Leitsatz (amtlich)
Auch bei Vereinbarung der Errichtung eines "schlüsselfertigen" Bauwerks bleibt die zugleich im Einzelnen vereinbarte Leistungsbeschreibung in erster Linie für den Vertragsinhalt maßgeblich, auch wenn hierbei Leistungen fehlen, die üblicherweis zur "Schlüsselfertigkeit" gerechnet werden.
Wird hierfür ein "Festpreis" vereinbart, ist dieser als Pauschalpreis für die der Leistungsbeschreibung entsprechenden Leistungen geschuldet.
Für erbrachte Zusatzleistungen beim BGB-Bauvertrag ist mangels konkreter Preisvereinbarung die übliche Vergütung geschuldet, nicht eine entsprechend der Urkalkulation für den Pauschalpreis ermittelte Vergütung.
Verfahrensgang
LG Koblenz (Urteil vom 12.04.2007; Aktenzeichen 9 O 214/03) |
Tenor
Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil der 9. Zivilkammer des LG Koblenz vom 12.4.2007 wird zurückgewiesen.
Die Kosten des Berufungsverfahrens haben die Beklagten als Gesamtschuldner zu tragen.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Die Beklagten dürfen die Vollstreckung durch eine Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe des aufgrund des Urteils gegen sie vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Klägerin vor der Vollstreckung eine Sicherheit in Höhe des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.
Gründe
I. Die Klägerin begehrt von den Beklagten eine restliche Vergütung für Bauleistungen.
Am 22.7.1999 schlossen die Parteien einen "Bauvertrag" (Bl. 33 d.A.), dessen Gegenstand die "Bauarbeiten und Architektenleistungen zur Herstellung eines Einfamilienwohnhauses mit Garage" in A., B. straße 24, auf der Grundlage der "Standardbaubeschreibung (Bl. 89 ff. d.A. = "Bauleistungsbeschreibung"), der "Vertragsbedingungen" (Bl. 394 ff. d. A.), der "Bauantragszeichnungen" vom Juli 1999 und des "Angebots vom 22.7.1999" (Bl. 17 ff. d.A.) zum "Festpreis von 553.624 DM inklusive 16 % MwSt" waren.
Nach 1) der Vertragsbedingungen ergibt sich der Umfang der Bauleistung aus den Entwurfszeichnungen und der Baubeschreibung (LZV). Das Angebot II vom 22.7.1999 enthält über mehrere Seiten "Änderungen bzw. Ergänzungen zu unserem LVZ". Der Eingangssatz dieses Angebots lautet: "Wunschgemäß bieten wir Ihnen, aufgrund unserer Bauantragszeichnung vom Juli 1999 und unseres Leistungsverzeichnisses, einschl. nachfolgend aufgeführter Änderungen und Ergänzungen, die schlüsselfertige Erstellung Ihres Wohnhausneubaus, 14,73 × 11,36 m, mit Wintergarten, 6,86 × 4,61 und Erker, sowie Garagenneubau, 6,49 × 6,99 m an".
Die Leistungen der Klägerin wurden am 16.5.2000 abgenommen.
Gemäß der "Abschluss-Rechnung" der Klägerin vom 19.12.2000 (Bl. 26 f. d.A.) sollten die Beklagten, die bereits 485.853,41 DM gezahlt hatten, eine restliche Vergütung von 148.127,94 DM, einschließlich 16 % MwSt, entrichten. Bestandteile der von der Klägerin vorgenommenen Abrechnung waren Beträge wegen eines Angebots "Mehrleistungen Elektro" (Bl. 35 ff. d.A.) sowie weiterer Rechnungen über Mehrkosten, die durch zusätzliche Leistungen oder Leistungsänderungen entstanden waren (Bl. 38-49 d.A.).
Wegen der Beträge und Abrechnungspositionen im Einzelnen wird auf die genannten Rechnungen Bezug genommen. In Höhe eines Teilbetrages von 135,23 EUR (228 DM) gemäß Position 27 (6 m Telefon-Leerrohr DN 100, einschließlich Graben) der Rechnung X/00 vom 28.3.2000 hat die Klägerin die Klage zurückgenommen.
Die Klägerin hat vorgetragen:
Die Beklagten müssten eine restliche Vergütung von 73.845,99 EUR zahlen. Die Leistungen gemäß den Zusatzrechnungen seien von ihnen in Auftrag gegeben und von der Klägerin erbracht worden. Die von ihr, der Klägerin, in Ansatz gebrachten Preise seien "üblich und angemessen". Die von den Beklagten am 2.9.1999 gezahlten 15.000 DM hätten nicht die in Rechnung gestellten Mehrleistungen, sondern Erdarbeiten betroffen, die von ihr, der Klägerin, vor Ausführung des Bauvertrages aufgrund einer gesonderten Vereinbarung ausgeführt worden seien.
Die Klägerin hat beantragt, die Beklagten als Gesamtschuldner zu verurteilen, an sie, die Klägerin, 73.845,99 EUR nebst Zinsen i.H.v. 5 Prozentpunkten über dem Basiszins seit dem 3.1.2001 zu zahlen.
Die Beklagten haben beantragt, die Klage abzuweisen.
Sie haben vorgetragen:
Das Vergütungsbegehren der Klägerin sei unbegründet. Diese habe die schlüsselfertige Erstellung des Hauses zu einem Betrag von 553.624 DM als Festpreis zugesagt. Weiterhin sei vereinbart worden, dass sie, die Beklagten, für die Erdarbeiten, mithin auch für die Leistungen gemäß Positionen 21 bis 27 der Rechnung X/00 vom 28.3.2000, 15.000 DM zahlen sollten. Weil die Klägerin ihre Zusage, die Grundstücksabgrenzung zur Straße in Form einer Mauer als im Preis mit eingeschlossen zu bauen sowie den Garagenboden mit Verbundsteinen zu belegen, nicht eingehalten hätte, erhöben sie die Einrede des nicht erfüllten Vertrages. Wegen Mängeln der Leistung der Klägerin machten sie ein Zurückbehaltungsrecht geltend. Das LG hat Beweis erhoben durch Einholung verschiedener Sachverständigengutachten, Anhörung des Sachverständigen und Vernehmung eines Zeug...