, der Löschung der Auflassungvormerkung im Grundbuch zuzustimmen. Er hat vorgetragen, der nicht vollzogene Grundstückskaufvertrag sei nach §§ 117, 311b BGB nichtig, weil eine Kaufpreissumme von 14.000 EUR vereinbart, aber nur ein Betrag von 8.000 EUR als Kaufpreis beurkundet worden sei. Die Mehrforderung sei durch Übergabe von 6.000 EUR in bar an N.G. unmittelbar vor dem Beurkundungstermin erfüllt worden.
Das LG hat Beweis erhoben über die Frage der Vereinbarung einer Schwarzgeldzahlung und deren Erfüllung durch Vernehmung der Zeugen N.G., J.S. und D.St. Auf dieser Beweisgrundlage hat es der Klage stattgegeben und die Widerklage abgewiesen. Es hat ausgeführt, unstreitig sei der Beklagten kein Rücktrittsrecht eingeräumt worden. Aber auch die geltend gemachte Nichtigkeit des Grundstückskaufvertrages greife nicht ein, weil nicht bewiesen sei, dass ein Scheingeschäft vorgelegen habe. Der Zeuge N.G. habe zwar das Vorbringen der Beklagten bestätigt; dessen Angaben seien aber nicht glaubhaft. Der Urkundsnotar J.S. habe das Vorbringen der Beklagten, er sei von N.G. nachträglich über die Eigenschaft des Vertrages als Scheingeschäft und die Schwarzgeldzahlung unterrichtet worden, nicht bestätigt. Auch der Zeuge D.St. habe den Vortrag, die Schwarzgeldzahlung sei unmittelbar vor dem Beurkundungstermin erfolgt, nicht bestätigt. Der Zeuge N.G. habe zudem keine nachvollziehbaren Angaben zur Verwendung des ihm übergebenen Geldes gemacht, sondern sich pauschal darauf berufen, das Geld verliehen zu haben. Ferner sei seine Angabe zum angeblichen Grund der nachträglichen Unterrichtung des Urkundsnotars über das Schwarzgeschäft - eine Steuerprüfung - nicht nachvollziehbar. Da der Zeuge nur als Bevollmächtigter seiner Mutter gehandelt habe, sei eine Steuerprüfung in seinem Geschäftsbetrieb kein plausibler Anlass für die Mitteilung eines Schwarzgeschäfts seiner Mutter an den Urkundsnotar. Auch passe diese Erklärung für die angebliche Mitteilung an den Urkundsnotar nicht in das von dem Zeugen N.G. gezeichnete Bild, wonach dieser sich aus Verärgerung über das Verhalten des Klägers vom Grundstückskaufvertrag habe lösen wollen. Insgesamt sei die Aussage des Ze...