Leitsatz (amtlich)
Das Erbrecht des überlebenden Ehegatten ist ausgeschlossen, wenn zur Zeit des Todes des Erblassers die Scheidungsvoraussetzungen gegeben waren und der Erblasser die Scheidung der Ehe beantragt hatte. Lagen die Voraussetzungen für eine einvernehmliche Ehescheidung nicht vor, so kommt ein Ausschluss des Ehegattenerbrechtes nur in Frage, wenn festgestellt werden kann, dass ohne den Todesfall einer der Ehegatten das Scheidungsverfahren weiterbetrieben hätte und die Scheidungsvoraussetzungen im Zeitpunkt des Todes des Erblassers vorlagen. Unwiderlegbar vermutet wird das Scheitern der Ehe als Scheidungsvoraussetzung nur, wenn die Ehegatten dann seit einem Jahr getrennt lebten und beide die Scheidung beantragt hatten oder ein Antragsgegner der Scheidung afugrund des Antrages des anderen Ehegatten zustimmte. War das nicht der Fall, dann müssen die Voraussetzungen der Ehescheidung im Todeszeitpunkt einzelfallbezogen geprüft werden. Die Dauer der Trennung der Ehegatten gehört dabei zu den Umständen, die das Gericht in seine Prüfung einzubeziehen hat, ob eine Wiederherstellung der ehelichen Lebensgemeinschaft nicht mehr erwartet werden konnte. Sie ist ein Indiz für oder gegen das Scheitern der Ehe; eine darüber hinausgehende Bedeutung im Sinne der tatsächlichen Vermutung kommt der Trennungszeit aber nicht zu.
Durchgreifende Bedenken gegen die Verfassungsmäßigkeit der Regelung in §§ 1933, 1565 BGB bestehen nicht. Das Ehegattenerb- und pflichtteilsrecht hat seine Grundlage in der bestehenden Ehe; diese Grundlage entfällt durch die Ehescheidung. Ist ein begründeter Antrag auf Ehescheidung rechtshängig und verliert der Erblasser aufgrund einer rasch tödlich wirkenden Erkrankung den Wettlauf mit dem Tod vor der von ihm gewollten Ehescheidung aufgrund seines Antrages, dann ist es nicht unangemessen, diese Lage dem Fall der zur Zeit des Erbfalles schon vollzogenen Ehescheidung gleichzusetzen.
Verfahrensgang
LG Koblenz (Entscheidung vom 13.01.2006; Aktenzeichen 15 O 137/05) |
Tenor
Auf die Berufung der Beklagten wird das Teil-Urteil des Einzelrichters der 15. Zivilkammer des Landgerichts Koblenz vom 13. Januar 2006 abgeändert.
Die Klage wird abgewiesen.
Die Klägerin hat die Kosten des Rechtsstreits in beiden Rechtszügen zu tragen.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Gründe
I.
Die Parteien streiten im Rahmen einer Stufenklage um die Ehegatten-Pflichtteilsrechte der Klägerin nach dem am ... November 2003 verstorbenen F... J... J..., der am ... Januar 1950 geboren war.
Der Erblasser hatte im Jahre 1971 mit der Klägerin die Ehe geschlossen. Aus dieser Ehe ging der Sohn M... J... hervor. Im September 2002 wurde die Erkrankung des Erblassers an Lungenkrebs diagnostiziert. Er hatte schon zuvor eine außereheliche Beziehung zur Beklagten, die bis zu seinem Tode andauerte. Der Erblasser beantragte am 27. Februar 2003 die Scheidung seiner Ehe mit der Klägerin beim Familiengericht bei dem Amtsgericht Montabaur. Durch handschriftliches Testament vom 28. Juni 2003 schloss er die Klägerin von der gesetzlichen Erbfolge aus und entzog ihr auch wegen eines von der Klägerin selbst im Jahre 2002 gestellten, allerdings am 10. Dezember 2002 wieder zurückgenommenen Scheidungsantrages den Pflichtteil. Der Erblasser setzte in dieser letztwilligen Verfügung die Beklagte sowie seinen ehelichen Sohn zu gleichen Teilen zu Erben ein. Der Scheidungsantrag des Erblassers wurde vor seinem Tode nicht mehr beschieden, obwohl der Erblasser noch am 27. Oktober 2003 ungeachtet seines schweren körperlichen Leidens an einer mündlichen Verhandlung des Familiengerichts teilnahm und dabei seinen Willen bekundete, geschieden werden zu wollen (16 F 119/03 AG Montabaur Bl. 34 ff.). Die Klägerin trat dem Scheidungsantrag entgegen und stellte Anträge im Rahmen des Verfahrens über den Versorgungsausgleich, die dazu führten, dass auch das Scheidungsverfahren noch nicht abgeschlossen wurde, bevor der Erblasser am 22. November 2003 verstarb.
Die Klägerin hat behauptet, der Erblasser habe sich im Jahre 2002 nur vorübergehend von ihr getrennt, dann aber wieder mit ihr versöhnt. Die Ehe wäre deshalb auch nicht aufgrund des Scheidungsantrages des Erblassers im Jahre 2003 geschieden worden.
Die Klägerin hat auf der ersten Stufe der am 24. Mai 2005 der Beklagten zugestellten Stufenklage beantragt, die Beklagte zur Auskunft über den Bestand des Nachlasses, über Schenkungen und ausgleichspflichtige Zuwendungen des Erblassers sowie über den Wert eines Hausgrundstücks zu verurteilen.
Die Beklagte hat Klageabweisung beantragt mit der Behauptung, die Ehe der Klägerin mit dem Erblasser sei zerrüttet gewesen und sie wäre geschieden worden, wenn der krebskranke Erblasser nicht so rasch gestorben wäre. Dieser habe sich mit der Klägerin auch nicht wieder versöhnt gehabt und auch nach seiner Rückkehr in das zuvor gemeinsam bewohnte Haus keine häusliche Gemeinschaft mehr mit ihr gepflegt. Die Klägerin habe ihren eigenen Antrag auf Ehescheidung nur we...