Leitsatz (amtlich)

Hat der Vollstreckungsschuldner über die Räumlichkeiten, in denen die titulierten Arbeiten durchgeführt werden sollen, keine Verfügungsgewalt, richtet sich die Zwangsvollstreckung nicht nach § 887 sondern nach § 888 ZPO.

Auch unter Berücksichtigung aller Darlegungs- und Beweiserleichterungen verbleibt letztlich die Beweislast dafür, dass dem Vollstreckungsschuldner die Erbringung der titulierten Leistung (noch) möglich ist, beim Vollstreckungsgläubiger.

 

Normenkette

ZPO §§ 887-888

 

Verfahrensgang

LG Köln (Aktenzeichen 21 O 22/01)

 

Tenor

Auf die sofortige Beschwerde der Vollstreckungsschuldner wird der Beschluss des LG Köln v. 25.3.2002 – 21 O 22/01 abgeändert und wie folgt neu gefasst:

Der Antrag der Vollstreckungsgläubiger auf Festsetzung eines Zwangsgeldes bzw. Zwanghaft gegen die Vollstreckungsschuldner wird zurückgewiesen.

Die Kosten des Beschwerdeverfahrens werden den Vollstreckungsgläubigern auferlegt.

 

Gründe

Die zulässige sofortige Beschwerde der Vollstreckungsschuldner hat in der Sache Erfolg. Die beantragte Festsetzung eines Zwangsgeldes gem. § 888 ZPO ist zurückzuweisen, da den Vollstreckungsschuldnern nach Überzeugung des Senats die Erbringung der aus dem Teilanerkenntnisurteil des LG Köln v. 13.12.2001 – 21 O 22/01 geschuldeten Leistung derzeit nicht möglich ist.

1. Die von den Vollstreckungsschuldnern zu erzwingende Handlung, das Freilegen/Freistemmen und anschließende dauerelastische Versiegeln der Randentkupplungsfugen der Wohnung im ersten Obergeschoss des Hauses A.d.W. 2a ist an sich eine vertretbare Handlung, die nach § 887 ZPO zu vollstrecken wäre. Denn es handelt sich dabei um handwerkliche Tätigkeiten, die von einem Dritten anstelle der Vollstreckungsschuldner vorgenommen werden können, ohne dass es den Vollstreckungsgläubigern darauf ankäme, dass sie gerade von den Vollstreckungsschuldnern selbst vorgenommen werden (Zöller/Stöber, ZPO, 23. Aufl., § 887 Rz. 2 m.w.N.). Anders ist es hingegen, wenn die Vollstreckungsschuldner, wie im vorliegenden Fall, keine Verfügungsgewalt über die Räumlichkeiten haben, die der von den Vollstreckungsgläubigern beauftragte Dritte zur Ausführung der handwerklichen Leistungen betreten müsste. Gegen den Eigentümer und die Mieter der im ersten Obergeschoss gelegenen Wohnungen richtet sich weder der Leistungstitel der Vollstreckungsgläubiger, noch kann der Gerichtsvollzieher gegen sie nach § 892 ZPO eingesetzt werden. In einem derartigen Fall ist eine Zwangsvollstreckung nach § 887 ZPO nur dann möglich, wenn der Eigentümer und der Mieter sein Einverständnis mit der durchzuführenden Maßnahme erklärt hat, oder wenn die Vollstreckungsgläubiger einen eigenen Duldungstitel gegen den Eigentümer und Mieter in den Händen halten (OLG Frankfurt v. 15.4.1982 – 20 W 125/82, OLGZ 1983, 97 = MDR 1983, 141; BayObLG v. 29.12.1988 – BReg.2 Z 79/88, NJW-RR 1989, 462 m.w.N.). Da im vorliegenden Fall die Eigentümerin der Wohnung im ersten Obergeschoss einer Durchführung der Randentkopplungsmaßnahmen in der an ihren Vater vermieteten Wohnung nicht zugestimmt hat und die Vollstreckungsgläubiger gegen sie auch keinen entsprechenden Duldungstitel in den Händen haben, scheidet eine Vollstreckung nach § 887 ZPO aus (Zöller/Stöber, ZPO, 23. Aufl., § 888 Rz. 2). In derartigen Fällen ist daher die Zwangsvollstreckung nach § 888 Abs. 1 ZPO durchzuführen (vgl. die Nachweise bei Schuschke/Walker, Zwangsvollstreckungsrecht, 2. Aufl., § 888 Rz. 6 ff.).

Entgegen der früher vertretenen Ansicht, wonach eine Zwangsvollstreckung nach § 888 ZPO immer schon dann ausschied, wenn die Mitwirkungsbereitschaft der Dritten, die mitwirken oder zustimmen müssen, nicht eindeutig gegeben war (OLG Hamm OLGZ 1966, 443), geht der Senat mit der heute vorherrschenden Meinung davon aus, dass eine Zwangsvollstreckung nach § 888 ZPO nur dann ausscheidet, wenn feststeht, dass der Dritte, der mitwirken oder zustimmen muss, nicht dazu bereit ist. Voraussetzung für eine derartige Feststellung ist jedoch, dass der Vollstreckungsschuldner alles in seiner Macht Stehende getan hat, um die Mitwirkung oder Zustimmung des Dritten zu erlangen, und dass er seine darauf gerichteten Bemühungen im Einzelnen darlegt (Schuschke/Walker, Zwangsvollstreckungsrecht, 2. Aufl., § 888 Rz. 9 m.w.N.; BayObLG v. 29.12.1988 – BReg.2 Z 79/88, NJW-RR 1989, 462 m.w.N.).

Da aufgrund des Titels davon auszugehen ist, dass den Vollstreckungsschuldnern zum Zeitpunkt der Titulierung die Vornahme der Handlung möglich war, müssen sie im Vollstreckungsverfahren die Tatsachen einschließlich der Beweismittel, aus denen sich die Unmöglichkeit der Handlungsvornahme ergibt, in einer für den Gläubiger überprüfbaren und substantiierten Weise darlegen. Je mehr die Behauptung, die Leistung sei unmöglich, der allgemeinen Lebenserfahrung widerspricht, um so strenger müssen die Anforderungen an die Darlegung von Einzelheiten und Beweismitteln sein. Bleiben aber unter Berücksichtigung dieses strengen Maßstabes hinsichtlich der Darlegungspflicht des Vollstreckung...

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