Entscheidungsstichwort (Thema)
Begründung von Masseverbindlichkeiten im Schutzschirmverfahren nur mit Anordnung des Insolvenzgerichts
Verfahrensgang
LG Köln (Urteil vom 04.07.2014; Aktenzeichen 16 O 575/13) |
Tenor
Der Senat beabsichtigt, die Berufung der Beklagten gegen das am 4.7.2014 verkündete Urteil der 16. Zivilkammer des LG Köln - 16 O 575/13 - durch einstimmigen Beschluss gem. § 522 Abs. 2 ZPO zurückzuweisen.
Die Beklagte erhält Gelegenheit, hierzu bis zum 21.11.2014 Stellung zu nehmen.
Gründe
I. Die zulässige Berufung hat in der Sache offensichtlich keine Aussicht auf Erfolg (§ 522 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 ZPO). Die Verurteilung der Beklagten durch das LG beruht weder auf einer Rechtsverletzung; noch rechtfertigen die nach § 529 ZPO zugrunde zu legenden Tatsachen eine andere Entscheidung (§ 513 Abs. 1 ZPO).
Die Klage hat Erfolg.
Der nach § 280 InsO als Sachwalter anfechtungsbefugte Kläger hat seine Prozessführungsbefugnis nicht aufgrund der mit Ablauf des 30.4.2014 eingetretenen Verfahrensaufhebung verloren. Denn in dem von ihm auszugsweise vorgelegten Insolvenzplan ist unter Ziff. 8.7.1. die Fortführung rechtshängiger Anfechtungsverfahren durch den Sachwalter vorgesehen (§ 259 Abs. 3 InsO); die vorliegende Klage war bereits rechtshängig. Nach Ziff. 8.7.3. des Insolvenzplans ist der Kläger zur Einziehung befugt.
Der Klageanspruch i.H.v. 108.986,52 EUR ist begründet aus §§ 143 Abs. 1, 130 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 InsO.
1. Das LG hat mit Recht und zutreffender Begründung angenommen, dass die Beklagte die angefochtenen Zahlungen als Insolvenzgläubigerin, nämlich als persönliche Gläubigerin eines vor Eröffnung des Insolvenzverfahrens begründeten - und erfüllten - Anspruchs i.S.d. § 38 InsO erlangt hat. Die Ansprüche der Beklagten waren nicht als Masseverbindlichkeiten begründet worden, die nicht unter § 38 InsO fallen würden, sondern nach Maßgabe des § 53 InsO bevorrechtigt zu befriedigen gewesen wären.
Dies folgt daraus, dass das Insolvenzgericht der Schuldnerin keine Ermächtigung zur Begründung von Masseverbindlichkeiten nach § 270b Abs. 3 InsO erteilt hatte. Den dafür notwendigen Antrag hatte die Schuldnerin in ihrem Antrag vom 9.9.2013 auf Einleitung des Schutzschirmverfahrens nach § 270b Abs. 3 InsO auch nicht gestellt. Ohne die Ermächtigung nach § 270b Abs. 3 InsO aber war die Schuldnerin entgegen der Auffassung der Berufung nicht in der Lage, Masseverbindlichkeiten zu begründen; ohne eine solche Ermächtigung gilt die Verweisung auf § 55 Abs. 2 InsO nicht. Nach der Gesetzesbegründung wird dem Schuldner mit der Vorschrift die Möglichkeit eröffnet, über eine Anordnung des Gerichts quasi in die Rechtsstellung eines starken vorläufigen Verwalters einzurücken; mit der Anordnung erlangt er die Befugnis, durch alle seine Rechtshandlungen Masseverbindlichkeiten zu begründen (BT-Drucks. 17/7511, 37). Daraus ergibt sich, dass dem Schuldner ohne die gerichtliche Ermächtigung die Befugnis zur Begründung von Masseverbindlichkeiten fehlt. Soweit die Berufung unter Verweis auf Larenz ("Methodenlehre, 6. Aufl., S 391") anführt, es sei keine Frage der formalen Logik, ob eine gesetzliche Regel einen Umkehrschluss erlaube, sondern eine Frage "der gesetzlichen Teleologie und der in ihr zum Ausdruck gelangten Wertung, also der ratio legis", zitiert sie zutreffend. Indes ist danach der Umkehrschluss angesichts der Teleologie, wie sie der oben zitierten Gesetzesbegründung zu entnehmen ist, gerade geboten.
Dass ohne gerichtliche Ermächtigung eine Kompetenz zur Begründung von Masseverbindlichkeiten fehlt, ist in Bezug auf das Schutzschirmverfahren nach § 270b InsO im Hinblick auf die klare Regelung des § 270b Abs. 3 InsO unbestritten und entspricht auch in Bezug auf Verfahren nach der Bestimmung des § 270a InsO, die eine dem § 270b Abs. 3 InsO entsprechende Regelung nicht enthält, ganz herrschender Auffassung in Rechtsprechung und Literatur (OLG Dresden NZI 2014, 703; Pape ZIP 2013, 2285, 2291 f.; Marotzke DB 2013, 1283, 1286; Klinck ZIP 2013, 853; Rendels EWiR 2014, 525, 526; a.A. - nur für das Verfahren nach § 270a InsO - AG Montabaur, Beschl. v. 27.12.2012 - 14 IN 282/12 - juris). Die in Rechtsprechung und Literatur insbesondere für das Verfahren nach § 270a InsO unterschiedlich beantworteten Fragen, ob die Ermächtigung global oder einzeln und ob sie dem Schuldner oder dem Sachwalter zu erteilen ist, sind für den Streitfall ohne Bedeutung, weil es hier an jeglicher Ermächtigung durch das Insolvenzgericht fehlt.
Demgegenüber kann den rechtssystematischen Überlegungen der Berufung nicht gefolgt werden; diese stehen mit der gesetzlichen Regelung des § 270b InsO und der bei der Eigenverwaltung zugrunde liegenden Systematik nicht im Einklang. Eine Kompetenz des Schuldners zur Begründung von Masseverbindlichkeiten folgt nicht bereits daraus, dass ihm mangels Einschränkung durch das Insolvenzgericht die Verfügungs- und Verwaltungsbefugnis verbleibt. Diese ist Ausfluss der Privatautonomie; nichts anderes gilt für die Fähigkeit, schlechthin Verbind...