Verfahrensgang

AG Leverkusen (Aktenzeichen 30 F 134/98)

 

Tenor

Die Beschwerde der Antragsgegnerin gegen den Beschluss des Amtsgerichts – Familiengericht – Leverkusen vom 09.09.1998 – 30 F 134/98 – wird zurückgewiesen.

Die Gerichtskosten des Beschwerdeverfahrens tragen der Antragsteller und die Antragsgegnerin je zur Hälfte.

Im Übrigen findet eine Kostenerstattung im Beschwerdeverfahren nicht statt.

 

Gründe

Nachdem die Beteiligte zu 1) (Antragsgegnerin) und der Beteiligte zu 2) (Antragsteller) ihre Beschwerden betreffend die amtsgerichtliche Sorgerechtsentscheidung jeweils zurückgenommen haben, war nur noch über die Beschwerde der Antragsgegnerin gegen die amtsgerichtliche Aufenthaltsbestimmungsrechtsentscheidung zu befinden.

Die gemäß §§ 621 Nr. 2, 621 e ZPO, § 20 FGG zulässige – insbesondere form- und fristgerecht eingelegte – Beschwerde der Antragsgegnerin hat in dem weiter verfochtenen Umfang keinen Erfolg. Zu Recht hat das Familiengericht dem Antragsteller das Aufenthaltsbestimmungsrecht als Teil der elterlichen Sorge gemäß § 1671 Abs. 1 2. Alternative, Abs. 2 Nr. 2 n. F. BGB auf dessen Antrag hin allein übertragen, weil dies dem Kindeswohl am besten entspricht.

Das Kindeswohl ist für die zu treffende Entscheidung der vorrangige Gesichtspunkt (Palandt-Diederichsen, BGB, 58. Aufl. 1999, § 1671 Rdnr. 12). Kindeswohl bedeutet das Recht des Kindes auf Förderung seiner Entwicklung und auf Erziehung zu einer eigenverantwortlichen und gemeinschaftsfähigen Persönlichkeit. Bei der Kindeswohlprüfung sind dabei die Persönlichkeit und die erzieherische Eignung der Eltern, ihre Bereitschaft Verantwortung für das Kind zu tragen und die Möglichkeiten der Unterbringung und Betreuung zu berücksichtigen, wozu als wesentliche Faktoren die emotionalen Bindungen des Kindes zu den Eltern und anderen Personen treten.

Wie sich bereits aus der zutreffenden amtsgerichtlichen Entscheidung zum gemeinsamen Sorgerecht der Beteiligten ergibt, sind die erzieherischen Fähigkeiten beider Elternteile und deren liebevolle Zuwendung zu der gemeinsamen Tochter J. gleichermaßen gut zu bewerten. So hat das Jugendamt in seinen Berichten vom 08.06.1998 (Blatt 7-9 GA), 23.02.1999 (Blatt 110-111 GA) und 01.06.1999 (Blatt 137-139 GA), auf deren Inhalt Bezug genommen wird, ausdrücklich hervorgehoben, dass beide Verfahrensbeteiligten liebevoll mit ihrer Tochter umgehen und uneingeschränkt erziehungsfähig erscheinen.

Sind aber die Erziehungsfähigkeit und die übrigen oben genannten Faktoren bei beiden Erziehungsberechtigten gleichwertig zu beurteilen, sind weitere Gesichtspunkte heranzuziehen, die eine Prognoseentscheidung, was dem Kindeswohl am besten entspricht, zugunsten des einen oder anderen Elternteils rechtfertigen.

Da die Beteiligten heillos zerstritten sind und insbesondere die Antragsgegnerin dem Antragsteller grundlos – wie der Senat aufgrund der getroffenen, vom Jugendamt bestätigten Feststellungen – seine Erziehungsfähigkeit abspricht, ja sogar einen Verbleib der Tochter beim Antragsteller als Gefahr ansieht, war eine Entscheidung über das Aufenthaltsbestimmungsrecht – auch wenn die Beteiligten sich ansonsten in Erziehungsfragen weitgehend einig sind und es einer weitergehenden Sorgerechtsentscheidung nicht bedurfte – zu treffen. Diese musste zugunsten des Antragstellers ausfallen. Hierfür spricht die Bedeutung des bei Sorgerechtsentscheidungen stets zu prüfenden Kontinuitätsgrundsatzes, der für eine Regelung zugunsten des Antragstellers spricht. Erziehung bedeutet das Aufbauen von Verhaltenskonstanten. Daher ist für die Entwicklung des Kindes die Lösung am vorteilhaftesten, welche die Einheitlichkeit und Gleichmäßigkeit der Erziehung am wenigsten stört. Das Kontinuitätsprinzip ist beim Antragsteller am besten gewahrt.

Hierfür spricht zunächst einmal, dass die gemeinsame Tochter der Beteiligten sich weiterhin in gewohnter Umgebung aufhalten kann. Hier trifft sie – mit Ausnahme ihrer Mutter – auf die ihr bekannten Bezugspersonen. Hierzu zählen insbesondere auch die Großeltern von J. und deren Tante, die sich ebenfalls fürsorglich um J. kümmern. Von daher erscheint es auch gewährleistet, dass J. bei einer Teilzeitbeschäftigung des Beteiligten zu 2) (Antragsteller) stets versorgt ist.

Auch das Wohnumfeld, in welchem J. beim Vater aufwächst, erscheint für diese durchaus förderlich. Gerade bei einem Kleinkind – J. ist noch keine drei Jahre alt – bietet die ländliche Umgebung gute Entwicklungsmöglichkeiten. Die räumlichen Verhältnisse der väterlichen Wohnung sind ausreichend bemessen. J. wächst im väterlichen Haus, welches der Antragsteller von seinen Eltern erworben hat, auf.

Darüber hinaus hat der Antragsteller in der Vergangenheit der Antragsgegnerin stets ein umfassendes Umgangsrecht eingeräumt. Die Antragsgegnerin konnte praktisch zu jeder gewünschten Zeit den Umgang mit ihrer Tochter pflegen. Damit erscheint es dem Senat aber gewährleistet, dass auch bei der getroffenen Regelung eine Entfremdung der Tochter gegenüber ihrer Mutter weitestgehend vermie...

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