Entscheidungsstichwort (Thema)

Gebühr bei Beratungshilfe in Trennungs-, Scheidungs- und Folgesachen. Beratungshilfe: Beratung in Trennungs-, Scheidungs- und Folgesachen als verschiedene Angelegenheiten. gesonderte Gebühren für Beratung in Fragen des Ehegattenunterhalts, des Kindesunterhalts, des Umgangsrechts und des ehelichen Güterrechts

 

Leitsatz (amtlich)

1. Die Beratung in Trennungs-, Scheidungs- und Folgesachen in einer familiären Auseinandersetzung ist nicht nur eine Angelegenheit i.S.d. §§ 2, 6 BerHG, § 15 RVG, auch wenn nur ein Berechtigungsschein ausgestellt worden ist, sondern beinhaltet verschiedene Angelegenheiten i.S.d. § 15 RVG.

2. Beratung in Fragen des Ehegattenunterhalts, des Kindesunterhalts, des Umgangsrechts und des ehelichen Güterrechts einschließlich Hausrat und Vermögensauseinandersetzung stellt eine Beratung in vier verschiedenen Angelegenheiten dar. Dem Rechtsanwalt stehen demzufolge jeweils gesondert Gebühren für jede dieser Angelegenheiten nach § 44 RVG zu.

 

Normenkette

RVG § 15; BerHG §§ 2, 6

 

Verfahrensgang

LG Aachen (Beschluss vom 10.10.2008; Aktenzeichen 3 T 243/08)

AG Monschau (Beschluss vom 30.05.2008; Aktenzeichen 4 UR II 58/07)

 

Tenor

Auf die weitere Beschwerde der Antragstellerin wird unter Aufhebung des Beschlusses der 3. Zivilkammer des LG Aachen vom 10.10.2008 (3 T 243/08) und des Beschlusses des AG Monschau vom 30.5.2008 (4 UR II 58/07) und unter Zurückweisung des weitergehenden Antrages der Antragstellerin der Beschluss der Rechtspflegerin des AG Monschau vom 13.3.2008 (4 UR II 58/07) dahingehend abgeändert, dass die der Antragstellerin aus der Staatskasse zu zahlende Vergütung für die mit Berechtigungsschein vom 17.4.2007 bewilligte Beratungshilfe auf 1.023,40 EUR festgesetzt wird.

Die weitergehende weitere Beschwerde wird zurückgewiesen.

 

Gründe

I. Die von der Antragstellerin vertretene Mandantin erhielt am 17.4.2007 einen Berechtigungsschein für Beratungshilfe für die Angelegenheit "Getrenntleben, Ehescheidung, Folgesachen insbesondere Unterhaltsfragen, Vermögensauseinandersetzung und Sorgerechtsfragen/Umgang". In der Folgezeit wurde Frau T von der Antragstellerin in der Zeit von April 2007 bis Januar 2008 anwaltlich beraten.

Mit Antrag vom 29.1.2008 hat die Antragstellerin die Festsetzung von Gebühren für Beratungshilfe für fünf Angelegenheiten i.H.v. insgesamt 1.279,25 EUR (5 × 255,85 EUR) beantragt. Durch Beschluss des AG Monschau - Rechtspflegerin - vom 13.3.2008 ist die der Antragstellerin zustehende Vergütung auf 255,85 EUR festgesetzt worden. Zur Begründung hat die Rechtspflegerin ausgeführt, es habe sich insgesamt nur um eine Angelegenheit gehandelt.

Die hiergegen eingelegte Erinnerung der Antragstellerin ist durch Beschluss des AG Monschau vom 30.5.2008 zurückgewiesen worden, ebenso die hiergegen eingelegte Beschwerde der Antragstellerin durch den nunmehr angefochtenen Beschluss der 3. Zivilkammer des LG Aachen vom 10.10.2008, mit dem die weitere Beschwerde wegen der grundsätzlichen Bedeutung der Sache zugelassen worden ist. Das LG hat die Auffassung vertreten, dass die Antragstellerin schon deswegen nur eine Angelegenheit abrechnen könne, weil nur für eine Angelegenheit Beratungshilfe bewilligt worden sei.

Die Antragstellerin hat gegen die Beschwerdeentscheidung weitere Beschwerde eingelegt, zu der der Bezirksrevisor ablehnend Stellung genommen hat.

Die Beteiligten streiten darüber, ob bei der Abrechnung der Beratungshilfevergütung von einer Angelegenheit oder von mehreren auszugehen ist.

II. Die weitere Beschwerde der Antragstellerin ist kraft Zulassung gemäß der §§ 55 Abs. 4, 56 Abs. 2 Satz 1, 33 Abs. 6 RVG statthaft und zulässig.

In der Sache ist das Rechtsmittel teilweise begründet. Der angefochtene Beschluss des LG Aachen hält der rechtlichen Nachprüfung nicht stand.

Der Antragstellerin steht für die Beratung in insgesamt vier Angelegenheiten eine Vergütung nach § 2 Abs. 2 RVG i.V.m. RVG VV-Nr. 2503 und 2508 nebst Auslagenpauschale und Umsatzsteuer i.H.v. jeweils 255,85 EUR, d.h. i.H.v. insgesamt 1.023,40 EUR zu.

Nach dem Beratungshilfegesetz wird Beratungshilfe in "Angelegenheiten" gewährt (§§ 2 Abs. 2, 6 BerHG), so dass auch die Vergütung, die der Rechtsanwalt nach den Vorschriften des RVG erhält (§ 44 RVG), auf die "Angelegenheit" auszurichten ist. Eine Definition des Begriffs Angelegenheit ergibt sich aus dem Gesetz nicht, so dass auf die Vorschriften des RVG (§§ 15 ff.) zurückzugreifen ist. Aus den §§ 15, 22 Abs. 1 RVG ergibt sich, dass die Gebühren in "derselben Angelegenheit" nur einmal entstehen, in mehreren Angelegenheiten dagegen mehrfach. Da bei den Pauschgebühren der Beratungshilfe das Korrektiv des Gegenstandswertes fehlt, kommt der Abgrenzung, wann eine Angelegenheit vorliegt und wann mehrere Angelegenheiten anzunehmen sind, erhebliche praktische Bedeutung zu. So ist auch der Entscheidung des BVerfG vom 31.10.2001 (BVerfG AGS 2002, 273) zu entnehmen, dass der Begriff der Angelegenheit aus verfassungsrechtlicher Sicht wegen der ohnehin zu niedrigen Gebühren...

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