Entscheidungsstichwort (Thema)
Vollstreckbarkeitserklärung eines ausländischen Titels, Vollstreckungsgegenklage im Hinblick auf laufendes Verbraucherinsolvenzverfahren
Leitsatz (amtlich)
1. Der Schuldner kann das insolvenzrechtliche Verbot der Einzelzwangsvollstreckung nicht mit der Vollstreckungsgegenklage geltend machen, sondern nur mit einer Vollstreckungserinnerung nach § 766 ZPO.
2. § 14 Abs. 2 AVAG begründet keine Zuständigkeit des LG für Vollstreckungserinnerungen. Vielmehr bezieht sich die Zuständigkeit des die Vollstreckungsklausel erteilenden Gerichts nur auf die Klage nach § 767 ZPO. Die sich an die Klauselerteilung anschließende Zwangsvollstreckung richtet sich auch bei ausländischen Titeln nach den allgemeinen Regeln des 8. Buches der ZPO.
3. Die Restschuldbefreiung im Verbraucherinsolvenzverfahren nach §§ 300, 301 InsO begründet erst dann einen materiellen Einwand i.S.v. § 767 ZPO, wenn sie vom Insolvenzgericht erteilt wurde.
Normenkette
AVAG § 14 Abs. 1 i.V.m. ZPO § 767; InsO §§ 89, 294 Abs. 1, §§ 300-301
Verfahrensgang
LG Köln (Beschluss vom 04.01.2010; Aktenzeichen 9 O 467/08) |
Tenor
Die sofortige Beschwerde des Antragstellers gegen den Beschluss der 9. Zivilkammer des LG Köln vom 4.1.2010 - 9 O 467/08 - wird zurückgewiesen.
Gründe
I. Mit Beschluss vom 20.1.2006 wurde gegen den Antragsteller unter Bestellung eines Treuhänders das Verbraucherinsolvenzverfahren eröffnet. Danach, nämlich mit Beschluss vom 19.12.2007 wurde durch Beschluss des Vorsitzenden einer Zivilkammer des LG Aachen ein am 14.12.2005 ergangenes Urteil des AG Krakow/Polen gegen den Antragsteller auf Zahlung von 54.725,87 PLN nebst Zinsen und Verfahrenskosten für vollstreckbar erklärt. Eine hiergegen eingelegte Beschwerde nahm der Antragsteller zurück, nachdem er seitens des Senats darauf hingewiesen worden war, dass Versagungsgründe nach Art. 34 EuGVVO nicht hinreichend dargetan seien und die Eröffnung eines Insolvenzverfahrens bereits vor der Einleitung eines Vollstreckbarkeitsverfahrens keinen Einfluss auf letzeres habe. Danach erwirkte der Antragsgegner noch einen Kostenfestsetzungsbeschluss gegen den Antragsteller wegen der Kosten des Vollstreckbarkeitsverfahrens.
Vorliegend begehrt der Antragsteller die Gewährung von Prozesskostenhilfe für eine Vollstreckungsgegenklage gegen das Urteil des AG Krakow in Verbindung mit dem Vollstreckbarkeitsbeschluss vom 6.2.2008. Dieses Begehren stützt er darauf, dass wegen des Verbraucherinsolvenzverfahrens eine Zwangsvollstreckung unzulässig sei, jedoch der Antragsgegner eine Aufforderung, von Zwangsvollstreckungsmaßnahmen abzusehen nicht beantwortet, sondern im Gegenteil danach noch das Kostenfestsetzungsverfahren betrieben habe.
Nach Zurückweisung des Prozesskostenhilfegesuchs durch das LG verfolgt der Antragsteller mit seiner sofortigen Beschwerde sein Begehren weiter und ergänzt dieses nunmehr hilfsweise dahingehend, dass Prozesskostenhilfe auch für eine Erinnerung gem. § 766 ZPO begehrt wird.
II. Die zulässige, insb. rechtzeitig eingelegte sofortige Beschwerde, der das LG nicht abgeholfen hat, ist nicht begründet.
Das LG hat dem Antragsteller mit Recht die nachgesuchte Prozesskostenhilfe wegen fehlender Erfolgsaussicht der beabsichtigten Rechtsverfolgung verweigert.
Ziel des erstinstanzlichen Begehrens des Antragstellers war es nach den zutreffenden Feststellungen des LG, für die Dauer des Verbraucherinsolvenzverfahrens Vollstreckungsmaßnahmen aus dem für vollstreckbar erklärten polnischen Urteil und dem ergangenen Kostenfestsetzungsbeschluss zu verhindern. Damit hat der Antragsteller indes keinen materiell-rechtlichen Einwand gegen den titulierten Anspruch selbst geltend gemacht, der alleine Gegenstand einer Vollstreckungsgegenklage gem. § 14 Abs. 1 AVAG i.V.m. § 767 ZPO sein könnte. Vollstreckungsmaßnahmen eines Gläubigers, die gegen das Verbot der Einzelzwangsvollstreckung gem. § 89 InsO bzw. - wie hier - § 294 Abs. 1 InsO ergehen, können dagegen nur mit vollstreckungsrechtlichen Rechtsbehelfen, also der Erinnerung nach § 766 ZPO bzw. der Rechtspflegererinnerung gem. § 11 Abs. 1 Satz 1 RpflG angefochten werden (vgl. z.B. MünchKomm/Ehricke, InsO, 2. Aufl., § 294 Rz. 16). Auch dies hat bereits das LG zutreffend ausgeführt.
Der Hinweis der Beschwerde darauf, dass im Rahmen der beantragten Restschuldbefreiung die Wohlverhaltensphase im Januar 2012 auslaufe, vermag dem Begehren ebenfalls nicht zum Erfolg zu verhelfen. Die bloße Möglichkeit, dass es demnächst zu einer Restschuldbefreiung kommen kann, begründet alleine noch keinen Einwand gegen den titulierten Anspruch selbst. Erst die Restschuldbefreiung selbst gem. den §§ 300, 301 InsO führt zu einer Umgestaltung der titulierten Forderung, nämlich zur Entstehung einer unvollkommenen Verbindlichkeit, die weiterhin erfüllbar, aber nicht erzwingbar ist. Deswegen kann der Einwand eines Schuldners, aus einem gegen ihn ergangenen Titel könne wegen Erteilung der Restschuldbefreiung nicht mehr vollstreckt werden, zwar im Wege der Vollstreckungsgegenkla...