Entscheidungsstichwort (Thema)
Bauvertrag, Sicherheitseinbehalt
Leitsatz (amtlich)
1. Die Vereinbarung eines Sicherheitseinbehalts in den Allgemeinen Geschäftsbedingungen des Auftraggebers von Bauleistungen ist nach § 307 BGB unwirksam, wenn der Sicherheitseinbehalt dadurch, dass die Abnahme der Werkleistungen von der Mitwirkung eines vertragsfremden Dritten (hier der Mieter des Werkobjektes) abhängig gemacht wird, nicht an eine zeitliche Höchstgrenze gebunden ist.
2. Stellt sich die der Sicherheitsvereinbarung zugrundliegende Abnahmeregelung als geschlossene Einheit dar, die aus Sicht des Klauseladressaten darauf ausgerichtet ist, dass die Abnahme nur gemeinsam durch den Auftraggeber und die Mieter erklärt werden kann, so besteht für eine Teilaufrechterhaltung der Klausel hinsichtlich der Vereinbarung einer förmlichen Abnahme in Anbetracht der ohnehin bestehenden Regelungen zur Abnahme (§§ 640 BGB, 17 Abs. 4 VOB/B) kein Anlass.
Normenkette
BGB §§ 305 ff.; VOB/B § 17
Verfahrensgang
LG Köln (Urteil vom 18.08.2015; Aktenzeichen 27 O 139/15) |
Tenor
Der Senat beabsichtigt, die Berufung gegen das Urteil des LG Köln vom 18.8.2015 - 27 O 139/15 - durch Beschluss gemäß § 522 Abs. 2 ZPO zurückzuweisen.
Es besteht Gelegenheit zur Stellungnahme binnen drei Wochen ab Zustellung dieses Beschlusses.
Gründe
I. Die Klägerin nimmt die Beklagte auf Zahlung aus zwei Gewährleistungsbürgschaften in Anspruch. Auf Grundlage des Bauwerkvertrages vom 28.01/12.02.2009 beauftragte die Klägerin die Fa. E Bau GmbH mit der Erstellung eines Fachmarktzentrums in T/L zu einem Pauschalpreis in Höhe von 1.830.000,00 EUR netto. Vereinbart war die Geltung der VOB/B.
In § 7 des Bauwerkvertrages ist vereinbart:
"1. Nach Beendigung der Arbeiten findet eine förmliche Abnahme statt [...]. In die Abnahme sind auch die jeweiligen Mieter des Vertragsgegenstandes einzubeziehen. Nehmen diese das Objekt nicht ab oder verweigern die Mieter wegen Mängeln die Übernahme, gilt das Vertragsobjekt auch im Verhältnis der Parteien des vorliegenden Vertrages als nicht abgenommen.
2. Bei der Abnahme festgestellte Mängel sind unverzüglich zu beseitigen. Eine fiktive sowie eine konkludente Abnahme im Sinne des § 12 VOB/B sind ausgeschlossen. Die Inbetriebnahme oder den Bezug der Gebäude durch die Mieter ersetzen die Abnahme nicht."
§ 13 des Vertrages lautet auszugsweise:
"1. Der Auftragnehmer ist berechtigt, nach der förmlichen Abnahme 5 % der Bruttoauftragssumme auf die Dauer der Gewährleistungsfrist als Sicherheit einzubehalten.
2. Der AN kann den Sicherheitseinbehalt gegen Vorlage einer Bürgschaft, die den Vorgaben gemäß Anlage 8 entsprechen muss, auslösen [...]."
Die in § 13 in Bezug genommene Bürgschaftsmuster in Anlage 8 enthält folgende Klausel:
"Für die Erfüllung der dem Auftragnehmer obliegenden Mängelgewährleistung aus obigem Bauvertrag übernimmt die Bank hiermit gegenüber dem Auftraggeber unter Verzicht auf die Einrede der Anfechtbarkeit und der Vorausklage (§§ 770, 771 BGB) die selbstschuldnerische Bürgschaft bis zum Höchstbetrag von [...].
Diese Bürgschaft ist unbefristet, die Gewährleistung beginnt mit der Abnahme des Gewerks durch den Auftraggeber."
In der Folgezeit übernahm die Beklagte zwei Gewährleistungsbürgschaften, in denen es auszugsweise heißt:
"Wir verpflichten uns demgemäß, dem Bürgschaftsempfänger alle vorgenannten Ansprüche unter Verzicht auf die Einrede der Anfechtung, der Aufrechnung sowie der Vorausklage gemäß §§ 770, 771 BGB zu bezahlen [...]."
Ob das Objekt förmlich abgenommen wurde, ist streitig. Mit Schreiben vom 09.02.2015 wandte sich die Klägerin an die Fa. E Bau GmbH und rügte unter Bezugnahme auf einen Aktenvermerk eines Sachverständigen bestimmte - zwischen den Parteien überwiegend streitige - Mängel und setzte eine Frist zur Mangelbeseitigung bis zum 06.03.2015. Mit Beschluss des AG Rottweil vom 01.03.2011, Az. 5 (4) IN 279/10 wurde über das Vermögen der E Bau GmbH das Insolvenzverfahren eröffnet und ein Insolvenzverwalter bestellt.
Die Klägerin behauptet, die Arbeiten seien bei einer förmlichen Abnahme am 30.03.2010 im Rahmen einer gemeinsamen Überprüfung als vollständig fertiggestellt und mangelfrei abgenommen worden. Die Werkleistung sei mit den vorgetragenen Mängeln behaftet. Die zur Mangelbeseitigung angesetzten Kosten von 76.433,40 EUR seien angemessen und erforderlich. Die Klägerin habe ihre Forderungen zur Insolvenztabelle angemeldet. Der Sicherheitseinbehalt sei vollständig an die Hauptschuldnerin ausgezahlt worden. Ein Teilbetrag sei hierbei im Einvernehmen mit der Hauptschuldnerin durch Aufrechnung mit Gegenforderungen erloschen.
Die Klägerin hat beantragt, die Beklagte zu verurteilen, an die Klägerin EUR 76.433,40 nebst Zinsen hieraus in Höhe von 8 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 11.03.2015 zu zahlen.
Die Beklagte beantragt, die Klage abzuweisen.
Sie hat insbesondere eingewendet, die Bürgschaftsverträge seien aufgrund Verstoßes gegen die AGB-Vorschriften unwirksam.
Das LG, auf dessen Urteil wegen des erstinstanzl...