Entscheidungsstichwort (Thema)
Erschließungskosten, Rückauflassungsvormerkung im Teilungsplan
Leitsatz (amtlich)
1. Das Ende der in § 135 Abs. 1 BauGB bezeichneten Frist und damit die Fälligkeit der Erschließungsbeiträge ermittelt sich nach § 188 Abs. 2 BGB, ohne dass es einer gesonderten Bestimmung des Fristbeginns nach § 187 Abs. 1 BGB bedarf.
2. Für eine Rückauflassungsvormerkung ist bei der Bemessung des Ersatzwertes nach § 92 Abs. 1 ZVG jener wirtschaftliche Wert zugrundezulegen, welcher ihr im Falle der Geltendmachung des Wiederkaufsrechts im Versteigerungszeitpunkt zugekommen wäre.
3. Einer Anmeldung zur Berücksichtigung im Teilungsplan nach § 114 ZVG bedarf es bei einer aus dem Grundbuch ersichtlichen Rückauflassungsvormerkung nicht.
Normenkette
ZVG § 10 Abs. 1 Nr. 3, § 92 Abs. 1, § 114; BauGB § 135 Abs. 1; BGB § 187 Abs. 1, § 188 Abs. 2
Verfahrensgang
LG Koblenz (Urteil vom 02.06.2010) |
Nachgehend
Tenor
1. Auf die Berufung der Klägerin wird das Urteil der 15. Zivilkammer des LG Koblenz vom 2.6.2010 abgeändert und wie folgt neu gefasst:
Der Widerspruch der Klägerin gegen die Teilungspläne des AG Cochem vom 25.6.2009 im Verteilungsverfahren Az.: - 1 K 49/07 ist teilweise begründet.
a) Der Zuteilungsplan ist dahingehend abzuändern, dass die Klägerin mit ihren Forderungen aus der Grundschuld Abt. III Nr. 9 Grundbuch von ... [X] Blatt 2672:
aa) Kosten der Rechtsverfolgung, Kostenrechnung vom 9.6.2008 i.H.v. 53,50 EUR,
bb) Jahreszinsen aus Abt. III Nr. 9 i.H.v. 18 % jährlich ab dem 1.1.2007,
cc) Kapital i.H.v. 511.291,88 EUR
vor denjenigen der Beklagten:
aa) i.H.v. 132.988,02 EUR (Erschließungskostenbescheid vom 20.8.2003, gesichert auch in Abt. III Nr. 10 Grundbuch von ... [X] Blatt 2672),
bb) wegen Säumniszuschlägen auf die vorgenannte Erschließungskostenbeitragspflicht,
cc) anteiligen Kosten der Rechtsverfolgung i.H.v. 2.110,59 EUR (RAe ... [B] & Kollegen, Rechnung vom 2.6.2009)
zu befriedigen ist.
b) Beide Teilungspläne sind dahingehend abzuändern, dass den unter Ziff. 1 genannten Forderungen der Klägerin bei der Erlösverteilung ein Anspruch der Beklagten auf Erlöszuteilung im Rahmen der Rückauflassungsvormerkung Abt. II Nr. 9 nur in Höhe eines Teilbetrages von 112.569,09 EUR vorgeht.
c) Die Teilungsmasse von
195.448,77 EUR
erhalten die Klägerin i.H.v.
72.263,60 EUR
und die Beklagte i.H.v.
123.185,17 EUR
(bestehend aus Gerichtskosten von
4.346,32 EUR,
sowie vorrangiger Erlöszuteilung wegen Grundsteuer i.H.v.
1.868,32 EUR,
Oberflächenentwässerung i.H.v.
3.785,88 EUR,
Kosten der Anordnung der Versteigerung i.H.v.
55,60 EUR
und des Beitritts i.H.v.
53,50 EUR,
Kosten der gegenwärtigen Rechtsverfolgung i.H.v.
506,46 EUR,
sowie Rückauflassungsvormerkung i.H.v.
112.569,09 EUR)
zugeteilt.
Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
Die weiter gehende Berufung wird zurückgewiesen.
2. Die Kosten des Rechtsstreits haben die Beklagte zu 39 %, die Klägerin zu 61 % zu tragen.
3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Die Parteien dürfen die Vollstreckung
durch Sicherheitsleistung i.H.v. 110 % des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die jeweilige Gegenseite vor der Vollstreckung Sicherheit i.H.v. 110 % des jeweils zu vollstreckende Betrages leistet.
4. Die Revision gegen dieses Urteil wird zugelassen.
Gründe
A. Im Jahr 1992 veräußerte die Rechtsvorgängerin der Beklagten (künftig: Beklagte) an die ... [A] Grundbesitz und Beteiligungen Aktiengesellschaft (künftig:... [A] AG) das heute im Grundbuch von ... [X] Blatt 2672 eingetragene Grundstück Flur 3 Flurstück 60/164, Bauplatz ... [Y], 6.689 m2, zu einem Kaufpreis von 171.000 DM. Der notarielle Kaufvertrag sah vor, dass die Beklagte die Rückübertragung und Rückauflassung des Grundbesitzes verlangen konnte, wenn die ... [A] AG nicht innerhalb von fünf Jahren ab Vorliegen eines bestandskräftigen Bebauungsplanes im notariellen Kaufvertrag näher beschriebene Wohngebäude errichtete und in Betrieb nahm. Im Falle der Rückübertragung und Rückauflassung sollte der vereinbarte Kaufpreis zurückzuzahlen sein. Diese Rechte der Beklagten sollten durch Eintragung einer Rückauflassungsvormerkung gesichert werden.
Am 16.1.1997 wurde die ... [A] AG als Eigentümerin im Grundbuch eingetragen, am 22.1.1997 erfolgte die Eintragung der Rückauflassungsvormerkung zugunsten der Beklagten. Sodann bewilligte die ... [A] AG zu ihren Gunsten eine Grundschuld über 1.000.000 DM, die am 7.5.1997 im Grundbuch eingetragen wurde. Diese Eigentümergrundschuld trat die ... [A] AG 2006 an die Klägerin ab, was am 11.10.2006 in das Grundbuch eingetragen wurde. Neben verschiedenen Leitungsrechten finden sich als weitere Eintragungen - jeweils vom 30.8.2007 - im Grundbuch zwei Zwangssicherungshypotheken zugunsten der Beklagten über einen Gesamtbetrag von 199.857,45 EUR.
Die im notariellen Kaufvertrag vorgesehenen Wohngebäude wurden nie errichtet. Bereits 1998 geriet die ... [A] AG in Konkurs. Im Jahr 2003 rechnete die Beklagte die Erschließungsbeiträge ab, wobei der entsprec...