Verfahrensgang
LG Bonn (Aktenzeichen 4 T 325/21) |
Tenor
Auf die weitere Beschwerde des Antragstellers vom 5. Oktober 2021 wird der Beschluss des Landgerichts Bonn vom 29. September 2021 - 4 T 325/21 - aufgehoben.
Als aus der Staatskasse zu ersetzende Gebühr wird die Vergütung des Antragstellers für das Beratungshilfeverfahren Q. - 94 II 1007/20 BerH AG Bonn - antragsgemäß auf 118,32 EUR festgesetzt.
Das Beschwerdeverfahren ist gebührenfrei; Kosten werden nicht erstattet.
Gründe
I. Die Beratungsperson beantragte im Juni 2020 bei der Rechtsantragsstelle des AG Bonn Beratungshilfe für ein Ermittlungsverfahren. Ein Beratungshilfeschein wurde erteilt. Der Antragsteller stellte zunächst unter dem 03.12.2020 einen Antrag auf Festsetzung der Vergütung und fügte Unterlagen bei, u.a. den Berechtigungsschein des AG Bonn, den er als pdf-Datei gespeichert und per beA (besonderes Anwaltspostfach) auf einem sicheren Übermittlungsweg ans AG Bonn übersandt hatte. In dem Antragsformular war angekreuzt, dass er den "Berechtigungsschein im Original ... beigefügt" habe.
Auf Beanstandung durch das AG übersandte der Antragsteller erneut per beA den streitgegenständlichen Antrag, bei dem wiederum die Beifügung des Berechtigungsscheins "im Original" angekreuzt war. Dies wurde vom AG erneut beanstandet und "um Übersendung des Original-Beratungshilfescheins gebeten". Dies wurde vom Antragsteller im Hinblick auf entgegenstehende Entscheidungen des AG Bonn - u.a. Beschluss vom 04.09.2020, 94 II 42/20 BerH - "ernsthaft und endgültig verweigert".
Die Kostenbeamtin bestand mit Schreiben vom 30.04.2021 unter Bezugnahme auf eine ausführliche Äußerung der Bezirksrevisorin, wonach der Berechtigungsschein nicht zu den in §§ 5 BerHG, 12b RVG und 14 II FamFG iVm § 130a ZPO aufgeführten Schriftstücken gehöre, auf der Vorlage des Originals. Sie wies den Antrag auf Festsetzung mit Beschluss vom 19.05.2021 unter Bezugnahme auf dieses Schreiben zurück.
Der dagegen erhobenen Erinnerung des Antragstellers hat das AG Bonn mit Beschluss vom 22.07.2021 - 94 II 1007/20 BerH - stattgegeben und die Vergütung antragsgemäß auf 118,32 EUR festgesetzt. Zur Begründung hat es ausgeführt, der Antrag auf Festsetzung könne als elektronisches Dokument eingereicht werden, was dann für den (Original-) Berechtigungsschein als Teil des Antrags ebenfalls gelten müsse. Die Gefahr missbräuchlicher Verwendung bestehe nicht, weil der Verfahrensakte jeweils zu entnehmen sei, ob bereits eine Vergütung für die Beratungsperson festgesetzt worden sei oder nicht. Auch im konkreten Fall bestünden keine Anhaltspunkte für eine missbräuchliche Verwendung.
Auf die vom AG zugelassene Beschwerde der Bezirksrevisorin (53 - 54R GA) hin hat das LG Bonn mit dem angefochtenen Beschluss (67 - 68R GA) unter Zulassung der weiteren Beschwerde den Antrag zurückgewiesen. Dabei hat es einerseits auf die in dem Formular (Anlage 2 zu § 1 Nr. 2 der Beratungshilfeformularverordnung [BerHFV]) vorgesehene Angabe, der Berechtigungsschein sei im Original "beigefügt", abgestellt. Andererseits könne das "Problem der mehrfachen Nutzung des ausgestellten Berechtigungsscheins auftreten". Dies gelte insbesondere bei Fehlen eines sogenannten "Entwertungsvermerks".
II. Die weitere Beschwerde des Antragstellers ist im Hinblick auf die Zulassung durch das Landgericht gemäß §§ 56 Abs. 2 Satz 1, 33 Abs. 6 RVG zulässig und auch in der Sache begründet.
1. Bereits das AG Bonn - in dem angefochtenen Beschluss sowie in 94 II 883/20 vom 22.07.2021 - als auch das AG Siegburg - Beschluss vom 24.07.2020 (52 II 2164/19 BerH) - haben zutreffend darauf hingewiesen, dass es unter Anwendung von §§ 12b Satz 2 RVG, 14 Abs. 2 FamFG, 130a und 298 ZPO grundsätzlich möglich ist, den Berechtigungsschein mit dem Vergütungsantrag als elektronisches Dokument einzureichen und auch die Vorschriften in § 371b ZPO und § 371 BGB nicht entgegenstehen (ebenso OLG Saarbrücken - 9 W 30/19, MDR 2020, 634 f. = juris Rn. 11 ff.; Volpert in Burhof/Volpert, RVG Straf- und Bußgeldsachen, 6. Aufl., Beratungshilfe Rn. 523).
Das OLG Oldenburg (Beschluss vom 01.04.2022 - 12 W 25/22 -, NJW-RR 2022, 923 f. = juris Rn. 8 ff.) hat zur Begründung ausgeführt:
"Das Landgericht hat seiner Entscheidung die zutreffende Rechtsauffassung zugrunde gelegt, dass es jedenfalls im Falle eines elektronisch eingereichten Vergütungsfestsetzungsantrages keine zwingende Voraussetzung für die Festsetzung der Beratungshilfevergütung des die Beratungsleistung erbringenden Rechtsanwaltes ist, dass der Beratungshilfeschein im Original eingereicht wird.
Tatsächlich ist eine derartige Vorlagepflicht nirgends ausdrücklich normiert. Weder die Vorschriften des RVG zur Festsetzung der aus der Staatskasse zu zahlenden Vergütungen (§ 55 RVG), noch die Vorgaben des Beratungshilfegesetzes (BerHG) oder die Vorschriften der auf Grundlage der Verordnungsermächtigung in § 11 BerHG erlassenen Beratungshilfeformularverordnung (BerHFV) enthalten eine Norm, die dem Rechtsanwalt ausdrücklich aufgeben würde, bei Antragstel...