Entscheidungsstichwort (Thema)
Hausversicherung wegen Leitungswasserschadens
Leitsatz (amtlich)
Bestehen nach den Allgemeinen Vertragsbedingungen einer Hausversicherung ungarischen Rechts Schadensverhütungs- und Minderungspflichten bezüglich des in Ungarn gelegenen Objekts, wonach insbesondere die Wasserleitungen während der Heizperiode fachgerecht zu warten und in betriebsbereitem Zustand zu halten sind und behauptet die Versicherungsnehmerin, dass das Wasserrohrleitungssystem von Wasser entleert worden sei, so dass Frostschäden auszuschließen seien, kann das Vorliegen eines 20 cm langen Risses in einer Rohrleitung zwar ein gewichtiges Indiz dafür sein, dass die Versicherungsnehmerin ihre vertraglichen Pflichten verletzt hat, das Anwesen während ihrer Abwesenheit im Winter ausreichend zu beheizen, die Nichteinholung eines angebotenen Sachverständigensgutachtens, dass der Schaden aber auf einem technischen Defekt in der Hauptwasserzuleitung in Gestalt eines zunächst unbemerkten Lecks am Hauptwasserzuleitungsventil zurückzuführen sei, durch das wieder Wasser in das zunächst entleerte Rohrleitungssystem gelaufen sei, obwohl das Ventil eigentlich geschlossen gewesen sei, stellt einen Verfahrensfehler dar.
Normenkette
EGVO Nr. 44/2001; ZPO § 531 Abs. 2 S. 1 Nr. 3
Verfahrensgang
LG Mainz (Urteil vom 21.01.2015; Aktenzeichen 4 O 240/13) |
Tenor
1. Auf die Berufung der Klägerin wird das Urteil der 4. Zivilkammer des LG Mainz vom 21.1.2015 und das diesem zugrunde liegende Verfahren aufgehoben und die Sache an die 4. Zivilkammer des LG Mainz zurückverwiesen.
2. Dem LG bleibt auch die Entscheidung über die Kosten des Berufungsverfahrens vorbehalten.
3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Gründe
I. Die Klägerin nimmt die Beklagte aus einer Hausversicherung wegen Leitungswasserschadens in Anspruch.
Die Klägerin ist alleinige Eigentümerin des Einfamilienhauses in P. in Ungarn. Für das Anwesen wurde am 13.8.2007 eine "Überwachende Familien- und Hausversicherung" unter der Versicherungsnummer xyz und der Kundennummer xyz abgeschlossen. Bei Abschluss des Vertrages gab die Klägerin an, dass die Immobilie nicht dauerhaft bewohnt sei. Die Versicherungsbedingungen der Beklagten sind in einer Kundeninformationsbroschüre niedergelegt, die der Klägerin in englischer und ungarischer Sprache ausgehändigt worden ist.
Ausweislich der dem Vertrag zugrunde liegenden Bedingungen stellt ein Rohrbruch eine versicherte Gefahr dar. Als Rohrbruch ist dabei der Verlust oder die Beschädigung der versicherten Sache durch Mangel, Platzen, Rissbildung, Punktion, Verstopfung oder mangelhafte Dichtungen an den Rohren für Wasser, Niederschlag und Abwasser sowie die Warmwasserversorgung und Heizungsanlagen, Klimaanlagen zusammen mit ihrem Zubehör, Armaturen und Geräten in den Außenwänden des Gebäudes anzusehen. Im Falle des Verlustes oder der Beschädigung der versicherten Sache deckt die Versicherung die Kosten der Erfassung der Schäden in den versicherten Rohren, die Kosten der Schadensverhütung, begrenzt auf die Reparatur von maximal 6 m Rohr, bei Rohrbruch, Rissen oder Verstopfung die Kosten für ein 6 m neues Rohr und dessen Verlegung.
Ausweislich L) der Versicherungsbedingungen der Beklagten bestehen Schadensverhütungs- und -minderungspflichten, welche unter anderem vorsehen, dass die Wasserleitungen und die damit angeschlossenen Geräte fachgerecht zu warten sind und dafür Sorge zu tragen ist, dass diese in betriebsbereitem Zustand zu halten sind und die Vorschriften eingehalten werden. Zudem soll während der Heizperiode vom 15.10. bis 15.4. gewährleistet werden, dass, wenn die Leitungen vorübergehend nicht in Gebrauch sind, das Wasserrohrleitungssystem vom Wasser entleert wird bzw. notwendige Maßnahmen ergriffen werden, um Frostschäden zu vermeiden. Nach der Informationsbroschüre der Beklagten entfällt die Entschädigungspflicht des Versicherers, wenn die Aufklärung von wesentlichen Umständen des Schadensfalles wegen erheblicher Änderungen unmöglich wird; ausgenommen hiervon sind unerlässlich vorzunehmende Maßnahmen, die wegen der Schadensminderungspflicht notwendig werden.
Die Klägerin verließ die - in der Folge, wie im Winter jeweils üblich, leerstehende - Immobilie im Oktober 2011. Im Februar 2012 kam es in Europa zu einem außerordentlichen Kälteeinbruch, aufgrund dessen in Ungarn die Temperaturen auf unter -20 Grad Celsius sanken. Am 16.3.2012 überprüften Mitarbeiter des staatlichen Wasserwerkes P. die Zuleitungen zum Haus; in dem entsprechenden Revisionsschacht stellten sie keinerlei Wasserleitungsschäden fest. Allerdings wurde an den genannten Verbrauchsstellen festgestellt, dass gegenüber dem Zählerstand vom Oktober 2011 6 Kubikmeter Wasser verbraucht worden waren.
Am 21.03.2012 stellte die Tochter der Nachbarin H. bei einer Zustandskontrolle des streitgegenständlichen Hauses fest, dass sich im Erdgeschoss in der Küche, in der Vorratskammer neben der Küche und im Bad große Wasserpfützen am Boden befanden. Als am 22.03.2013 zur Kontrolle vorübergeh...