Entscheidungsstichwort (Thema)
Berücksichtigung steuerlicher Vorteile der neuen Ehe bei der Bemessung des Kindes- und nachehelichen Unterhalts für die geschiedene Ehefrau
Leitsatz (redaktionell)
Der Grundsatz, dass ein der bestehenden Ehe gewährter Steuervorteil nicht der geschiedenen Ehe zugute kommen darf, gilt nur für den Ehegattenunterhalt, nicht jedoch für den Kindesunterhalt.
Normenkette
BGB §§ 1570, 1573 Abs. 2, § 1578
Verfahrensgang
AG Mainz (Urteil vom 24.11.2003; Aktenzeichen 34 F 397/02) |
Nachgehend
Tenor
I. Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des AG - FamG - Mainz vom 24.11.2003 wird zurückgewiesen.
II. Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des AG - FamG - Mainz vom 24.11.2003 - unter Zurückweisung des Rechtsmittels im Übrigen - teilweise abgeändert und insgesamt neu gefasst wie folgt:
Das Urteil des AG - FamG - Mainz vom 29.10.1999 (34 F 45/97 UE) wird - unter Abweisung der Klage im Übrigen - teilweise dahin abgeändert, dass der Kläger der Beklagten monatlich folgenden Geschiedenenunterhalt zu zahlen hat:
für Dezember 2002 302,00 EUR,
von Januar bis Juni 2003 320,00 EUR,
von Juli bis Oktober 2003 306,00 EUR,
für November und Dezember 2003 259,00 EUR,
ab Januar 2004 261,00 EUR.
III. Von den Kosten der ersten Instanz haben der Kläger 2/3 und die Beklagte 1/3 zu tragen. Die Kosten der Berufungsinstanz werden gegeneinander aufgehoben.
IV. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Jede der Parteien darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung i.H.v. 110 % des auf Grund des Urteils vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Gegenseite vor der Vollstreckung Sicherheit i.H.v. 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.
V. Die Revision wird zugelassen.
Gründe
I. Die Parteien sind seit 1998 voneinander geschieden. Das AG - FamG - Mainz hat den Kläger mit Urteil vom 29.10.1999 verurteilt, an die Beklagte ab 18.6.1999 monatlich 939 DM = 480,10 EUR Nachscheidungsunterhalt zu zahlen. Bei der Berechnung des Unterhalts ist das AG von einem Nettoeinkommen des Klägers von 3.476,12 DM ausgegangen und hat davon 330 DM Fahrtkosten sowie 480 DM Kindesunterhalt für den am ... Dezember 1993 geborenen gemeinsamen Sohn der Parteien (K.) und 480 DM Kindesunterhalt für den am 17.6.1999 geborenen Sohn des Klägers aus dessen zweiter Ehe (J.) abgezogen; von dem sich daraus ergebenden bereinigten Nettoeinkommen von 2.186,12 DM hat das AG der Beklagten unter Berücksichtigung des Erwerbstätigenbonus 3/7 - das sind 939 DM = 480,10 EUR - als Geschiedenenunterhalt zugesprochen.
Der Kläger hat beantragt, das Urteil des AG - FamG - Mainz vom 29.10.1999 dahingehend abzuändern, dass er der Beklagten ab Zustellung der Klage keinen nachehelichen Unterhalt mehr zu zahlen hat.
Die Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen.
Das AG hat - unter Abweisung der Klage im Übrigen - das Urteil des AG - FamG - Mainz vom 29.10.1999 dahingehend abgeändert, dass ab Rechtshängigkeit der Klage am 30.11.2002 nur noch ein Unterhalt von 199 EUR monatlich geschuldet wird.
Gegen dieses Urteil haben beide Parteien Berufung eingelegt.
Der Kläger beantragt mit seiner Berufung, unter teilweiser Abänderung der angefochtenen Entscheidung das angegriffene Urteil dahin abzuändern, dass er ab 30.11.2002 nur noch verpflichtet ist, nachehelichen Unterhalt i.H.v. nicht mehr als 150 EUR zu zahlen.
Die Beklagte beantragt mit ihrer Berufung, unter teilweiser Abänderung des angegriffenen Urteils die Klage abzuweisen.
Die Parteien beantragen jeweils, die Berufung der Gegenseite zurückzuweisen.
II. Die Berufung des Klägers hat keinen Erfolg, die Berufung der Beklagten hat teilweise Erfolg. Das Urteil des AG Mainz vom 29.10.1999 ist dahin abzuändern, dass der Kläger der Beklagten monatlich einen Geschiedenenunterhalt von 302 EUR für Dezember 2002, 320 EUR von Januar bis Juni 2003, 306 EUR von Juli bis Oktober 2003, 259 EUR für November und Dezember 2003 und 261 EUR ab Januar 2004 zu zahlen hat.
Das Urteil des AG Mainz vom 29.10.1999 ist gem. § 323 Abs. 1 ZPO abzuändern, weil die Verhältnisse, die für die Verurteilung zur Entrichtung des Unterhalts und für die Bestimmung der Höhe des Unterhalts maßgebend waren, sich wesentlich verändert haben.
Dem Grunde nach kann die Beklagte von dem Kläger nach § 1570 BGB Unterhalt beanspruchen, soweit von ihr wegen der Pflege und Erziehung des gemeinsamen Sohnes keine Erwerbstätigkeit erwartet werden kann; soweit die aus einer angemessenen Erwerbstätigkeit erzielten Einkünfte nicht zum vollen Unterhalt ausreichen, kann sie gem. § 1573 Abs. 2 BGB den Unterschiedsbetrag zwischen den Einkünften und dem vollen Unterhalt verlangen. Das Maß des vollen Unterhalts bestimmt sich gem. § 1578 Abs. 1 Satz 1 BGB nach den ehelichen Lebensverhältnissen. Diese haben sich im Streitfall insofern wesentlich verändert, als der Kläger zwar über ein höheres Einkommen verfügt, aber auch einen höheren Kindesunterhalt zu zahlen hat (1) und die Beklagte eine Erwerbstätigkeit aufgeno...