Verfahrensgang
AG Aachen (Aktenzeichen 228 F 17/20) |
Tenor
1. Der Senat weist darauf hin, dass er beabsichtigt, die Beschwerde des Antragsgegners gegen den Beschluss des Amtsgerichts - Familiengericht - Aachen vom 28.05.2020 - 228 F 17/20 - im schriftlichen Verfahren als unbegründet zurückzuweisen.
2. Die Beteiligten erhalten Gelegenheit zur Stellungnahme zu diesem Hinweis binnen drei Wochen ab Zugang des Beschlusses; die Antragstellerin soll in dieser Frist auch zur Behauptung, es werde seit Februar 2020 monatlich ein Betrag von 745,00 EUR gezahlt, Stellung nehmen und ihr Zahlungsbegehren insoweit gegebenenfalls für erledigt erklären.
Gründe
I. Die zulässige Beschwerde bleibt in der Sache erfolglos. Zu Recht hat das Amtsgericht Trennungsunterhalt im titulierten Umfang zugesprochen.
1. Soweit der Antragsgegner gegen eine Unterhaltspflicht dem Grunde nach grobe Unbilligkeit vorbringt, bleibt dies auch unter Berücksichtigung des Beschwerdevorbringens ohne Erfolg.
Zwar kann eine unterhaltsberechtigte Ehefrau ein über einen Ehebruch als solchen hinausgehender Vorwurf treffen, wenn ein während der Ehe geborenes Kind möglicherweise bei dem Ehebruch gezeugt wurde und sie ihren Ehemann in dem Glauben gelassen hat, dass allein er als Vater des Kindes in Frage kommt. Ein solches Verschweigen der möglichen Vaterschaft eines anderen Manns stellt ein offensichtlich schwerwiegendes Fehlverhalten dar, welches eine Verwirkung von Ansprüchen zu begründen vermag; die Anfechtung der Vaterschaft ist hierfür nicht Voraussetzung (BGH, Urt. v. 15.02.2012 - XII ZR 137/09, FamRZ 2012, 779). Allerdings setzt die Berufung auf ein solches Fehlverhalten nicht nur voraus, dass die anderweitige Vaterschaft unstreitig oder nachgewiesen ist (woran es vorliegend fehlt; im Gegenteil hält der Antragsgegner selbst eine anderweitige Vaterschaft nur für "möglich", Bl. 89 d.A.). Insbesondere fehlt es an tauglichem Vortrag für einen Härtegrund, für welchen u.a. der (bedingte) Vorsatz der Ehefrau erforderlich wäre (vgl. BGH, a.a.O.), weshalb es einer Darlegung dazu bedarf, was die Ehefrau verschwiegen haben soll und wie und wann der Antragsgegner von der Scheinvaterschaft erfahren haben will. Der derzeitige Sachvortrag genügt hierfür nicht ansatzweise, gerade wenn - wie die Antragstellerin anzudeuten scheint - eine eheliche Untreue vor Geburt des Kindes bereits seinerzeit bekannt gewesen wäre (der Vortrag spricht unklar von einem "erheblichen Ehestreit" und davon, man sei "davon ausgegangen", dass das Kind vom Antragsgegner sei, Bl. 99, 100 d.A.).
2. Auch soweit die Beschwerde vorbringt, der Unterhalt sei der Höhe nach unrichtig, bleibt sie erfolglos.
a. Das gilt zunächst, soweit - ohne indes hierfür Nachweise vorzulegen - ein i.H.v. 400,00 EUR geringeres Nettoeinkommen schlicht in den Raum gestellt wird. Ausweislich der Gehaltsbescheinigung für Januar bis März 2020 (Bl. 34 ff. d.A.), die der Antragsgegner selbst zu den Akten gereicht hat, erzielt er ein Monatsbrutto von 3.842,00 EUR. Dass das Amtsgericht bei seiner Berechnung für 2020 von dem Jahresbrutto des Vorjahres ausgegangen ist (56.323,36 EUR, Bl. 4 d d.A.) begegnet also - da der Antragsgegner selbst nicht behauptet, z.B. die Weihnachtsgratifikation nicht mehr zu erhalten - aus Sicht des Antragsgegners keinerlei Bedenken. Zwar hat das Amtsgericht bei der Berechnung des zur Verfügung stehenden Nettoverdienstes den 0,5 Kinderfreibetrag versehentlich nicht in Ansatz gebracht (monatliches Netto in 2020 dann: 2.768,68 EUR), dies bleibt aber ohne für den Antragsgegner günstige Folge, weil der Unterhalt durch den Selbstbehalt begrenzt ist.
b. Soweit nämlich die angefochtene Entscheidung den Unterhalt ohne Berücksichtigung des Erwerbstätigenbonus errechnet hat, ist dies auch im Lichte des Beschwerdevorbringens nicht zu beanstanden. Es entspricht höchstrichterlicher Rechtsprechung, dass der Ansatz eines Erwerbstätigenbonus bei beengten finanziellen Verhältnissen entfallen kann (BGH, Urt. v. 23.11.2005 - XII ZR 51/03, FamRZ 2006, 387). Solche Verhältnisse hat das Amtsgericht vorliegend bei der Antragstellerin zu Recht angenommen. Dem Antragsgegner verbleibt gleichwohl aufgrund des Selbstbehaltes mehr als der Antragstellerin; der Kindesunterhalt, den er ihr "anrechnet", ist (nur) für die gemeinsame Tochter und kann den Einkünften der Antragstellerin wirtschaftlich nicht hinzugerechnet werden.
Gegen den Ansatz eines nur reduzierten Selbstbehaltes wegen Synergieeffektes wendet sich die Beschwerde - zu Recht - nicht mehr. Der Antragsgegner mag indes vergegenwärtigen, dass mit zunehmender Trennungszeit auch die Frage einer Erwerbsobliegenheit der Antragstellerin höheres Gewicht erhalten wird, was seine Unterhaltslast in der Zukunft reduzieren könnte.
c. Zahlungen aus 2020 auf den Unterhaltsanspruch waren in erster Instanz nur für Januar vorgetragen; zu der erstmalig in der Beschwerde erhobenen Behauptung einer Zahlung von laufend 745,00 EUR (Bl. 90 d.A.) hat sich die Antragstellerin noch nicht ausreichend erklärt ...