Entscheidungsstichwort (Thema)
Gehörsrüge in Wohnungseigentumssachen
Leitsatz (amtlich)
Wird gegen eine Ende 2004 ergangene Rechtsbeschwerdeentscheidung in einer Wohnungseigentumssache im Jahre 2005 geltend gemacht, das Gericht habe überraschend neue rechtliche Gesichtspunkte herangezogen, auf die es die Parteien nicht ausreichend hingewiesen habe, so ist über diese Einwendung im Verfahren nach § 29a FGG zu entscheiden. Der Rechtsbehelf ist nur innerhalb der Frist gem. §§ 321a Abs. 2 S. 2 ZPO, 29a Abs. 2 S. 2 FGG zulässig. Ein Wiedereinsetzungsantrag wegen Fristversäumnis kann nicht erfolgreich darauf gestützt werden, dass der Verfahrensbevollmächtigte angenommen habe, die Rechtsbehelfsfrist gelte nur für nach dem 1.1.2005 ergangene Entscheidungen.
Normenkette
FGG § 29a
Verfahrensgang
LG Köln (Beschluss vom 17.12.2005; Aktenzeichen 29 T 3/04) |
AG Kerpen (Aktenzeichen 15-II 25/03) |
Tenor
Der Schriftsatz der Beteiligten zu 2) und 3) vom 21.1.2005 gibt dem Senat keinen Anlass zu einer Abänderung des Beschlusses vom 17.12.2005 oder zu einer Fortführung des Verfahrens.
Gründe
I. Die "Gegenvorstellung" der Beteiligten zu 2) und 3) gegen den Senatsbeschluss vom 17.12.2005 (NZM 2005, 149) ist, soweit sie hiermit die Verletzung rechtlichen Gehörs geltend machen, als Anhörungsrüge gem. § 29a Abs. 1 S. 1 FGG zu behandeln. Diese Norm ist auf den vorliegenden Sachverhalt anwendbar, weil sie gem. Art. 22 des Anhörungsrügengesetzes bereits seit dem 1.1.2005 in Kraft ist und das Gesetz - BGBl. I, 3220 vom 9.12.2004 - eine Übergangsvorschrift für Konstellationen, in denen eine Entscheidung einem Beteiligten bereits vor dessen In-Kraft-Treten zugestellt war, nicht enthält.
1. Die Gehörsrüge ist schon deshalb unbeachtlich, weil die Beteiligten zu 2) und 3) nicht glaubhaft gemacht haben, dass sie die 2-wöchige Frist des § 29a Abs. 2 S. 2 FGG eingehalten haben. Zwar befindet sich ein Nachweis über die von der Geschäftsstelle verfügte Zustellung des Senatsbeschlusses per Empfangsbekenntnis an den früheren Verfahrensbevollmächtigten der Beteiligten zu 2) und 3) nicht bei den Akten. Auch haben sie auf die Anheimgabe des Berichterstatters die Einhaltung der Rüge-frist glaubhaft zu machen, nur ausweichend reagiert und ohne Angabe des Datum nur eingeräumt, dass der Beschluss ihren früheren Verfahrensbevollmächtigten zugestellt worden ist. Indes hat der Beteiligte zu 3) in seiner von dem Beteiligten zu 1) zu den Akten gereichten Verfassungsbeschwerde vom 13.0.2005 selbst vorgetragen, dass der Senatsbeschluss am 21.1.2004 zugestellt worden ist. Da auch die Beteiligten zu 3) seinerzeit von dem gleichen Anwalt vertreten worden waren und zudem nicht dargelegt ist, dass dieser erst zu einem späteren Zeitpunkt von dem Inhalt des Senatsbeschlusses Kenntnis erlangt hat (vgl. zu dieser Differenzierung Rensen, MDR 2005, 181 [183]), kann die Einhaltung der Rügefrist nicht festgestellt werden.
Etwas anderes ergäbe sich auch dann nicht, wenn § 29a FGG auf die vorliegende Konstellation noch keine Anwendung finden würde. Vor In-Kraft-Treten dieser Norm wurde in Fällen, in denen die Verletzung rechtlichen Gehörs in einer mit Rechtsmitteln nicht mehr anfechtbaren Entscheidung geltend gemacht wurde in der neueren Rechtsprechung - u.a. vom Senat - ab dem In-Kraft-Treten des ZPO-Reformgesetzes § 321a ZPO im Verfahren der freiwilligen Gerichtsbarkeit entsprechend angewandt und in der Kommentarliteratur hierauf hingewiesen (BayObLG NZM 2003, 246; OLG Karlsruhe FGPrax 2003, 214; OLG Köln v. 19.3.2004 - 16 Wx 240/03, OLGReport Köln 2004, 243 = NJW-RR 2004, 879; OLG Köln v. 20.2.2004 - 16 Wx 7/04, OLGReport Köln 2004, 228; OLG Köln v. 20.12.2002 - 16 Wx 245/02, NJW-RR 2003, 374 = NZM 2003, 247; Weitnauer/Mansell, WEG, 9. Aufl., § 45 Rz. 1) und zwar nach allgemeiner Meinung mit der Maßgabe, dass auch die Formalien des § 321a Abs. 2 ZPO (in der bis zum 31.12.2004 geltenden Fassung) und des § 29 Abs. 1 FGG einzuhalten waren (Sternal, FGPrax 2004, 170 [173]; Schuschke, NZM 2003, 463 [466]). Hiernach konnte der Antrag nur innerhalb einer Notfrist von 2 Wochen ab Zustellung der Entscheidung eingereicht werden, eine Lösung die im Übrigen auch das BVerfG für den Fall vorgezeichnet hatte, dass es nicht bis zum 31.12.2004 zu der von ihm geforderten gesetzlichen Regelung der Gehörsrüge über den Anwendungsbereich des § 321a ZPO kommen sollte (BVerfG v. 30.4.2003 - 1 PBvu 1/02, MDR 2003, 886 = NJW 2003, 1924 [1929]).
Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gem. § 22 Abs. 2 FGG wegen Versäumung der Rügefrist scheidet aus, da die Fristversäumnis nicht unverschuldet war. Die Beteiligten zu 2) und 3) waren bereits im Zeitpunkt der Zustellung des Senatsbeschlus-ses anwaltlich vertreten, so dass ein etwaiges Verschulden des Vertreters ihnen zuzurechnen ist (§ 22 Abs. 2 S. 2 FGG). Ein Anwalt hat sich aber über die jeweils in Kraft tretenden gesetzlichen Neuregelungen im Rechtsmittelsystem zu orientieren und sich gerade zu dem bis zum 31.12.2004 von einem uneinheitlichen Meinungsbild geken...