Entscheidungsstichwort (Thema)
Kostenvorschuss, Teil-Klagerücknahme vor Klagezustellung
Leitsatz (amtlich)
Nimmt der Kläger vor Klagezustellung die Klage teilweise zurück, dann ist für die Berechnung des Kostenvorschusses weiterhin der höhere Streitwert maßgeblich. Nr. 1211 KV-GKG findet keine Anwendung.
Normenkette
GKG § 6 Abs. 1; KV GKG Nr. 1211
Verfahrensgang
LG Aachen (Beschluss vom 28.03.2011; Aktenzeichen 41 O 9/11) |
Tenor
Die Beschwerde wird zurückgewiesen.
Die Entscheidung ergeht gerichtsgebührenfrei; Kosten werden nicht erstattet.
Gründe
I. Die Klageschrift ging Ende Januar 2011 bei Gericht ein. Als Streitwert waren 16.765,47 EUR angegeben. Ungeachtet dessen setzte das LG den Streitwert vorläufig auf 153.600 EUR fest und forderte weiteren Gerichtskostenvorschuss i.H.v. 2.448 EUR an. "Zur Minimierung des Prozesskostenrisikos" reichte der Kläger nunmehr eine neue Klageschrift zur Akte, mit der er sein Klagebegehren auf einen Streitwert von 25.100 EUR reduzierte. Trotzdem beharrte das LG auf die Einzahlung des angeforderten Vorschusses nach dem hohen Streitwert. Dem kam der Kläger sodann nach, so dass das LG die Zustellung verfügte. Zugleich setzte es den Streitwert vorläufig auf 153.600 EUR bis zum 11.2.2011 und für die Zeit danach auf 25.100 EUR fest.
Mit seiner Erinnerung greift der Kläger den Kostenansatz an, soweit er über einen Streitwert von 25.100 EUR hinaus geht. Er meint, infolge der Reduzierung müsse sich die Berechnung für zwei Gebühren nach einem Wert von 25.100 EUR richten. Dafür spreche auch, dass er die erhobene Klage habe zurücknehmen und sodann nach einem verminderten Streitwert neu hätte einreichen können. Nr. 1211 KV-GKG sei analog im vorliegenden Fall anzuwenden.
Der Bezirksrevisor ist dagegen der Ansicht, die Anforderung von Kostenvorschuss auf der Basis eines Streitwertes von 153.600 EUR sei zutreffend. Durch die Einreichung der Klageschrift sei dieser fällig geworden, § 6 Abs. 1 GKG. Es komme nicht auf den Zeitpunkt der Zustellung an. Eine Reduzierung komme nur bei Vorliegen eines Ermäßigungstatbestandes nach Nr. 1211 KV-GKG in Betracht. Dabei handele es sich um eine Ausnahmevorschrift.
Das LG hat die Erinnerung zurückgewiesen. Der hiergegen gerichteten Beschwerde hat es nicht abgeholfen und die Sache dem Senat zur Entscheidung vorgelegt.
II.1. Das Rechtsmittel ist als Beschwerde gegen den Kostenansatz gem. § 66 Abs. 3 GKG statthaft. Der Zulässigkeit steht nicht entgegen, dass der Kläger die Kosten in angeforderter Höhe bereits bezahlt hat (Hartmann, Kostengesetze, 41. Aufl., § 66 Rz. 18).
2. Die Beschwerde ist jedoch unbegründet.
Ein Rückzahlungsanspruch besteht nicht. Einer der Ausnahmetatbestände von Nr. 1211 KV-GKG ist nicht gegeben. Eine analoge Anwendung dieser Norm kommt nicht in Betracht.
a) In bürgerlichen Rechtsstreitigkeiten wird die Verfahrensgebühr mit Einreichung der Klageschrift fällig, § 6 Abs. 1 GKG. Die Zustellung der Klageschrift ist zur Begründung der Fälligkeit nicht erforderlich (Meyer, Gerichtskosten der streitigen Gerichtsbarkeiten und des Familienverfahrens, 12. Aufl., § 6 GKG, Rz. 9, 11; Binz/Dorndörfer/Petzold/Zimmermann, GKG/FamGKG/JVEG, 2. Aufl., § 6 Rz. 3 f.). Diese wird nicht dadurch tangiert, dass das Verfahren auf Antrag des Klägers vor Zustellung oder mangels Zustellung der Klageschrift wegen fehlerhafter Anschrift des Beklagten nicht weiter betrieben wird bzw. werden kann. Eine Ermäßigung nach Nr. 1211 KV-GKG erfolgt nur, wenn der Kläger seine Klage ausdrücklich zurück nimmt. Anderenfalls erfolgt dies erst nach 6 Monaten bei Aktenweglegung, falls die Kosten bereits gezahlt waren (Meyer, § 6 Rz. 14).
Wird die Klageforderung - sei es vor oder nach Zustellung - teilweise reduziert, so führt dies weder zur Verringerung noch gar zum Wegfall der Gebühr. Allein bei Vorlage der Voraussetzungen von Nr. 1211 KG-GKG kommt eine Teilrückzahlung in Betracht (Binz u.a., Nr. 1210 Rz. 11). Vielmehr kann sich die allgemeine Verfahrensgebühr - ebenso wenig wie die Verfahrensgebühr nach Nr. 3100 RVG-VV zugunsten des Rechtsanwaltes - nicht nachträglich vermindern (Meyer, Nr. 1211 Rz. 19; Hartmann, Nr. 1211 Rz. 26). Wird eine Klage beispielsweise über 11.000 EUR eingereicht, die später auf 600.000 EUR ermäßigt und sodann auf 12.000 EUR erhöht wird, so fällt die dreifache Gebühr nach Nr. 1210 KV-GKG nach einem Streitwert von 12.000 EUR an (Binz u.a., Rz. 11; Hartmann, Nr. 1210 Rz. 26).
Hiernach unterliegt es keinem rechtlichen Zweifel, dass der Kostenansatz zutreffend erfolgt ist i.H.v. 3,0 Gebühren nach einem Streitwert von 153.600 EUR, ohne dass eine Reduzierung eingetreten wäre.
b) Dem kann der Kläger nicht entgegen halten, er habe die Möglichkeit gehabt, die zunächst erhobene Klage (Streitwert 153.600 EUR) in voller Höhe zurückzunehmen mit der Folge einer Gebührenreduzierung nach Nr. 1211 Nr. 1 KV-GKG auf 1,0, um die Klage sodann erneut auf der Grundlage eines Streitwertes von 25.100 EUR neu zu erheben. Denn er hat von dieser Möglichkeit keinen Gebrauch gemacht.
c) Schließlich ...