Verfahrensgang
LG Mainz (Urteil vom 02.12.1992; Aktenzeichen 9 O 112/91) |
Tenor
Das Versäumnisurteil vom 2. Dezember 1992 bleibt aufrecht erhalten.
Der Kläger hat auch die weiteren Kosten des Rechtsstreits zu tragen.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Der Wert der Beschwer des Klägers beträgt 5.102,82 DM.
Gründe
Der Kläger begehrt von der Beklagten, Witwe und Alleinerbin des Notars W., Schadensersatz mit der Begründung, Notar W. habe es amtspflichtwidrig unterlassen, ihn bei der Beurkundung eines Grundstückkaufvertrages auf die Gefahr der Versteuerung eines „Spekulationsgewinns” hinzuweisen.
Das Landgericht hat der Klage durch Urteil vom 23. Oktober 1991 stattgegeben (Bl. 25 bis 30 GA) und zur Begründung im wesentlichen ausgeführt, bei der Einsichtnahme in die Grundakten vor der Auflassung hätte der Notar erkennen können, daß der Kläger den Grundbesitz erst vor weniger als 2 Jahren erworben habe.
Gegen dieses Urteil richtet sich die Berufung der Beklagten, mit der diese ihren erstinstanzlichen Klageabweisungsantrag weiterverfolgt.
In der mündlichen Verhandlung vom 25. November 1992 hat der Prozeßbevollmächtigte des Klägers nicht zur Sache verhandelt. Auf Antrag der Beklagten hat der Senat durch Versäumnisurteil die Entscheidung des Landgerichts vom 23. Oktober 1991 abgeändert und die Klage abgewiesen.
Gegen dieses Urteil hat der Kläger rechtzeitig und formell ordnungsgemäß Einspruch eingelegt und diesen auch formell ordnungsgemäß begründet.
Der Einspruch hat keinen Erfolg. Es muß bei der Klageabweisung bleiben, denn dem Kläger steht der geltend gemachte Zahlungsanspruch gemäß § 19 BNotO wegen Amtspflichtverletzung nicht zu.
Der Kläger hat nicht schlüssig dargelegt, daß sich Notar W. einer Amtspflichtverletzung schuldig gemacht hat. Einer Beweisaufnahme bedarf es nicht.
Entgegen der Auffassung des Landgerichts ist der Notar nach der höchstrichterlichen Rechtsprechung (BGH VersR 1981, 1029; BGH VersR 1983, 181; BGH VersR 1985, 501) nur dann verpflichtet, die Vertragsbeteiligten auf die Gefahr der Versteuerung eines „Spekulationsgewinns” hinzuweisen, wenn er vor oder während der Beurkundung eines Kaufvertrages erfährt, daß der Verkäufer (hier der Kläger) das betreffende Grundstück vor weniger als 2 Jahren erworben hat und für ihn zugleich erkennbar ist, daß die steuerlichen Auswirkungen des betreffenden Geschäfts für den Verkäufer von Bedeutung sind. Der Notar, der in einer derartigen Situation nicht aufklärt, verletzt die ihm in § 17 Abs. 1 Satz 2 BeurkG auferlegte Belehrungspflicht (BGHZ 58, 343, 348). Der Notar muß diese besonderen Umstände aber nicht ermitteln (BGH NJW 1985, 1225). Es genügt auch nicht, daß ihm diese Tatsachen fahrlässig verborgen geblieben sind.
Entgegen der Auffassung des Landgerichts in dem angefochtenen Urteil ist etwas anderes auch nicht der Entscheidung des Bundesgerichtshofs vom 10. November 1988 (BGH NJW 1989, 586) zu entnehmen. Der Entscheidung lag ein Fall zugrunde, in dem es darauf ankam, ob der Notar sein Büro so organisiert hatte, daß ihm eingereichte Urkunden unterschiedslos von seinen Bediensteten vorgelegt wurden, so daß er die Möglichkeit hätte haben können, von steuerrelevanten Vorgängen Kenntnis zu erhalten. Der Bundesgerichtshof hat in solch einem Fall eine Amtspflichtverletzung des Notars dann gesehen, wenn eine entsprechende generelle Anweisung des Notars, ihm alle Urkunden vorzulegen, fehlt und er nicht persönlich Kenntnis von den eingereichten Urkunden nimmt. Mit dieser Entscheidung ist der Bundesgerichtshof jedoch nicht von der oben dargelegten höchstrichterlichen Rechtsprechung abgerückt, daß den Notar keine Nachforschungspflicht hinsichtlich steuerrelevanter Umstände trifft. Da zwischen den Parteien unstreitig ist, daß der. Kläger den früheren Kaufvertrag anläßlich der jetzt in Rede stehenden Beurkundung nicht nochmals zu den Akten gereicht hat, kommt es vorliegend allein darauf an, ob Notar W. bei der Beurkundung des Kaufvertrages vom 16. März 1988 davon wußte, daß der Kläger das Grundstück erst am 2. Mai 1986 erworben hat.
Dieser Schluß läßt sich weder daraus ziehen, daß der Notar das Grundbuch eingesehen hat noch daß er auch den notariellen Vertrag vom 2. Mai 1986 beurkundet hat. Bei der Einsichtnahme in das Grundbuch muß dem Notar nicht aufgefallen sein, wann dem Kläger das Grundstück aufgelassen worden war. Für die zu errichtende notarielle Urkunde ist nur von Bedeutung, daß der Verkäufer Eigentümer ist. Weiter läßt sich bei der Vielzahl der von einem Notar im Laufe eines Jahres beurkundeten Geschäfte, zumindest bei sogenannten Massengeschäften, weder ein Anschein noch eine tatsächliche Vermutung der Gestalt herleiten, daß ein Notar in der Regel noch nach 22 Monaten weiß, wann er ein bestimmtes, nicht aus dem alltäglichen Rahmen fallendes, Beurkundungsgeschäft vorgenommen hat.
Einer Beweisaufnahme durch Vernehmung der Eheleute K. bedarf es nicht, da die in das Wissen der Zeugen gestellten Tatsachen als wahr unterstellt werden können. Auch unter Zugrundelegung einer e...