Entscheidungsstichwort (Thema)
Vermächtnis
Leitsatz (redaktionell)
Bei der Auslegung eines Vermächtnisses über ein Sparkonto kann sich unter Berücksichtigung aller Umstände ergeben, dass nicht das Kontoguthaben zum Zeitpunkt des Erbfalls, sondern zum Zeitpunkt der Vermächtnis-Errichtung maßgeblich ist.
Normenkette
BGB §§ 133, 2084
Verfahrensgang
LG Koblenz (Urteil vom 23.02.1996; Aktenzeichen 16 O 187/95) |
Tenor
Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil der 16. Zivilkammer des Landgerichts Koblenz vom 23. Februar 1996 wie folgt abgeändert:
Die Klage wird, soweit sie über den anerkannten Betrag von 2.582,09 DM nebst 4 % Zinsen hieraus seit 21. Oktober 1995 hinausgeht, abgewiesen.
Die Kosten beider Rechtszüge werden der Klägerin auferlegt.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Die Klägerin darf die Zwangsvollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe von 10.000 DM abwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in entsprechender Höhe leistet. Die Sicherheitsleistung kann jeweils auch durch unwiderrufliche, unbefristete und unbedingte Bürgschaft eines allgemein als Steuerbürgen zugelassenen Kreditinstituts (§ 244 Abs. 2 AO 1977) erbracht werden.
Tatbestand
Die Parteien streiten über einen Zahlungsanspruch aus einem Vermächtnis.
Die am 24.05.1994 verstorbene Erblasserin E. L. D. hatte in ihrem notariellen Testament vom 19.02.1990 (Bl. 5–8), von ihr ergänzt am 01.03.1990 (Bl. 16 bis 17), unter Ziffer III.3 folgendes Vermächtnis zugunsten der Klägerin und von zwei weiteren Personen zu gleichen Teilen aufgesetzt.
„Ich setze folgende Vermächtnisse aus:
(…)
3.
Meine bei der … Sparkasse …, deponierten Wertpapiere sowie Sparkassenguthaben erhalten zu gleichen Teilen
- H. L.
- H. L.
- H. O.
Die Erblasserin ist, nachdem die übrigen Miterben die Erbschaft ausgeschlagen haben, von H. S. und dem Ehemann der Beklagten zu je 1/2 beerbt worden. Der Ehemann der Beklagten ist zwischenzeitlich verstorben und von der Beklagten als Alleinerbin beerbt worden (Bl. 51).
Im Zeitpunkt des Erbfalls bestanden bei der … Sparkasse zwei Sparkonten für die Erblasserin, und zwar mit folgenden Nennbeträgen und folgenden Zinsen bis zum Todeszeitpunkt (Bl. 53):
Konto-Nr. 135.503.6 |
= 15.176,09 DM + 316,47 DM Zinsen; |
Konto-Nr. 135.513.2 |
= 360.401,30 DM + 418,87 DM Zinsen. |
Noch vor dem Erbfall war auf das von der Erblasserin angegebene Konto 135.513.2 … der Erlös in Höhe von 360.000 DM aus ihrem gemäß notariellen Kaufvertrag vom 04.02.1994 veräußerten Hausgrundstück in W. (Bl. 115 bis 125) durch die Käuferin überwiesen worden.
Der Miterbe H. S. nat am 16.01.1995 die beiden Sparkonten bei der … Sparkasse aufgelöst und die jeweiligen Beträge zuzüglich der bis dahin aufgelaufenen Zinsen in Höhe von insgesamt 379.320,52 DM (363.592,26 DM + 15.728,26 DM, vgl. Bl. 52) in bar erhalten.
Streitig ist im wesentlichen, ob das Konto 135.513.2 … mit dem dort eingegangenen Kaufpreis aus dem Grundstücksverkauf der Erblasserin vom 04.02.1994 den Vermächtnisanspruch der Klägerin erhöht.
Die Klägerin, die anderweitig einen Rechtsstreit gegen den Miterben H. S. durchgeführt hat und im zweiten Rechtszug unterlegen ist (Bl. 235 bis 247), beansprucht von der Beklagten als Rechtsnachfolgerin des zweiten Miterben die Hälfte ihres Drittel-Anteils aus dem zu ihren Gunsten ausgesetzten Vermächtnis. Ihrer Klage hat sie rechnerisch die von dem Miterben S. am 16.01.1995 abgehobenen Beträge der beiden Konten zugrunde gelegt (1/6 aus 379.320,52 DM).
Die Klägerin hat beantragt,
die Beklagte zu verurteilen, an sie 62.718,78 DM nebst 4 % Zinsen ab Zustellung des Prozeßkostenhilfegesuches zu zahlen.
Die Beklagte hat den Klageanspruch in Höhe von 2.582,09 DM anerkannt (1/6 des auf dem Konto 135.503.6517 bestehenden Guthabens) im Zeitpunkt des Erbfalls einschließlich der bis dahin aufgelaufenen Zinsen (vgl. Bl. 111, 114). Im übrigen hat sie beantragt,
die Klage abzuweisen.
Das Landgericht hat mit Anerkenntnis- und Endurteil vom 23.02.1996 der Klage – mit Ausnahme der vor Rechtshängigkeit geltend gemachten Zinsen – stattgegeben. Es hat angenommen, das im notariellen Testament aufgesetzte Vermächtnis sei eindeutig; daher stünden den drei Vermächtnisnehmerinnen die im Zeitpunkt des Erbfalls tatsächlich bestehenden beiden Bankguthaben bei der … Sparkasse zu.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes im ersten Rechtszug wird auf das angefochtene Urteil Bezug genommen (Bl. 152 bis 158).
Mit der hiergegen eingelegten Berufung beantragt die Beklagte unter Wiederholung, Ergänzung und Vertiefung ihres erstinstanzlichen Vorbringens,
unter teilweiser Abänderung des angefochtenen Urteils die Klage in Höhe von 60.136,69 DM nebst Zinsen abzuweisen.
Die Klägerin beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Dem Berufungsvorbringen tritt sie entgegen. Sie wiederholt, vertieft und ergänzt ebenfalls ihr früheres Vorbringen.
Wegen der Einzelheiten des beiderseitigen Vorbringens in der Berufungsinstanz wird auf die eingereichten Schriftsätze nebst Anlagen (ab Bl. 170 ff.) sowie auf di...