Leitsatz (amtlich)

Setzt das angerufene Gericht rechtsfehlerhaft den Prozess aus, um dem Kläger Gelegenheit zu geben, das Güteverfahren nachzuholen, dann sind die anlässlich dessen entstehenden Anwaltsgebühren des Beklagten Vorbereitungskosten i.S.d. § 91 Abs. 1+2 ZPO.

 

Normenkette

ZPO § 91 Abs. 1-3; EGZPO § 15a Abs. 4; GüSchlG NRW § 10 Abs. 1, 2e)

 

Verfahrensgang

LG Köln (Beschluss vom 17.11.2008; Aktenzeichen 22 O 353/07)

 

Tenor

Der Kostenfestsetzungsbeschluss des Rechtspflegers beim LG Köln vom 17.11.2008 - 22 O 353/07 - wird teilweise abgeändert und wie folgt neu gefasst:

Aufgrund des Beschlusses der 22. Zivilkammer des LG Köln vom 20.5.2008 sind von der Klägerin 2.561,24 EUR nebst Zinsen i.H.v. 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz nach § 247 BGB seit dem 3.6.2008 an die Beklagten zu erstatten.

Die Kosten des Beschwerdeverfahrens trägt die Klägerin.

Gegenstandswert für das Beschwerdeverfahren: 657,28 EUR.

 

Gründe

I. Die Klägerin erhob im Dezember 2006 Klage gegen die Beklagten vor dem AG wegen einer feuchten Kalksandsteinmauer im Grenzbereich ihrer Grundstücke. Dieses verwies den Rechtsstreit an das LG. Im Termin vom 6.11.2007 brachte das LG im Einverständnis mit den Parteien das Verfahren zum Ruhen, um diesen die Möglichkeit zur Durchführung eines Schlichtungsverfahrens nach § 10 Abs. 1, 2e) GüSchlG NRW zu geben. Auf Antrag der Beklagten terminierte das LG sodann auf den 20.5.2008. Nunmehr teilte der Prozessbevollmächtigte der Klägerin mit, man habe Ende 2007 ein Schlichtungsverfahren eingeleitet, sei aber weiter der Ansicht, dessen Durchführung sei nicht Voraussetzung für die Klageerhebung. Im Termin wies das LG nunmehr darauf hin, dass die Klage mangels vorheriger Durchführung des Schlichtungsverfahrens unzulässig sein dürfte und nahm hierzu Bezug auf eine Entscheidung des OLG Köln. Hieraufhin nahm die Klägerin die Klage noch im Termin zurück. Der Gütetermin am 17.6.2008 blieb erfolglos.

Zur Festsetzung angemeldet haben die Beklagten u.a. eine 1,8 Geschäftsgebühr nach Nr. 2303 RVG-VV i.H.v. 657,28 EUR mit der Begründung, ihr Verfahrensbevollmächtigter habe sich - was insoweit unstreitig ist - für sie ggü. der Schlichtungsstelle bestellt.

Der Rechtspfleger hat die Festsetzung abgelehnt und zur Begründung auf zwei obergerichtliche Entscheidungen verwiesen.

Hiergegen richtet sich die sofortige Beschwerde der Beklagten. Sie verweisen auf § 91 Abs. 3 ZPO. Die Klägerin ist der Ansicht, die Kostengrundentscheidung des LG umfasse die hier in Rede stehenden Kosten nicht.

Der Rechtspfleger hat dem Rechtsmittel nicht abgeholfen und die Sache dem Senat zur Entscheidung vorgelegt.

II. Die gem. § 104 Abs. 3 Satz 1 ZPO i.V.m. § 11 Abs. 1 RpflG statthafte und auch ansonsten verfahrensrechtlich unbedenklich zulässige sofortige Beschwerde hat auch in der Sache selbst vollen Erfolg.

Die Beklagten haben Anspruch auf Erstattung der anlässlich des Schlichtungsverfahrens entstandenen Anwaltsgebühren. Die Entscheidung des Rechtspflegers wird dem zugrunde liegenden Sachverhalt nicht gerecht und schöpft diesen nicht aus.

Die Streitfrage, ob anlässlich des Güteverfahrens entstehende Anwaltsgebühren als Vorbereitungskosten i.S.v. § 91 Abs. 1 und 2 ZPO erstattungsfähig sind (bejahend: BayObLG NJW-RR 2005, 724 = MDR 2004, 1263; OLG Bremen AnwBl. 2003, 312; LG Mönchengladbach AnwBl. 2003, 312; 313; LG Nürnberg-Fürth NJW-RR 2003, 1508; Baumbach/Lauterbach/Albers/Hartmann, ZPO, 67. Aufl., § 91 Rz. 286; Friedrich NJW 2003, 3534, 3535 f.; Hartman NJW 1999, 3745, 3748; Zöller/Herget, ZPO, 26. Aufl., § 91 Rz. 9) oder nicht mangels einer gesetzlichen Regelung, da sowohl in § 91 Abs. 3 ZPO als auch in § 15a Abs. 4 EGZPO lediglich von Gebühren bzw. Kosten der Gütestelle die Rede ist (so: OLG Hamm AGS 2008, 429; OLG Hamburg MDR 2002, 115 mit krit. Anm. Schütt, S. 116; Pfab Rpfleger 2005, 411), bedarf keiner Entscheidung, weil es darauf nicht ankommt. Die von den Beklagten geltend gemachten Anwaltsgebühren sind im vorliegenden Fall Kosten des Rechtsstreits. Sie sind nicht anlässlich eines vor Einleitung des Rechtsstreites durchgeführten Schlichtungsverfahrens entstanden. Vielmehr ist ein solches Verfahren erst während des bereits laufenden Hauptsacheverfahrens zu dem einzigen Zweck eingeleitet worden, die Zulässigkeit der bereits rechtshängigen Klage nachträglich herbeizuführen. Auch wenn dieses Unterfangen rechtsirrtümlich war, da eine Heilung der Unzulässigkeit nicht möglich ist, ändert dies nichts daran, dass es die Beklagten zur Rechtsverteidigung im Schlichtungsverfahren als erforderlich ansehen durften, sich anwaltlich vertreten zu lassen mit der Folge, dass die entsprechenden Gebühren angesichts der besonderen Fallgestaltung jedenfalls erstattungsfähig sind.

Die Kostenentscheidung ergibt sich aus § 91 Abs. 1 ZPO.

 

Fundstellen

Haufe-Index 2181591

OLGR-Mitte 2009, 746

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