Entscheidungsstichwort (Thema)

Rechte des Kfz.-Leasingnehmers nach Vertragsablauf im Fall einer vom Lieferanten eingeräumten Kaufoption

 

Leitsatz (amtlich)

1. Ist in einem Kfz-Leasingvertrag der Eigentumserwerb des Leasingnehmers nach Ablauf der Vertragszeit ausgeschlossen, kann ein Recht zum weiteren Besitz des Fahrzeuges nicht aus Vereinbarungen abgeleitet werden, die der Leasingnehmer mit dem Lieferanten (Kfz.-Vertragshändler) getroffen hat. Aus einem Andienungsrecht des Leasinggebers ggü. dem Vertragshändler ergibt sich nicht dessen Veräußerungsbefugnis.

2. Der Vertragshändler ist in der Regel weder bevollmächtigter Vertreter noch Erfüllungsgehilfe des Leasinggebers.

3. Zur Frage, ob es treuwidrig ist, wenn der Leasinggeber im Zusammenwirken mit dem Vertragshändler den Eigentumserwerb des Leasingnehmers vereitelt, weil der Vertragshändler die weiter greifenden Gewährleistungsvorschriften des neuen Schuldrechts nicht akzeptiert.

4. Zur Berechnung der Ansprüche des Leasinggebers bei Vorenthaltung des Mietsache nach Vertragsablauf.

 

Verfahrensgang

LG Mainz (Urteil vom 27.01.2004; Aktenzeichen 6 O 124/03)

 

Nachgehend

BGH (Urteil vom 01.06.2005; Aktenzeichen VIII ZR 234/04)

 

Tenor

Auf die Berufungen der Klägerin und der Widerbeklagten wird das Urteil des LG Mainz vom 27.1.2004 aufgehoben.

Der Beklagte wird verurteilt, den Pkw Audi, amtl. Kennzeichen ... Typ A6 2,8 Quattro, 142 kW, TIPT Fahrgestell-Nr. ... an die Klägerin herauszugeben, und an die Klägerin 6.515,88 Euro nebst Zinsen i.H.v. 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 22.8.2003 zu zahlen.

Die gegen die Streithelferin der Klägerin gerichtete Widerklage wird abgewiesen.

Die Kosten des Rechtsstreits hat der Beklagte zu tragen.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Jedoch bleibt dem Beklagten nachgelassen, die Vollstreckung gegen Sicherheitsleistung i.H.v. 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages abzuwenden, sofern nicht die Klägerin und/oder die Widerbeklagte zuvor Sicherheit in gleicher Höhe leisten.

Die Revision wird zugelassen.

 

Gründe

I. Nach Ablauf der Vertragszeit von 36 Monaten verlangt die Klägerin (Leasinggeberin) von dem Beklagten (Leasingnehmer) die Herausgabe des im Entscheidungssatz genannten Kraftfahrzeugs. Der Beklagte verweigert die Herausgabe, beruft sich auf die ihm von der Widerbeklagten (Lieferantin) eingeräumte und von ihm ausgeübte Kaufoption (31 GA).

Das LG hat die Klage auf Herausgabe des Fahrzeugs und Zahlung einer Nutzungsentschädigung abgewiesen und die Widerklage des Beklagten gegen die Streithelferin der Klägerin zugesprochen. Auf die Darstellung im Tatbestand des angefochtenen Urteils (im Wesentlichen unstreitig, 21, 168 GA) wird Bezug genommen (§ 540 Abs. 1 ZPO).

Mit ihren Berufungen beantragen die Klägerin und ihre Streithelferin zu entscheiden wie aus dem Tenor ersichtlich:

Aus den Leasingbedingungen folge, dass die Klägerin Eigentümerin des Fahrzeugs bleibe, dessen Erwerb durch den Beklagten nach Vertragablauf ausgeschlossen sei. Von der Sondervereinbarung des Beklagten mit der Widerbeklagten habe die Klägerin erst nach Ende der Vertragslaufzeit Kenntnis erlangt. Das vereinbarte Andienungsrecht verschaffe der Widerbeklagten keine gesicherte Erwerbsposition, insb. keinen Anspruch, den Ankauf von der Klägerin fordern zu können. Im Verhältnis des Beklagten zur Widerbeklagten sei zu berücksichtigen, dass das In-Kraft-Treten des neuen Schuldrechts während der Laufzeit des Leasingvertrages die Gewährleistungspflicht des Gebrauchtwagenhändlers erheblich verschärft habe. Diese Rechtsentwicklung sei bei der Einräumung der Kaufoption nicht voraussehbar gewesen. Das könne nicht allein zu Lasten der Widerbeklagten gehen.

Der Beklagte verteidigt das angefochtene Urteil mit rechtlichen Erwägungen zur Ausgestaltung von Leasingverträgen und Kaufoptionen der vermittelnden Autohäuser (168-172 GA) und regt an, die Revision zuzulassen.

II. Die zulässigen Berufungen der Klägerin und ihrer Streithelferin sind begründet. Sie führen zum Zuspruch der Klage und zur Abweisung der Widerklage.

1. Die Klägerin hat das Fahrzeug von der Widerbeklagten zu Eigentum erworben. Der Beklagte ist nach Ablauf des auf 36 Monate abgeschlossenen Leasingvertrages nicht berechtigter Besitzer. Die Voraussetzungen des § 985 BGB liegen vor.

Entgegen der Annahme des LG steht dem Beklagten ein irgendwie geartetes Recht zum Besitz (§ 986 BGB) nicht zu.

Zwei Monate vor Ende der vereinbarten Vertragszeit hat die Klägerin den Beklagten aufgefordert, das Fahrzeug zum Vertragsende an die Widerbeklagte herauszugeben und mit dieser das "Rückgabeprotokoll" auszufüllen (36 GA). Nach Ablauf des Vertrages (16.4.2003) hat sie die Rückgabe angemahnt und im Verzugsfalle die Berechnung weiterer Leasingraten angekündigt (37 GA). Nach einer Anfrage des Beklagten vom 17.4.2003 (35 GA) und einer im letzten S. möglicherweise missverständlichen Antwort vom 25.4.2003 (38 GA) hat die Klägerin jedenfalls am 30.5.2003 endgültig die Rückgabe des Fahrzeuges bis zum 7.6.2003 verlangt und Herausgabeklag...

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