Leitsatz (amtlich)
Das Verbot eines Rechtsmittelverzichts gilt auch für eine informelle Verständigung. Eine Verständigung kann auch nach Ablegen eines Geständnisses noch erfolgen, namentlich wenn gleichsam auf Bitten eines Angeklagten statt einer Geldstrafe eine Freiheitsstrafe verhängt wird. Eine solchermaßen zustande gekommene Verurteilung ist weder mit den materiell-rechtlichen Vorschriften über die Strafzumessung noch mit den verfahrensrechtlichen Vorschriften über die Verständigung im Strafverfahren vereinbar.
Tenor
Der Beschluss wird aufgehoben.
Gründe
I.
Durch Urteil des Amtsgerichts L. vom 19.02.2014 wurde die Beschwerdeführerin wegen gemeinschaftlicher Bestechung in drei Fällen sowie Beihilfe zur gewerbsmäßigen Untreue in sieben Fällen zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von neun Monaten verurteilt. Die Vollstreckung der Strafe wurde zur Bewährung ausgesetzt. Gemäß dem Protokoll der Hauptverhandlung wurden zuvor die Beschwerdeführerin und die beiden Mitangeklagten L. und B. zur Person und zur Sache befragt. Der Mitangeklagte B., der bei der Firma C. angestellt war, schwieg zunächst zu den Tatvorwürfen, während die Angeklagten L. und C. sich zur Sache einließen. Die Angeklagte C. ließ sich unter anderem dahingehend ein, dass sie den Kontakt zum Angeklagten B. hergestellt habe, und diesem in drei Fällen wissentlich Geld für das Zustandekommen von Geschäften zwischen der Firma L. und der Firma C. übergeben habe. Weiter habe sie in der Folgezeit gemeinsam mit dem Angeklagten B. ein Unternehmen gegründet, das unter Ausschluss von Konkurrenten Geschäfte mit der Firma C. getätigt habe.
Von 13:08 Uhr bis 13:48 Uhr wurde die Hauptverhandlung unterbrochen. Das Protokoll enthält weder einen Hinweis auf eine Verständigung gemäß § 257 c StPO, noch einen Vermerk über das Nichtvorliegen einer solchen. Nach Wiedereintritt in die Hauptverhandlung wurde auf die Vernehmung der Zeugen verzichtet. Der Verteidiger des Angeklagten B. erklärte für seinen Mandanten, dass dieser die Tatvorwürfe einräume, was dieser auf Befragen bestätigte. Die Verurteilung aller drei Angeklagten erfolgte sodann entsprechend den übereinstimmenden Anträgen von Staatsanwaltschaft und Verteidigern.
Im Anschluss an die Urteilsverkündung und die Rechtsmittelbelehrung heißt es im Hauptverhandlungsprotokoll: "Alle Beteiligten erklären Rechtsmittelverzicht." Einen Vermerk, dass diese Erklärungen den Beteiligten vorgelesen und von diesen genehmigt worden sind, enthält das Protokoll nicht.
Mit Telefax vom 25.02.2014, bei Gericht am gleichen Tag eingegangen, hat der neue Verteidiger der Beschwerdeführerin gegen das Urteil vom 19.02.2014 Berufung eingelegt und diese mit Schriftsatz vom 16.05.2014 damit begründet, dass die Beschwerdeführerin keinen Rechtsmittelverzicht habe erklären wollen. Weiter liege dem Urteil eine informelle Absprache gemäß § 257 c StPO zugrunde, weswegen der Rechtsmittelverzicht gemäß § 302 Abs. 1 S. 2 StPO unwirksam sei.
Mit Verfügung vom 20.05.2014 hat die Vorsitzende der Berufungskammer dienstliche Erklärungen von dem am Ausgangsverfahren beteiligten Richter, der Protokollführerin, der Sitzungsvertreterin der Staatsanwaltschaft sowie Stellungnahmen des früheren Verteidigers der Angeklagten C. und des Verteidigers des Angeklagten B. zu den Fragen eingefordert, ob die Angeklagte C. einen Verzicht auf Rechtsmittel erklärt habe und ob dem Urteil eine (möglicherweise informelle) Verständigung vorausgegangen sei.
Mit Beschluss vom 24.06.2014 hat die Berufungskammer sodann die Berufung der Beschwerdeführerin als unzulässig verworfen, da ein wirksamer Rechtsmittelverzicht der Verurteilten einer Berufungseinlegung entgegenstehe.
Gegen diese dem Verteidiger am 27.06.2014 zugestellte Entscheidung richtet sich die sofortige Beschwerde vom 01.07.2014, mit der im wesentlichen geltend gemacht wird, der Rechtsmittelverzicht - der von dem früheren Verteidiger wohl erklärt worden sei - sei mit Blick darauf, dass dem Urteil eine informelle Absprache vorangegangen sei, unwirksam.
II.
Die gemäß §§ 322 Abs. 2, 311 StPO statthafte und auch im übrigen zulässige sofortige Beschwerde gegen die Verwerfung der Berufung ist begründet.
Die Voraussetzungen einer Verwerfung der Berufung als unzulässig liegen nicht vor.
1.
Der Senat stimmt mit der Kammer allerdings darin überein, dass die Beschwerdeführerin in der Hauptverhandlung vom 19.02.2014 - jedenfalls über ihren Verteidiger - auf ein Rechtsmittel gegen das Urteil verzichtet hat. Das wird mit der sofortigen Beschwerde auch nicht mehr in Zweifel gezogen, so dass weitere Ausführungen hierzu nicht mehr veranlasst sind.
2.
Der Rechtsmittelverzicht war jedoch gemäß § 302 Abs. 1 S. 2 StPO unzulässig.
Ein im Verständigungsverfahren unzulässiger Rechtsmittelverzicht ist auch dann unwirksam, wenn dem Urteil eine informelle Verständigung vorausgegangen ist. Denn durch Verständigungen, die nicht den gesetzlichen Formerfordernissen genügen, darf das Verbot eines Rechtsmittelverzichts nicht umgangen werden. Daher gilt das Verbot des § 302 A...