Leitsatz (amtlich)
Ein Handelsvertreter ist dann sog. Einfirmenvertreter i.S.v. § 92a Abs. 1 HGB, wenn die Ausübung anderweitiger Vermittlungs-, Berater oder Verkaufstätigkeit nach dem Vertrag von der Einwilligung des Unternehmers abhängt und diese nicht erteilt wird. Daran ändert es nichts, wenn der Handelsvertreter "sonstige Erwerbstätigkeiten" lediglich schriftlich anzeigen muss, denn § 92a HGB stellt mit dem Merkmal "für weitere Unternehmer tätig werden" allein auf die Handelsvertretereigenschaft ab.
Normenkette
GVG § 17a; HGB § 92a; ArbGG §§ 2, 5 Abs. 3
Verfahrensgang
LG Aachen (Beschluss vom 20.12.2004; Aktenzeichen 12 O 438/04) |
Tenor
Die sofortige Beschwerde der Klägerin gegen den Beschluss des LG Aachen (12 O 438/04) vom 20.12.2004 wird als unbegründet zurückgewiesen.
Die Kosten des Beschwerdeverfahrens trägt die Klägerin.
Gründe
Die gem. §§ 17a Abs. 4 GVG, 567 ff. ZPO statthafte, form- und fristgerecht eingelegte sofortige Beschwerde der Klägerin hat in der Sache keinen Erfolg. Zu Recht hat das LG den Rechtsweg zu den Zivilgerichten für unzulässig erklärt und den Rechtsstreit an das zuständige ArbG verwiesen. Der Senat teilt die Auffassung des LG bezüglich der Voraussetzungen der §§ 2 Abs. 1, 5 Abs. 3 ArbGG, 92a Abs. 1 HGB und verweist zunächst zur Vermeidung von Wiederholungen auf die zutreffenden Ausführungen in der angefochtenen Entscheidung.
Die Beschwerdebegründung rechtfertigt keine andere Beurteilung:
Der Beklagte war als Einfirmenvertreter i.S.d. §§ 92a Abs. 1 HGB, 5 Abs. 3 ArbGG tätig. Gemäß Ziff. 1. des zwischen den Parteien geschlossenen Vermögensberatervertrages war für ihn die Ausübung anderweitiger Beratungs-, Vermittlungs- oder Verkaufstätigkeit von der vorherigen Einwilligung der Klägerin abhängig. Ein solcher Vorbehalt ist im Falle der Nichterteilung der Genehmigung durch den Unternehmer einem vertraglichen Verbot gleichzusetzen, wenn die Regelung sachlich über dasjenige hinausgeht, was dem Handelsvertreter bereits aufgrund der gesetzlichen Vorschrift des § 86 Abs. 1 HGB untersagt ist (OLG Köln, Beschl. v. 14.6.2000 - 19 W 12/00, OLGReport Köln 2000, 446 = VersR 2001, 894 [895]; OLG Stuttgart BB 1966, 1394). Das ist vorliegend der Fall. Das Verbot des Eigenvertriebs und der Konkurrenzvertretung aus § 86 Abs. 1 HGB setzt das Bestehen einer Wettbewerbssituation des Handelsvertreters zum Unternehmer in räumlicher, sachlicher und zeitlicher Hinsicht voraus (Hopt, Handelsvertreterrecht, 3. Aufl., § 86 Rz. 27, m.w.N.). Dem Handelsvertreter sind nach dem gesetzlichen Leitbild Konkurrenztätigkeiten mit einem sachlichen Bezug zur Absatztätigkeit des Prinzipals innerhalb des Unternehmergebietes untersagt. Über dieses gesetzlich normierte Verbot, welches die Parteien im Übrigen in Ziff. V. des Vertrages als weitere vertragliche Pflicht des Beklagten statuiert haben, geht die Regelung in Ziff. 1. des Vertriebspartnervertrags hinaus. Der Beklagte durfte danach ohne Zustimmung der Klägerin weder Verkaufstätigkeit noch irgendeine Handelsvertretertätigkeit ausüben, und zwar unabhängig von dem von ihm betreuten Kundenkreis, vom Absatzgebiet der Klägerin und der von ihr angebotenen Produktpalette. Der Beklagte war dadurch, was seine seit 2001 hauptberuflich ausgeübte Tätigkeit als Vermögensberater betraf, an die Klägerin gebunden, und er durfte sich auch in keinem anderen Bereich als Vertreter betätigen. Diese Einschränkung genügt für die Annahme einer Einfirmenvertretung i.S.v. § 92a HGB. Daran ändert es nichts, dass der Beklagte "sonstige Erwerbstätigkeiten" der Klägerin lediglich schriftlich anzuzeigen hatte, er daran nach dem Vertrag grundsätzlich nicht gehindert werden sollte. § 92a HGB stellt mit dem Merkmal "für weitere Unternehmer tätig werden" nach Wortlaut und Normzweck allein auf die Handelsvertretereigenschaft ("Einfirmenvertreter") ab. Bei der vertraglichen Regelung handelte es sich auch nicht um eine gewollte Erweiterung der beruflichen Möglichkeiten für den Beklagten, die angesichts seiner hauptberuflichen Tätigkeit auch gar nicht zur Debatte stand, sondern um die Schaffung eines (weiteren) Kontrollinstruments für die Klägerin, um eventuelle Interessenkollisionen mit der Beratertätigkeit prüfen und ggf. verhindern zu können. Es ist eine Selbstverständlichkeit, dass der Handelsvertreter Erwerbstätigkeiten, die in keinem Zusammenhang zu seiner Tätigkeit für den Unternehmer stehen, im Grundsatz ausüben darf. Eine entsprechende Erlaubnis hätte ihm von der Klägerin ohne triftige Gründe daher nicht versagt werden dürfen.
Der Beklagte erfüllt auch die weitere Voraussetzung der §§ 92a HGB, 5 Abs. 3 ArbGG, denn er hat - wie unstreitig ist - in den letzten sechs Monaten des Vertragsverhältnisses monatlich im Schnitt nicht mehr als 1.000 EUR verdient. Dafür, dass in diesem Zeitraum ein erheblicher Rückgang der Provisionen stattgefunden hat, der allein auf einer dem Beklagten zuzurechnenden Störung des Leistungsverhältnisses beruhte, ist die Klägerin darlegungs- und beweispflichtig. Sie hat in diesem Si...