Verfahrensgang

StA Köln (Entscheidung vom 08.07.2013; Aktenzeichen 972 Js 5420/13)

 

Tenor

  • I.

    Unter Aufhebung des angefochtenen Beschlusses wird dem Angeklagten Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gegen die Versäumung der Berufungshauptverhandlung gewährt.

  • II.

    Die Revision des Angeklagten ist damit gegenstandslos.

  • III.

    Das Verfahren wird eingestellt, soweit der Angeklagte wegen eines Diebstahls am 19. April 2013 gemäß Anklage vom 8. Juli 2013 (972 Js 5420/13 StA Köln) verurteilt worden ist.

  • IV.

    Der Angeklagte hat die Kosten der Wiedereinsetzung zu tragen. Die Kosten des Beschwerdeverfahrens und der Teileinstellung einschließlich der dem Angeklagten jeweils entstandenen notwendigen Auslagen trägt die Staatskasse.

 

Gründe

I.

Die Generalstaatsanwaltschaft hat den derzeitigen Sachstand wie folgt dargestellt:

"Durch Urteil vom 17.01.2014 - 528 Ds 331/13 - hat das Amtsgericht Köln den Angeklagten wegen Diebstahls geringwertiger Sachen in zwei Fällen zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von vier Monaten verurteilt (Bl. 80, 93 ff. d. A.).

(...)

Die vom Angeklagten eingelegte Berufung hat das Landgericht Köln durch Urteil vom 08.09.2014 - 151 Ns 37/14 - verworfen, nachdem der Angeklagte trotz ordnungsgemäßer Ladung zum Termin nicht erschienen war (Bl. 113 ff. d. A.). Das Urteil ist dem Verteidiger am 12.09.2014 zugestellt worden (Bl. 156 d. A.).

Mit am 15.09.2014 beim Landgericht eingegangenen Schriftsatz hat der Verteidiger Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gegen die Versäumung der Berufungshauptverhandlung beantragt und zugleich Revision gegen das Urteil eingelegt (Bl. 122 f. d. A.). Hierzu hat er vorgetragen, dass der Angeklagte am 08.09.2014 verhandlungsunfähig gewesen sei. Dieser leide "seit geraumer Zeit an einer nicht näher bezeichneten somatoforme(n) Störung, einer Gastritis, einer Achalasie, sowie an einer anankastischen Persönlichkeitsstörung." Hierbei handele es sich um eine chronische Erkrankung, die mit täglichem Erbrechen einhergehe und zu einem starken Gewichtsverlust des Mandanten geführt habe, der aktuell nur noch 46 kg wiege. Am Verhandlungstag sei der Mandant fiebrig, bettlägerig und aufgrund von akuten Brechzuständen nicht in der Lage gewesen, an der Hauptverhandlung teilzunehmen. Zur Glaubhaftmachung hat er eine Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung des Hausarztes Dr. med. C vom 10.09.2014 für die Zeit vom 08.09.2010 bis zum 10.09.2010 vorgelegt, die eine "Somatoforme Störung, nicht näher bezeichnet, G. {F45.9G}" ausweist (Bl. 127 d. A.), sowie eine ausführliche ärztliche Bescheinigung vom 17.06.2014, welche sämtliche bislang erhobenen Diagnosen, die Anamnese und Medikationen beschreibt (Bl. 124 ff. d. A.). Weiter hat der Verteidiger mitgeteilt, dass der Angeklagte bemüht sei, ein weiteres ärztliches Attest zu erhalten, es ihm allerdings nicht möglich gewesen sei, einen Arzttermin innerhalb der Wochenfrist zu erhalten. Mit Schriftsatz vom 26.09.2014 hat der Verteidiger ein weiteres ärztliches Attest vom 17.09.2014 übermittelt, welches allerdings nur in Kurzform auf die chronische Erkrankung des Patienten und die gestellten Diagnosen verweist (Bl. 133 d. A.).

Mit Beschluss vom 27.10.2014 hat das Landgericht den Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gegen die Versäumung der Berufungshauptverhandlung als unzulässig verworfen (Bl. 136 ff. d. A.). Zur Begründung hat es ausgeführt, der Angeklagte sei seiner umfassenden Darlegungspflicht nicht gerecht geworden. Die von dem Angeklagten vorgelegte Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung vom 10.09.2014 reiche nicht aus, um das Fernbleiben am 08.09.2014 genügend zu entschuldigen, da der Diagnose nicht zu entnehmen sei, dass es dem Angeklagten unzumutbar gewesen sei, an einem Termin zur Hauptverhandlung aus Gesundheitsgründen teilzunehmen. Auch ließen sich daraus keine Rückschlüsse auf die tatsächlichen Auswirkungen der Erkrankung oder auf den aktuellen Gesundheitszustand des Angeklagten ziehen. Auch die ärztlichen Bescheinigungen vom 17.06.2014 und 17.09.2014 trügen hierzu nichts bei.

An der Verwerfung sei die Kammer auch nicht aufgrund eines Verfahrenshindernisses gehindert gewesen. Zwar liege kein Eröffnungsbeschluss für das Verfahren 972 Js 5420/13 vor. Allerdings habe das Amtsgericht bei der Verbindung der Verfahren durch die Beiordnung des Pflichtverteidigers für beide verbundene Verfahren und durch die Prüfung einer psychiatrischen Begutachtung vor erneuter Terminierung erkennbar die Eröffnungsvoraussetzungen des betreffenden Verfahrens geprüft.

Der Beschluss ist dem Verteidiger am 07.11.2014 zugestellt worden (Bl. 153 d. A.).

Mit am 10.11.2014 beim Landgericht eingegangenen Schriftsatz seines Verteidigers vom selben Tag (Bl. 143 f. d. A.) hat der Angeklagte gegen die Entscheidung sofortige Beschwerde eingelegt und zur Begründung im weiteren Schriftsatz vom 26.11.2014 (Bl. 147 ff. d. A.) u. a. ausgeführt, dass das Berufungsgericht den Rechtsbegriff der genügenden Entschuldigung im Sinne des § 329 Abs. 1 StPO verkannt habe. In Anbetracht der vorgelegten Unterlagen, d...

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