Leitsatz (amtlich)
1. Die versehentliche Zustellung einer als Entwurf zu wertenden Vorversion des Beschlusses, in der im Tenor entgegen der rechtsverbindlich elektronisch signierten Fassung die Zulassung der Rechtsbeschwerde versagt wurde, ist jedenfalls dann unschädlich, wenn es sich um einen Fehler handelt, der - wäre er bei der Entscheidungsabfassung unterlaufen - gemäß § 42 FamFG hätte korrigiert werden können.
2. Die Einreichung eines irrtümlich als vor Feststellung bezeichneten Jahresabschlusses bei dem Unternehmensregister genügt der Offenlegungspflicht aus §§ 325 f. HGB nicht und stellt auch keinen bußgeldbewährten Verstoß (§ 334 Abs. 1 S. 1 Nr. 5 HGB) gegen die in § 328 Abs. 1a S. 1 HGB geregelten Inhaltsvorgaben der Offenlegung dar.
3. Offenzulegen ist gemäß § 325 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 HGB der festgestellte oder gebilligte Jahresabschluss. Dabei handelt es sich um eine erfolgsbezogene Pflicht der Gesellschaft.
4. Maßgeblich ist nicht der Zeitpunkt der Feststellung, sondern Anknüpfungspunkt für die Bewertung des Sachverhalts im Lichte des § 325 HGB kann nur der Wortlaut des eingereichten Jahresabschlusses sein, wie er als Grundlage für die Bekanntmachung und damit auch für die Einsicht Dritter dient.
5. Nur diese Auslegung gewährt, dass die von § 325 HGB im Einklang mit Art. 30 Abs. 1 der Richtlinie 2013/34/EU verfolgten Zwecke der Transparenz und Publizität erfüllt werden können. Anderenfalls würde die Publizitätswirkung des Unternehmensregisters entwertet, da das Register dann den eine Auskunft einholenden Marktteilnehmern gerade nicht eine verlässliche Informationsquelle bereitstellen und ihnen nicht erfüllbare Nachforschungspflichten auferlegen würde.
Normenkette
HGB §§ 325, 335, 335a; Richtlinie 2013/34/EU Art. 30 Abs. 1
Verfahrensgang
LG Bonn (Aktenzeichen 11 T 529/22) |
Tenor
Auf die Rechtsbeschwerde des Rechtsbeschwerdeführers vom 04.01.2024 wird der Beschluss des Landgerichts Bonn vom 31.10.2023 (11 T 529/22) aufgehoben.
Die Beschwerde der Beschwerdeführerin vom 16.11.2021 gegen die Ordnungsgeldentscheidung vom 02.11.2021 (EHUG - 00024709/2020 - 01/02) wird kostenpflichtig zurückgewiesen.
Von der Erhebung von Gerichtskosten für das Rechtsbeschwerdeverfahren wird abgesehen.
Gründe
I. Die Beschwerdeführerin wendet sich gegen die Festsetzung eines Ordnungsgeldes in Höhe von 2.500 EUR wegen Nichteinreichung ihrer Jahresabschlussunterlagen für das Jahr 2018 bei dem Betreiber des elektronischen Bundesanzeigers.
Mit Verfügung vom 12.02.2020 drohte der Rechtsbeschwerdeführer der Beschwerdeführerin die Verhängung eines Ordnungsgelds in Höhe von 2.500 Euro wegen unterlassener Einreichung der Jahresabschlussunterlagen für das Geschäftsjahr 2018 an.
Hiergegen legte die Beschwerdeführerin Einspruch ein mit der Begründung, dass die Unterlagen bereits am 16.02.2020 eingereicht worden seien.
Die am 16.02.2020 bei dem Betreiber des Bundesanzeigers zur Hinterlegung eingereichten Jahresabschlussunterlagen 2018 enthielten im Anhang für das Geschäftsjahr 2018 unter "IV. sonstige Angaben" folgende Angabe: "Der Jahresabschluss ist vor der Veröffentlichung noch nicht festgestellt worden".
Mit der streitgegenständlichen Verfügung vom 02.11.2021 verwarf der Rechtsbeschwerdeführer den Einspruch und setzte das angedrohte Ordnungsgeld fest. Zur Begründung führte er aus, dass der offengelegte Jahresabschluss festgestellt oder gebilligt sein müsse. Dies sei hier aufgrund der Angabe, dass der Abschluss vor der Veröffentlichung noch nicht festgestellt worden sei, nicht gegeben.
Am 16.11.2021 legte die Beschwerdeführerin über ihren Steuerberater Beschwerde ein und führte zur Begründung aus, dass es sich bei dem mit Datum vom 16.02.2020 hinterlegten Jahresabschluss um einen von den Gesellschaftern festgestellten Jahresabschluss gehandelt habe. In dem beigefügten Anhang habe es aufgrund eines Büroversehens keinen Hinweis auf die Feststellung des Jahresabschlusses gegeben, stattdessen sei ein fehlerhafter Textbaustein eingefügt worden. Zwischenzeitlich sei der Anhang berichtigt und um die Information zur Feststellung des Jahresabschlusses ergänzt worden.
Aufgrund einer weiteren Einreichung der Beschwerdeführerin vom 09.11.2021 wurde vom Betreiber des Bundesanzeigers am 11.11.2021 ein berichtigter Anhang für das Geschäftsjahr 2018 nebst Bilanz im Unternehmensregister hinterlegt. Dieser Anhang enthält nunmehr die Angabe: "Der Jahresabschluss ist am 16.02.2020 festgestellt worden".
Der Rechtsbeschwerdeführer half der Beschwerde nicht ab und legte sie mit Nichtabhilfeentscheidung vom 31.08.2022 dem Landgericht vor.
Mit Beschluss vom 31.10.2023 hat das Landgericht die Ordnungsgeldentscheidung vom 02.11.2021 einschließlich der Feststellung von Zustellungskosten aufgehoben und die Rechtsbeschwerde zugelassen.
Zur Begründung seiner Entscheidung stellt das Landgericht darauf ab, dass die Beschwerdeführerin ihre Offenlegungsverpflichtung bereits durch die Einreichung am 16.02.2020 innerhalb der sechswöchigen Nachfrist erfüllt habe, der Jahresabschluss 2018 s...