Verfahrensgang
LG Bonn (Aktenzeichen 10 O 114/20) |
Tenor
Der Senat weist darauf hin, dass beabsichtigt ist, die Berufung der Klägerin gegen das am 03.11.2020 verkündete Urteil des Landgerichts Bonn - 10 O 114/20 - nach § 522 Abs. 2 ZPO durch Beschluss zurückzuweisen.
Die Klägerin erhält Gelegenheit zur Stellungnahme innerhalb von drei Wochen ab Zustellung dieses Beschlusses.
Gründe
Der Senat ist einstimmig der Ansicht, dass die zulässige Berufung offensichtlich keine Aussicht auf Erfolg hat (§ 522 Abs. 2 S. 1 Nr. 1 ZPO). Die angefochtene Entscheidung beruht weder auf einer Rechtsverletzung im Sinne des § 546 ZPO noch rechtfertigen die gemäß § 529 ZPO zugrunde zu legenden Tatsachen eine andere Entscheidung (§ 513 Abs. 1 ZPO). Da die zugrunde liegende Rechtssache keine grundsätzliche Bedeutung hat, die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Berufungsgerichts nicht erfordert und eine mündliche Verhandlung nicht geboten ist (§ 522 Abs. 2 S. 1 Nr. 2, 3 und 4 ZPO), soll über das Rechtsmittel durch Beschluss entschieden werden.
Das angefochtene Urteil hält der berufungsgerichtlichen Überprüfung stand. Das Berufungsvorbringen der Klägerin rechtfertigt keine andere rechtliche Beurteilung; das Rechtsmittel ist unbegründet.
1. Das Landgericht hat die Klage ohne Rechtsfehler als unzulässig angesehen, weil es bereits an einem feststellungsfähigen gegenwärtigen Rechtsverhältnis der Parteien fehlt, da die Klägerin ohne Differenzierung zwischen Zeit- und Neuwertentschädigung sinngemäß die Feststellung verlangt, dass die Beklagte verpflichtet sei, die "Kosten" für die Sanierung der an ihrem Haus eingetretenen Risse zu decken. Hierbei hat das Landgericht zutreffend darauf abgestellt, dass der Antrag der Klägerin die Verpflichtung der Beklagten zum Ersatz eines möglichen Neuwertanteils in der Zukunft mit einschließe, also auch den Fall, in welchem die Sanierungskosten den Zeitwert der beschädigten Bauteile übersteigen.
Streitgegenstand einer Feststellungsklage kann nur der Streit über ein Rechtsverhältnis oder die Tatfrage der Echtheit einer Urkunde sein, § 256 Abs. 1 ZPO. Rechtsverhältnis ist die Beziehung einer Person zu einer anderen Person oder Sache, die ein (mit materieller Rechtskraftwirkung feststellbares) subjektives Recht enthält oder aus der solche Rechte entspringen können. Das Rechtsverhältnis muss grundsätzlich ein gegenwärtiges sein (BGHZ 37, 137, 144). Unzulässig ist dagegen eine Klage auf Feststellung von Rechtsfolgen aus einem erst künftig (möglicherweise) entstehenden Rechtsverhältnis (BGH NJW 1993, 925, 928; BGH NJW-RR 2001, 957).
Die von der Klägerin begehrte Feststellung, dass die Beklagte verpflichtet ist, die Kosten zur Sanierung der Risseschäden an ihrem Haus zu erstatten, stellt, da sie auch den Neuwertanteil mit umfasst, kein gegenwärtiges Rechtsverhältnis im Sinne des § 256 Abs. 1 ZPO dar. Nach der zwischen den Parteien vereinbarten Klausel in § 26 Ziff. 9 S.1 der VGB 2002 erwirbt der Versicherungsnehmer den Anspruch auf Zahlung des Teils der Entschädigung, der den Zeitwertschaden übersteigt (Neuwertanteil), nur, "soweit und sobald er innerhalb von drei Jahren nach Eintritt des Versicherungsfalles sicherstellt, dass er die Entschädigung verwenden wird, um versicherte Sachen in gleicher Art und Zweckbestimmung an der bisherigen Stelle wiederherzustellen oder wiederzubeschaffen". Es handelt sich somit um eine strenge Wiederherstellungsklausel, nach der die Sicherstellung der Verwendung der Entschädigung zur Wiederherstellung oder Wiederbeschaffung Voraussetzung für die Entstehung des Anspruchs auf Ersatz des Schadens ist, der über den Zeitwertschaden hinausgeht (vgl. Senatsbeschluss vom 12.03.2018 - 9 W 7/18 - BeckRS 2018, 24999; Senatsurteil vom 21.10.2008 - 9 U 55/08 -, r + s 2009, 157, 157 f.). Die strenge Wiederherstellungsklausel dient der Begrenzung des subjektiven Risikos des Versicherers, der davor geschützt werden soll, dass der Versicherungsnehmer - wie bei freier Verwendbarkeit der Versicherungsleistung - in Versuchung geraten könnte, sich durch Vortäuschen eines Versicherungsfalles Vermögensvorteile zu verschaffen. Diese Gefahr besteht nicht mehr, wenn der Versicherungsnehmer die zerstörte Sache wiederherstellt und damit den Sachwert erhalten hat, der ihm durch die Neuwertentschädigung vergütet werden soll (BGH NJW-RR 1990, 920, 920 f.; BGH r + s 2011, 433, 434, Rdnr. 16). Um die Durchbrechung des versicherungsrechtlichen Bereicherungsverbots zu rechtfertigen und präventiv Missbrauch auszuschließen, kann die Neuwertspitze daher nur verlangt werden, wenn und soweit der Versicherungsnehmer mehr verbaut hat als den Wert des Hauses zum Zeitpunkt des Schadenereignisses, den Zeitwert. Soweit der Versicherungsnehmer lediglich versichert, er werde das Gebäude wiederherstellen, ändert dies an der Unzulässigkeit des Antrags nichts. Die bloße Absicht, die Sache wiederherstellen zu wollen, und die Zusicherung dieser Absicht gegenüber dem Versicherer...