Leitsatz (amtlich)

1. Im Regelfall muss der Kläger bei einem Nacherfüllungsverlangen (bei Mangel einer Kaufsache) nicht eigeninitiativ und explizit die Möglichkeit der Überprüfung des Mangels anbieten.

2. Nicht entschieden ist die Beantwortung der Frage, ob nach der BGH-Entscheidung zum ausgeschlossenen Ersatz fiktiver Mangelbeseitigungskosten im Werkvertragsrecht (BGH v. 22.2.2018 - VII ZR 46/17) dieser dort festgelegte Ausschluss auch im Kaufrecht Anwendung unter dem Gesichtspunkt eines Bereicherungsverbotes für den Geschädigten findet.

3. Bietet der Auto-Hersteller eine kostenfreie, vollständige und zumutbare Mangelbeseitigung an, so kann der Käufer wegen seiner Schadensminderungspflicht im Regelfall nicht Gewährsleistungsrechte gegenüber seinem Verkäufer durchsetzen.

 

Verfahrensgang

LG Bad Kreuznach (Aktenzeichen 2 O 214/17)

 

Tenor

1. Auf die Berufung und die Anschlussberufung des Beklagten wird das Urteil der 2. Zivilkammer des Landgerichts Bad Kreuznach - Einzelrichter - vom 04.05.2018, Az.: 2 O 214/17 abgeändert.

Der Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 293,78 EUR nebst Zinsen hieraus in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz ab Rechtshängigkeit zu zahlen.

Der Beklagte wird verurteilt, an den Kläger weitere EUR nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz ab Rechtshängigkeit zu zahlen.

Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

Die weitergehende Berufung sowie die weitergehende Anschlussberufung des Beklagten werden zurückgewiesen.

2. Von den Kosten des Rechtsstreits hat der Kläger 94,4 % und die Beklagte 5,6 % zu tragen. Die durch die Säumnis des Klägers in der mündlichen Verhandlung vom 26.01.2018 entstandenen Kosten hat der Kläger allein zu tragen.

3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

 

Gründe

I. Die Parteien streiten darüber, ob dem Kläger nach dem Kauf eines gebrauchten Audi A5 ein Schadensersatzanpruch wegen eines Sachmangels zusteht.

Mit Vertrag vom 13.05.2016 kaufte der Kläger als Verbraucher von dem Beklagten, der mit Kraftfahrzeugen gewerblich handelt, einen Pkw der Marke Audi A5 2.0 TFSI, Erstzulassung 01.10.2011, Fahrzeug Ident-Nr.: WAUZZZ8T7BA015038, mit einem Kilometerstand von 105.000 zum Preis von 17.500 EUR. Immer nachdem der Kläger nur jeweils ca. 800 km mit dem Fahrzeug zurückgelegt hatte, leuchtete eine Warnlampe auf, die Ölmangel anzeigte. Wegen des vermuteten zu hohen Ölverbrauchs stellte der Kläger das Fahrzeug im Autohaus N. vor, wo eine Ölverbrauchsmessung durchgeführt wurde. Ausweislich der Rechnung des Autohauses N. vom 13.09.2016 wurde ein Ölverbrauch von 1,09 Liter auf 1000 km gemessen. Die Kosten für diese Messung inklusive des Nachfüllens von Öl beliefen sich auf 246,87 EUR brutto. Der Kläger holte außerdem bei dem Autohaus N. einen Kostenvoranschlag im Hinblick auf die Beseitigung des Mangels zu hohen Ölverbrauchs ein. Nach diesem Kostenvoranschlag (Annahmetag 14.09.2016) belaufen sich die Kosten der Reparatur auf 4486,46 EUR netto und 5.338,89 EUR brutto. Der Kläger rief daraufhin den Beklagten an und schilderte ihm die Problematik des zu hohen Ölverbrauchs. Der weitere Inhalt dieses Telefonats ist zwischen den Parteien streitig.

Der Kläger wandte sich daraufhin an seinen Prozessbevollmächtigten, der am 11.10.2016 ein Schreiben mit folgendem Inhalt an den Beklagten sandte: "(...) Das Fahrzeug leidet unter einem zu hohen Ölverbrauch. Jeweils nach 800 km leuchtet die Warnlampe für Ölmangel auf. Es wurde ein Kostenvoranschlag bei der Firma Autohaus N. eingeholt. Hiernach ist ein Betrag in Höhe von 5.338,89 EUR erforderlich, um den Mangel zu beseitigen. Kopie fügen wir bei. Unser Mandant hatte Ihnen den Mangel telefonisch bereits angezeigt. Sie hatten daraufhin auf die abgeschlossene Garantie verwiesen. Die I. AG wurde auch angeschrieben. Diese hat jedoch noch keine endgültige Zusage erteilt. Deren Schreiben fügen wir bei. Um die defekten Teile zur Verfügung zu stellen, muss jedoch zunächst der Motor ausgebaut werden. Es versteht sich von selbst, dass diesbezüglich von unserem Mandanten keine Entscheidung getroffen wird, da er auf die Nutzung des Fahrzeuges angewiesen ist. Wir bitten insofern um Mitteilung, wie Sie sich zu der Angelegenheit stellen. Rein vorsorglich werden Sie hiermit Namens unseres Mandanten aufgefordert, vorgenannten Mangel (sehr hoher Motorölverbrauch) zu beseitigen. Hierfür setzen wir eine Frist von zwei Wochen gerechnet ab Datum dieses Schreibens. Im Falle fruchtlosen Fristablaufs behält sich unser Mandant vor, ohne weitere Vorankündigung vom Vertrag zurückzutreten und/oder Schadensersatz zu verlangen."

Am 28.11.2016 stellte der Kläger das Fahrzeug erneut im Autohaus N. vor. Diesmal wurde eine Inspektion mit Ölwechsel durchgeführt und die Zündkerzen sowie der Staub- und Pollenfilter wurden aus- und wieder eingebaut. Ein Mitarbeiter des Autohauses vermerkte auf der Rechnung vom 29.11.2016, die sich auf 475,16 EUR brutto belief, dass das hintere Seitenteil rechts sowie die rechte Tür nachlackiert worden seien.

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