Verfahrensgang
LG Aachen (Beschluss vom 06.04.2006; Aktenzeichen 3 T 422/05) |
AG Aachen (Beschluss vom 19.10.2005; Aktenzeichen 69 XVII L 539) |
Tenor
Auf die weitere Beschwerde des Bezirksrevisors wird der Beschluss der 3. Zivilkammer des LG Aachen vom 6.4.2006 - 3 T 422/05 - abgeändert und die sofortige Beschwerde des Betreuers gegen den Beschluss des AG Aachen vom 19.10.2005 - 69 XVII L 539 - zurückgewiesen .
Gründe
I. Der Betroffene steht seit 23.7.2002 unter Betreuung, für die der Beteiligte zu 1) als Berufsbetreuer am 9.5.2003 im Anschluss an einen früheren Berufsbetreuer bestellt wurde. Der Betreute befand sich aufgrund eines Strafverfahrens vom 30.9.2004 bis 4.10.2004 in Untersuchungshaft in der JVA G., sodann ab 5.10.2004 in den Rheinischen Kliniken C., dem ein Unterbringungsbefehl gem. § 126a StPO zugrunde lag. Nach der Hauptverhandlung am 30.11.2005 wurde der Betreute in die JVA I. verlegt.
Der Betreuer hat mit Antrag vom 5.10.2005 seine Vergütung für den Zeitraum vom 1.7. bis 30.9.2005 geltend gemacht und hierzu den Status "mittellos/Wohnung" zugrunde gelegt. Das AG hat hiervon abweichend eine Heimunterbringung angenommen und dementsprechend statt der beantragten 359,57 EUR lediglich 201 EUR angesetzt. Die hiergegen gerichtete sofortige Beschwerde hatte Erfolg, da das LG dem Antrag des Beteiligten zu 1) gefolgt ist und in der Unterbringung in der Psychiatrischen Klinik keine Heimunterbringung gesehen hat. Gegen diese Entscheidung richtet sich die weitere Beschwerde des Bezirksrevisors, die rechtzeitig eingelegt worden ist. Der Bezirksrevisor ist der Ansicht, wegen der Dauer der Unterbringung, die 3 Monate überschreite, sei von einem Heimaufenthalt auszugehen, so dass weniger Arbeitsstunden abgerechnet werden müssten.
II. Das zulässige Rechtsmittel hat in der Sache Erfolg und führt zur Wiederherstellung der Entscheidung des AG.
Das LG ist davon ausgegangen, dass die aufgrund eines Unterbringungsbefehls vollzogene Unterbringung des Betroffenen in einem psychiatrischen Krankenhaus nur vorübergehender Natur sei und deshalb für den Betroffenen keinen gewöhnlichen Aufenthalt in einem Heim begründet. Diese Ansicht ist in Hinblick auf die hier gegebene Dauer der Unterbringung nicht rechtsfehlerfrei.
Dem Betreuer steht ein Vergütungsanspruch lediglich i.H.v. 201 EUR für den Zeitraum vom 1.7.2005 bis 30.9.2005 zu, §§ 1908 i, 1836 Abs. 1, 1836d BGB, 4 Abs. 1, 5 Abs. 1, 2, 3 VBVG. Die aufgrund eines Unterbringungsbefehls nach § 126a StPO im Abrechnungszeitraum bereits seit fast neun Monaten andauernde Unterbringung des Betreuten in einer psychiatrischen Klinik ist bei der Bemessung der Vergütung des Betreuers trotz der lediglich vorläufigen Regelung des Unterbringungsbefehls als Heimunterbringung gem. § 5 Abs. 1 S. 1, Abs. 3 VBVG anzusehen. Mithin sind - unter Berücksichtigung der Mittellosigkeit des Betreuten - als Zeitaufwand monatlich zwei Stunden anzusetzen.
Der Ansatz des LG, dass die Rheinischen Kliniken C die Voraussetzungen eines Heimes i.S.d. § 5 Abs. 3 VBVG erfüllen, ist zutreffend. Es handelt sich hierbei um eine Einrichtung i.S.d. § 5 Abs. 3 S. 1 VBVG, der fast wörtlich mit § 1 Abs. 1 HeimG übereinstimmt. Die genannten Anforderungen an ein Heim erfüllt auch ein psychiatrisches Krankenhaus wie C. Auf § 1 Abs. 6 HeimG verweist § 5 Abs. 3 VBVG gerade nicht. Für die Entgeltlichkeit des Betriebs der Einrichtung ist es ausreichend, dass die Bewohner kraft Gesetzes zur Zahlung verpflichtet sind oder ein Dritter verpflichtet wird (vgl. Fröschle, Betreuungsrecht 2005, Rz. 294). Das ist hier der Fall, da staatliche Träger, sei es der Sozialhilfeträger oder die Landeskasse, zur Leistung verpflichtet sind.
Entscheidend ist, ob der Betreute seinen gewöhnlichen Aufenthalt in diesem Heim begründet hat (so die BT-Drucks. 15/2494, 32; Dodegge, NJW 2005,1896 Fn. 22). Die Ansicht des LG, dass eine Unterbringung in einer psychiatrischen Klinik aufgrund eines Unterbringungsbefehls nach § 126a StPO oder eine Untersuchungshaft aufgrund eines Haftbefehls gem. § 112 StPO keinen gewöhnlichen Aufenthalt i.S.d. § 5 Abs. 1 S. 2 VBVG begründen kann, ist für den Regelfall nicht zu beanstanden. Denn der Begriff des gewöhnlichen Aufenthalts verweist auf den Ort, an dem der Betroffene seinen tatsächlichen Lebensmittelpunkt hat. Bei nur vorübergehender Abwesenheit von diesem Ort aufgrund einer zwangsweisen vorübergehenden Unterbringung in einer Klinik oder Haftanstalt verändert sich dieser gewöhnliche Lebensmittelpunkt noch nicht (dazu Fröschle, Betreuungsrecht 2005, Rz. 301 ff.). Beide Zwangsmaßnahmen dienen einer nur vorübergehenden Sicherung des Aufenthaltes des Betroffenen bis zu dessen Hauptverhandlung. Sie können bei Veränderung der Umstände jederzeit aufgehoben werden, so dass der Betroffene umgehend entlassen werden muss (vgl. §§ 126a Abs. 3, 120 StPO). Dieser - auch im Schrifttum (Fröschle, Betreuungsrecht 2005, Rz. 301 ff., m.w.N.) vertretenen - Ansicht tritt der Senat bei.
Im vorliegenden Fall ist allerdings von dem Regelfall ab...