Leitsatz (amtlich)
1.
Zahlungen, die ein Pflichtverteidiger für seine Tätigkeit im Ermittlungsverfahren von seinem Mandanten erhalten hat, sind nach § 58 Abs. 3 RVG auf seine Pflichtverteidigergebühren für die gesamte erste Instanz anzurechnen. Dieses Ergebnis ist weder durch die Gestaltung des Kostenfestsetzungsantrages noch durch Honorarvereinbarungen zu umgehen.
2.
Auch Zahlungen auf Auslagen (Reisekosten) sind grundsätzlich nach § 58 Abs. 3 RVG anzurechnen.
Tenor
Die Beschwerde wird verworfen.
Das Beschwerdeverfahren ist gebührenfrei. Kosten werden nicht erstattet (§ 56 Abs. 2 RVG).
Gründe
I.
Der Beschwerdeführer war Pflichtverteidiger des Angeklagten. Mit Schriftsatz vom 06.09.2007 hat er die Festsetzung seiner Pflichtverteidigergebühren und Auslagen in Höhe von insgesamt 22.211,53 EUR beantragt. Bei der Antragstellung hat er mitgeteilt, er habe "Zahlungen Auftraggeber/Dritter" in Höhe von 13.762,40 EUR erhalten. In einer Anlage zum Antrag hat er weiter folgendes angegeben :
"Ich habe Zahlungen in Höhe von 60.380 EUR brutto erhalten.
Aufgrund der mit dem Mandanten getroffenen Honorarvereinbarung sind im Ermittlungsverfahren bereits verbrauchte Honorare in Höhe von 38.289,32 EUR auf den Verfahrensabschnitt "Ermittlungsverfahren" gebucht worden. Dieser Betrag ist in diesem Verfahrensabschnitt eingenommen worden. Eine Gebühr gem. 4105 VV RVG wurde vor diesem Hintergrund nicht beim Kostenfestsetzungsantrag in Ansatz gebracht.
Eine Anrechnung des weiteren Vorschusses auf meinen Erstattungsanspruch gegenüber der Landeskasse besteht nicht, so daß die Pflichtverteidigerkosten wie beantragt festzusetzen sind."
Der Rechtspfleger hat den Kostenfestsetzungsantrag zurückgewiesen mit der Begründung, die erhaltenen Vorschüsse seien gemäß § 58 Abs. 3 RVG in vollem Umfang auf die für die erste Instanz entstandenen Pflichtverteidigergebühren anzurechnen, da das Ermittlungsverfahren keinen eigenständigen Verfahrensabschnitt im Sinne von § 58 Abs. 3 RVG darstelle.
Die hiergegen gerichtete Erinnerung hat das Landgericht mit Beschluss vom 30.01.2008 zurückgewiesen. Der dagegen eingelegten Beschwerde hat das Landgericht nicht abgeholfen.
II.
1.
Die Beschwerde ist nach §§ 56 Abs. 2, 33 Abs. 3 RVG zulässig, bleibt aber ohne Erfolg. Der Beschwerdewert von 200 EUR ist erreicht und das Rechtsmittel ist innerhalb der 2-Wochenfrist eingelegt worden.
2.
Da über die Erinnerung anstelle des nach § 33 Abs. 8 S. 1 RVG an sich zur Entscheidung berufenen Einzelrichters die Strafkammer entschieden hat, hatte der Senat im Beschwerdeverfahren ebenfalls in der Besetzung mit 3 Richtern zu entscheiden.
3.
Der Senat tritt der Auffassung des Landgerichts bei, nach der Vorschüsse, die ein Pflichtverteidiger für seine Tätigkeit im Ermittlungsverfahren erhalten hat, auf seine Pflichtverteidigergebühren und Auslagen für die erste Instanz nach § 58 Abs. 3 RVG anzurechnen sind. Diese Ergebnis ist weder durch die Gestaltung des Kostenfestsetzungsantrages noch durch Honorarvereinbarungen zu umgehen.
(Riedel/Sußbauer- Schmahl, RVG, 9. Aufl., § 58 Randnr 25).
4.
Nach § 58 Abs. 3 Satz 1 RVG sind Vorschüsse und Zahlungen, die der Verteidiger für bestimmte Verfahrensabschnitte erhalten hat, auf die von der Staatskasse für diese Verfahrensabschnitte zu zahlenden Gebühren anzurechnen.
a)
Zu der Frage, wie der Begriff der "bestimmten Verfahrensabschnitte" zu verstehen ist, bestehen in der Rechtsprechung unterschiedliche Auffassungen.
Teilweise wird § 58 Abs. 3 RVG dahin verstanden, dass Vorschüsse auf in der gleichen Instanz entstandene Gebühren anzurechnen sind; das soll ausdrücklich auch für die Tätigkeit des Verteidigers im Ermittlungsverfahren gelten (OLG Oldenburg Beschl. v. 10.05.2007 - 1 Ws 220/07- ; OLG Stuttgart Beschl. v. 13.07.2007 - 2 Ws 161/07 -).
Demgegenüber hat das OLG Frankfurt entschieden, dass die Auffassung (der Vorinstanz), Vorschüsse aus dem Ermittlungsverfahren seien auf die Gebühren des gerichtlichen Verfahrens anzurechnen, in dieser Allgemeinheit unzutreffend sei.
(Beschl. v. 14.12.2006 - 2 Ws 164/06 - = NStZ-RR 2007, 328).
b)
Im Schrifttum wird der Begriff der "bestimmten Verfahrensabschnitte" überwiegend einschränkend so verstanden, dass sich der Verteidiger Zahlungen, die er für seine Tätigkeit in der 1. Instanz erhält, auf die Pflichtverteidigergebühren der gleichen Instanz anrechnen lassen muß; es komme als Maßstab für die Beurteilung der Anrechenbarkeit von Vorschüssen "meist das ganze Verfahren" in Betracht; Voraussetzung der Anrechnung sei, dass die Zahlung in derselben Angelegenheit erfolgt sei; Vorschüsse aus anderen Instanzen seien nicht anzurechnen (Gerold-Schmidt/Madert, RVG, 16. Aufl., § 58 Randnr. 36; Hartung/Römermann/Schons, RVG, 2. Aufl., § 58 Randnr. 70; AnwK-RVG - Schnapp/N. Schneider, 3.Aufl., § 58 Randnr. 36; Mayer/Kroiß, RVG, 1. Aufl., § 58 Randnr. 16; Bischof-Bräuer, RVG, 2. Aufl., § 58 Rndnr. 19; Hartmann, Kostengesetze, 38. Aufl., § 58 RVG, Randr. 19 f).
Abweichend hiervon vertritt Burhoff die - auch vom Beschwerdeführer geteilte - A...