Verfahrensgang
AG Bonn (Entscheidung vom 27.10.2010; Aktenzeichen 35 VI 329/09 Npfl.) |
Tenor
Der Nichtabhilfe- und Vorlagebeschluss des Rechtspflegers des Amtsgerichts Bonn vom 30.12.2010 wird aufgehoben. Das Verfahren wird zur ordnungsgemäßen Entscheidung über die Frage, ob der Beschwerde der Beteiligten zu 1) vom 10.11.2010 gegen den Beschluss vom 27.10.2010 - 35 VI 329/09 Npfl. - abgeholfen wird, an das Amtsgericht Bonn zurückgegeben.
Kosten des Verfahrens vor dem Oberlandesgericht werden nicht erhoben.
Gründe
1.
Nachdem der Nachlasspfleger einen notariell beurkundeten Kaufvertrag vom 01.12.2009 eingereicht hatte, bestellte das Amtsgericht mit Beschluss vom 15.12.2009 für die unbekannten Erben der Erblasserin die Antragstellerin zur Verfahrenspflegerin und stellte fest, dass die Verfahrenspflegschaft berufsmäßig geführt werde; als Gegenstand des Verfahrens wurde im Beschluss “das nachlassgerichtliche Genehmigungsverfahren bezüglich der Veräußerung des Grundstücks samt Nebengeschäften„ bezeichnet. Mit Schreiben vom 31.01.2010 nahm die Antragstellerin zu dem Kaufvertrag näher Stellung und erklärte, gegen dessen nachlassgerichtliche Genehmigung keine Bedenken zu haben. Das Amtsgericht erteilte daraufhin die nachlassgerichtliche Genehmigung.
Mit Schreiben vom 18.04.2010, eingegangen beim Amtsgericht am 20.04.2010, hat die Antragstellerin unter Beifügung einer Kostenberechnung, die sich über eine “1,5 Geschäftsgebühr gem. Nr. 2300 VV RVG„ zuzüglich Nebenkosten und Mehrwertsteuer verhält, die Festsetzung einer Vergütung in Höhe von 1.042,86 € beantragt. Mit Beschluss vom 27.10.2010 hat der Rechtspfleger des Amtsgerichts den Vergütungsantrag zurückgewiesen. Gegen diesen am 05.11.2010 zugestellten Beschluss wendet sich die Antragstellerin mit ihrer am 11.11.2010 beim Amtsgericht eingegangene Beschwerde vom 10.11.2010. Dieser hat der Rechtspfleger des Amtsgerichts mit Beschluss vom 30.12.2010 nicht abgeholfen und sie dem Oberlandesgericht vorgelegt.
2.
Auf das vorliegende Vergütungsverfahren finden die Vorschriften des am 01.09.2009 in Kraft getretenen FamFG und die insoweit geltenden Zuständigkeitsregelungen Anwendung. Das Verhältnis von altem und neuem Verfahrensrecht ist in der Übergangsvorschrift des Art. 111 Abs. 1 FGG-RG geregelt. Dort bestimmt Satz 1, dass auf Verfahren, die vor dem 1. September 2009 eingeleitet worden sind und deren Einleitung bis zu diesem Zeitpunkt beantragt wurde, weiter die vor In-Kraft-Treten des FGG-Reformgesetzes geltenden Vorschriften anzuwenden sind. Maßgebend ist dabei der Zeitpunkt der Einleitung des erstinstanzlichen Verfahrens (ganz einhellige Rechtsprechung, vgl. nur BGH, FGPrax 2010, 102 m.w.N.). Hinsichtlich des allein maßgeblichen Zeitpunktes der Verfahrenseinleitung ist für die Frage des anzuwendenden Verfahrensrechts bei sogenannten Bestandsverfahren - hierzu zählt auch eine Nachlasspflegschaft - zu prüfen, inwieweit ein selbständiges Verfahren vorliegt. Selbständig ist jedes gerichtliche Verfahren, das mit einer Endentscheidung abgeschlossen wird, Art. 111 Abs. 2 FGG-RG (vgl. BT-Drucks. 16/11903, S. 61). Ausgehend von diesen Grundsätzen ist auch jeder Vergütungsfestsetzungsantrag als selbständiges Verfahren im Sinne von Art. 111 Abs. 1, 2 FGG-RG zu bewerten. Denn jeder Antrag ist durch eine als Beschluss zu erlassenden Entscheidung zu erledigen (vgl. OLG Dresden RPfl 2010, 325; OLG Nürnberg RPfl 2010, 426 betr. die Vergütung eines Vormundes). Mithin handelt es sich auch bei dem vorliegenden Verfahren, in dem es um die Vergütung der vom Nachlassgericht bestellten Verfahrenspflegerin geht, um ein selbständiges Verfahren im obigen Sinne. Der danach hier maßgebliche Antrag, nämlich der Antrag auf Festsetzung der Verfahrenspflegervergütung, ist am 20.04.2010 und damit nach dem in Art. 112 FGG-RG festgelegten Stichtag, dem 01.09 2009, beim Amtsgericht eingegangen.
Als Beschwerdegericht ist danach hier gemäß § 119 Abs. 1 Nr. 1 b GVG in der am 01.09.2009 in Kraft getretenen Fassung das Oberlandesgericht zuständig.
Der Senat gibt die Sache zur Nachholung eines ordnungsgemäßen Abhilfeverfahrens an das Amtsgericht zurück (vgl. zu dieser Möglichkeit OLG München FamRZ 2010, 1000; Keidel/Sternal, FamFG, 16. Aufl. 2009, § 68 Rn. 34; Bahrenfuss/Rüntz, FamFG, 2009, § 38 Rn. 26; Burandt /Rojahn, Erbrecht, 2011, § 68 FamFG Rn. 4; sowie zu den Parallelvorschriften der ZPO: OLGR Köln 2007, 570; Zöller/Heßler, ZPO, 28. Aufl. 2010, § 572 Rn. 4). Mangels ordnungsgemäßer Vorlage durch einen - ordnungsgemäß begründeten - Nichtabhilfebeschluss des Rechtspflegers ist sie noch nicht bei dem Beschwerdegericht angefallen.
Die Verfahrensweise des Rechtspflegers nach Eingang der Beschwerdeschrift genügt nicht den Anforderungen des § 68 Abs. 1 Satz 1 FamFG. Hieraus ergibt sich in Verbindung mit § 11 Abs. 1 RPflG die Befugnis und die damit korrespondierende Pflicht des Amtsgerichts, bei einer Beschwerde zu prüfen, ob auf das Rechtsmittel hin eine Abänderung der Entscheidung veranlasst ist, und diese Abänderung ge...