Tenor
Das angefochtene Urteil wird mit seinen Feststellungen aufgehoben.
Die Sache wird zu neuer Verhandlung und Entscheidung - auch über die Kosten der Revision und die dem Nebenkläger in diesem Rechtszug entstandenen notwendigen Auslagen - an eine andere Strafkammer des Landgerichts Bonn zurückverwiesen.
Gründe
I.
Das Amtsgericht hat den Angeklagten wegen fahrlässiger Körperverletzung in Tateinheit mit vorsätzlichem Fahren ohne Fahrerlaubnis zu einer Freiheitsstrafe von 6 Monaten unter Strafaussetzung zur Bewährung verurteilt. Das Landgericht hat die Berufung des Angeklagten durch Urteil gemäß § 329 Abs. 1 StPO verworfen. Hiergegen richtet sich dessen Revision mit der Rüge der Verletzung formellen und materiellen Rechts.
II.
Das Rechtsmittel führt zur Aufhebung des Verwerfungsurteils und zur Zurückverweisung der Sache an die Vorinstanz.
Die zulässig erhobene Verfahrensrüge, der Angeklagte habe nicht als säumig behandelt werden dürfen, greift durch.
1.
Dem Verwerfungsurteil liegt folgendes Verfahrensgeschehen zugrunde:
Das Landgericht hat Termin zur Berufungshauptverhandlung auf den 26.09.2012, 09:00 Uhr anberaumt. Die Verhandlung hat ausweislich der Sitzungsniederschrift von 09:05 Uhr bis 09:36 Uhr gedauert.
In der Sitzungsniederschrift heißt es u.a.:
"Die ordnungsgemäße Ladung des Angeklagten zum heutigen Termin wird ausweislich der Zustellungsurkunde vom 27.07.2012, BI. 157 d. A. festgestellt. Der Verteidiger erklärt den Angeklagten derzeit nicht erreichen zu können; sonstige Gründe für seine Abwesenheit seien ihm nicht bekannt.
Nachdem er einen Anruf erhalten hatte erklärt der Verteidiger:
Ich habe nunmehr über einen Bekannten des Angeklagten, den ich nach dem Nichterscheinen des Angeklagten hier kontaktiert hatte, erfahren, dass dieser seinerseits nunmehr den Angeklagten erreicht hat, der daraufhin sich auf den Weg von seiner Wohnung zur Gerichtsstelle gemacht habe.
...
Der Verteidiger beantragt, die Sitzung für 15 Minuten bis 09:30 Uhr zu unterbrechen.
Anordnung des Vorsitzenden:
Unterbrechung wird nicht gewährt.
Antrag des Verteidigers auf Kammerentscheidung.
Die Sitzung wird um 9:12 Uhr zum Zwecke der Kammerberatung unterbrochen.
Wiederbeginn der Sitzung um 09:19 Uhr.
b.u.v.
Die Anordnung des Vorsitzenden wird nicht bestätigt. Die Sitzung wird bis 09:30 Uhr unterbrochen.
Gründe
Die Durchsetzung der im Gesetz zwingenden Folge des Nichterscheinens, erschien hier unangemessen. In dieser Stringenz wird gegenüber Anderen - größeren Fischen - nicht vorgegangen.
Die Sitzung wird von 09:21 Uhr bis 09:30 Uhr unterbrochen. Die Fortsetzung erfolgt mit denselben Verfahrensbeteiligten wie vor der Unterbrechung.
Auch bei erneutem Aufruf der Sache erscheint der Angeklagte um 09:31 Uhr nicht.
Der Verteidiger stellt einen Antrag, der als Anlage I zum heutigen Protokoll genommen wird.
Nach Beratung am Richtertisch
b.u.v.
Der Antrag wird abgelehnt.
Gründe
Der Angeklagte wurde rechtzeitig geladen und hat seine Wohnung nach jetziger Erkenntnis erst nach Sitzungsbeginn verlassen, welches als ein schuldhaftes Nichterscheinen gewertet wird.
Der Verteidiger beantragt, die Sitzung für 10 Minuten zu unterbrechen, um eine Gegenvorstellung erheben zu können.
Anordnung des Vorsitzenden:
Unterbrechung wird nicht gewährt.
Der Verteidiger rügt die Anordnung und beantragt Kammerentscheidung.
Die Sitzung wird von 09:32 Uhr bis 09:33 Uhr unterbrochen. Die Fortsetzung erfolgt mit denselben Verfahrensbeteiligten wie vor der Unterbrechung.
b.u.v.
Die Anordnung des Vorsitzenden wird bestätigt, weil diese rechtsmäßig ist.
Der Verteidiger beantragt erneut Unterbrechung der Sitzung.
Anordnung des Vorsitzenden: Unterbrechung wird nicht gewährt.
Der Verteidiger rügt die Anordnung, die nach Beratung am Richtertisch mit der gleichen Begründung von der Kammer bestätigt wird.
Der Vertreter der Staatsanwaltschaft stellt Antrag gem. § 329 Abs. 1 StPO.
- nach Beratung am Richtertisch -
Das aus der Anlage II zum heutigen Protokoll ersichtliche Urteil wurde durch Verlesung der Urteilsformel und durch mündliche Mitteilung des wesentlichen Inhalts der Urteilsgründe verkündet: ..."
Der als Anlage I zur Sitzungsniederschrift genommene Antrag des Verteidigers lautet wie folgt:
"...wird beantragt, die Hauptverhandlung bis zum Erscheinen des Herrn P zu unterbrechen; hilfsweise die Hauptverhandlung für höchstens um eine halbe Stunde zu unterbrechen.
Begründung
Herr P wurde vor etwa 2 Monaten zur heutigen Hauptverhandlung geladen. Es erscheint menschlich, wenn ein Angeklagter diesen Termin aufgrund der Zeitspanne versehentlich vergisst. Es wäre unangemessen, auf den Angeklagten, der sich mittlerweile auf den Weg gemacht hat, nicht zu warten und seine durchaus berechtigte Berufung, die Erfolgsaussichten hat, auf diesem Weg zu verwerfen. Das Gericht mag hier sein Ermessen zugunsten des Angeklagten ausüben."
Die Gründe des Verwerfungsurteils lauten wie folgt:
"Der Angeklagte hat gegen das aus dem Tenor ersichtliche Urteil am 20.03.2012 und damit rechtzeitig Berufung eingelegt, ist jedoch in dem heutigen Termin zu...