Leitsatz (amtlich)
Beruft sich der Bauherr ggü. dem Werklohnanspruch des Unternehmers auf ein Leistungsverweigerungsrecht wegen Mängeln, so kann das (Teil-)Unterliegen des Unternehmers grundsätzlich mit dem Eineinhalbfachen der Mängelbeseitigungskosten angesetzt werden.
Normenkette
BGB § 641 Abs. 3; ZPO § 92
Verfahrensgang
LG Aachen (Beschluss vom 27.12.2007; Aktenzeichen 12 O 355/06) |
Tenor
Auf die sofortige Beschwerde des Beklagten wird der Beschluss des LG Aachen vom 27.12.2007 - 12 O 355/06 - zu Ziff. I 1. Halbsatz dahin abgeändert, dass von den Kosten des Rechtsstreits die Klägerin 47 % und der Beklagte 53 % zu tragen haben.
Im Übrigen wird die sofortige Beschwerde zurückgewiesen.
Die Kosten des Beschwerdeverfahrens tragen die Klägerin zu 30 %, der Beklagte zu 70 %.
Gründe
Die gem. §§ 91a Abs. 2, 567 ff. ZPO zulässige sofortige Beschwerde hat in der Sache teilweise Erfolg.
Der Beklagte macht zu Recht geltend, das LG habe bei der Kostenquotelung nicht ausreichend berücksichtigt, dass ihm ggü. der Werklohnforderung der Klägerin ein Leistungsverweigerungsrecht in Höhe mindestens des Dreifachen der für die Mängelbeseitigung erforderlichen Kosten zugestanden habe (§ 641 Abs. 3 BGB).
Wie in einem solchen Fall die Kosten zu verteilen sind, ist in Literatur und Rechtsprechung umstritten. Während Kaiser (BauR 1982, 205 ff.(218)) eine Quotierung entsprechend den einfachen Mängelbeseitigungskosten vornimmt, befürwortet Bachmann (BauR 1995, 642 ff.(643)) den Ansatz des dreifachen Beseitigungswerts. Vermittelnde Auffassungen werden von Brügmann (BauR 1981, 128 ff.(133)), Weyer (BauR 1981, 426 ff.(432)) und Hensen (NJW 1999, 395 ff.) vertreten. Letztere stellen darauf ab, dass - soweit eine Verurteilung zur Zahlung von Werklohn in Höhe des dreifachen Beseitigungswerts Zug um Zug gegen Mängelbeseitigung erfolgt - bei wirtschaftlicher Betrachtung der Auftragnehmer insoweit unterliegt, als er die Mängelbeseitigungskosten aufwenden muss, den betreffenden Werklohnanteil möglicherweise erst wesentlich später und zudem nur zinsfrei erhalte; dies rechtfertige es, das Unterliegen des Auftragnehmers mit etwa dem Eineinhalbfachen der Mängelbeseitigungskosten anzusetzen. Diesen überzeugenden Ausführungen schließt sich der Senat an. Eine Quotelung unter Ansatz des vollen dreifachen Beseitigungswerts zu Lasten des Auftragnehmers erscheint nicht als angemessen, da er auch insoweit teilweise obsiegt, als er einen im Hinblick auf die Zug-um-Zug-Leistung eingeschränkten Titel erhält. Zudem ergäbe sich ein Wertungswiderspruch zu der Situation bei Aufrechnung des Bestellers mit Mängelbeseitigungskosten (s. hierzu insbesondere Brügmann, a.a.O.).
Unter Beachtung dieser Grundsätze erscheint es angemessen, die Kosten im Verhältnis 47 % zu 53 % zu Lasten des Beklagten zu verteilen. Hierbei war zunächst die mit Schriftsatz vom 20.10.06 erfolgte Teilklagerücknahme um 660,24 EUR zu Lasten der Klägerin zu berücksichtigen. Sie hat 10,6 % der bis dahin nach einem Streitwert von 6.247,24 EUR entstandenen Gerichtsgebühren und Verfahrensgebühren (Nr. 3100 VV) zu tragen, was (unter Berücksichtigung anteiliger Mehrwertsteuer auf Beklagtenseite) ca. 161 EUR ausmacht. Die restlichen Verfahrensgebühren, die weiter nach einem Streitwert von 5.587 EUR entstandenen Terminsgebühren (Nr. 3104 VV) nebst Kostenpauschale und anteiliger Mehrwertsteuer sowie die Sachverständigenkosten belaufen sich zusammen auf rund 3.812 EUR. Gegenüber dem unstreitigen Restwerklohnanspruch der Klägerin von 5.587 EUR stand dem Beklagten ein Leistungsverweigerungsrecht wegen Mängeln an den Rolladenkästen zu, die die Klägerin im Anschluss an den Ortstermin mit dem Sachverständigen N am 24.07.2007 behoben hat. Die diesbezüglichen Mängelbeseitigungskosten sind entsprechend der Schätzung des Sachverständigen mit brutto 1.392 EUR anzusetzen. Im Hinblick auf weitere vom Beklagten vorgebrachte Mängel hat die Klägerin im Vergleich vom 20.12.2007 ferner einen Abzug von 300 EUR zugestanden, sodass insgesamt ein Betrag von 1.692 EUR zugrundezulegen ist. Der Beklagte durfte somit den Werklohn in dreifacher Höhe, also 5.076 EUR einbehalten. Ohne die von der Klägerin durchgeführten Nachbesserungsarbeiten und den Vergleichsabschluss hätte der Klägerin gegen den Beklagten nur ein Anspruch i.H.v. 511 EUR auf unbeschränkte Zahlung, i.H.v. 5.076 EUR dagegen nur Zug um Zug gegen Mängelbeseitigung zugestanden. Zulasten der Klägerin ist die Hälfte dieses Betrages, also 2.538 EUR, zu Lasten des Beklagten ein Betrag von 3.049 EUR zu berücksichtigen, was einer Quote von 45 % zu 55 % entspricht, zu der die weiteren Kosten von ca. 3.812 EUR zu verteilen sind. Auf die Klägerin entfallen ca. 1.715 EUR. Zusammen mit dem Betrag von 161 EUR wegen der Teilklagerücknahme ergeben sich 1.876 EUR entsprechend 47 % der Gesamtkosten von rund 3.973 EUR.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 92 Abs. 1 ZPO.
Beschwerdewert: bis 2.500 EUR.
Fundstellen
Haufe-Index 1938010 |
BauR 2009, 1018 |
NJW-RR 2008, 763 |
MDR 2008, 621 |
NJW-Spezial 2008, 237 |
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