Leitsatz (amtlich)

Das türkische Internationale Privatrecht (Art. 15 Abs. 2 IPRG) führt nicht zu einer Erhöhung der Erbquote des Ehegatten über eine Anwendung des § 1371 Abs. 1 BGB.

 

Verfahrensgang

AG Gummersbach (Beschluss vom 02.09.2013; Aktenzeichen 40 VI 564/13)

 

Tenor

Auf die Beschwerde der Beteiligten zu 1) bis 4) wird der Beschluss des AG Gummersbach vom 2.9.2013 - 40 VI 564/13 - aufgehoben.

Die Tatsachen, die zur Erteilung des mit der notariellen Urkunde vom 18.6.2013 (URNR. 1093/2013 des Notars Walter in Bergneustadt) von den Beteiligten zu 1) bis 4) beantragten gemeinschaftlichen Erbscheins - beschränkt auf den unbeweglichen Nachlass in Deutschland - erforderlich sind, werden für festgestellt erachtet.

 

Gründe

1. Der Beteiligte zu 1) und die Erblasserin, beide türkische Staatsangehörige, hatten am 28.7.1970 in der Türkei die Ehe geschlossen. Bei den Beteiligten zu 2) bis 4) handelt es sich um die gemeinsamen Kinder der Eheleute; der weitere Sohn Mevlüt ist am 30.7.1986 kinderlos und unverheiratet verstorben.

In den Nachlass der Erblasserin fiel Grundbesitz in Deutschland, nämlich je 1/2 Anteil an den beiden Miteigentumsanteilen, die in den Wohnungs- und Teileigentumsgrundbüchern von Bergneustadt des AG Gummersbach, Blatt 3919 und Blatt 3983, verzeichnet sind; insoweit ist die Erblasserin als Berechtigte zu ½ Anteil eingetragen.

In der notariellen Urkunde vom 18.6.2013 (UR-Nr. 1093/2013 des Verfahrensbevollmächtigten der Beteiligten) haben die Beteiligten zu 2) und 3) im eigenen Namen und als vollmachtlose Vertreter der Beteiligten zu 1) und 4) - nur zur Berichtigung der Wohnungs- und Teileigentumsgrundbücher - die Erteilung eines gemeinschaftlichen Erbscheins beantragt, der als Miterben der Erblasserin den Beteiligten zu 1) zu 1/4 Anteil und die Beteiligten zu 2) bis 4) zu je ¼ Anteil ausweist; die Beteiligten zu 1) und 4) haben die Erklärungen in der Urkunde unter dem 3.7.2013 genehmigt. Der Notar hat die Urkunde mit Antrag vom 10.7.2013 bei dem Nachlassgericht eingereicht und auf dessen Nachfrage mitgeteilt, dass der Erbschein nur für den in Deutschland gelegenen Grundbesitz erteilt werden solle.

Nach Erteilung entsprechender Hinweise hat der Richterin des Nachlassgerichts mit Beschluss vom 2.9.2013 den Erbscheinsantrag zurückgewiesen und mit näherer Begründung ausgeführt, der Erbanteil des Beteiligten zu 1) als Ehegatten betrage ½, weil der gesetzliche Erbteil um 1/4 erhöht sei; es finde § 1371 Abs. 1 BGB Anwendung. Der Beschluss ist auf Veranlassung des AG am 10.9.2013 den Beteiligten persönlich zugestellt worden ist. Am 18.9.2013 ist bei dem AG ein auf den 14.8.2013 datierter, mit "Beschwerde gegen den Beschluss vom 2.9.2013" überschriebener Schriftsatz des Notars eingegangen, in welchem der Notar mit näherer Begründung ausführte, der Erbscheinsantrag werde in der ursprünglichen Form aufrechterhalten. Die Richterin des AG hat der Beschwerde durch Beschluss vom 20.9.2013 nicht abgeholfen und die Sache dem OLG zur Entscheidung vorgelegt.

2. Die Beschwerde ist gemäß 58 Abs. 1 FamFG statthaft und auch im Übrigen zulässig.

Sie ist insbesondere fristgerecht nach § 63 Abs. 1 FamFG eingelegt worden. Dabei fällt nicht ins Gewicht, dass der angefochtene Beschluss den Beteiligten nicht wirksam bekannt gegeben und dadurch die Beschwerdefrist von einem Monat nicht in Gang gesetzt worden ist, weil die Bekanntmachung nach § 15 Abs. 2 Satz 1 FamFG i.V.m. § 172 Abs. 1 Satz 1 ZPO an den verfahrensbevollmächtigten Notar (vgl. § 10 Abs. 2 Satz 2 Nr. 3 FamFG) zu richten gewesen wäre (Keidel/Sternal, FamFG, 18. Aufl. 2014, § 15 Rz. 24). Denn auch wenn es sich bei der am 10.9.2013 bewirkten Zustellung an die Beteiligten persönlich um eine wirksame Bekanntmachung des Beschlusses gehandelt hätte, wäre die Einlegung der Beschwerde am 18.9.2013 noch fristgerecht erfolgt.

In diesem Zusammenhang weist der Senat das AG darauf hin, dass dem entsprechend der Notar als Verfahrensbevollmächtigter in das Beschlussrubrum aufzunehmen war (§ 38 Abs. 2 Nr. 1 FamFG); zudem hätten auch die Beteiligten zu 1) und 4) im Rubrum aufgeführt werden müssen, weil sie die vollmachtlose Antragstellung der Beteiligten zu 2) und 3) genehmigt haben und aufgrund dessen ebenfalls Antragsteller im Erbscheinsverfahren geworden sind.

Die Beschwerde ist begründet.

Erben der Erblasserin sind in Bezug auf den Grundbesitz in Deutschland die Beteiligten zu 1) bis 4) zu je ¼ Anteil geworden.

Der Erbscheinsantrag ist auf den unbeweglichen Nachlass in Deutschland beschränkt; insoweit ist deutsches Erbrecht anzuwenden. Das maßgebliche Erbstatut richtet sich, wenn der Erblasser - wie hier die Erblasserin - türkischer Staatsangehöriger war, nach dem Konsularvertrag zwischen der Türkischen Republik und dem Deutschen Reich vom 28.5.1929 (RGBl. 1930 II S. 747; 1931 II S. 538; BGBl. 1952 II S. 608); dieses zwischenstaatliche Abkommen geht der innerstaatlichen Regelung des Art. 25 EGBGB vor (vgl. BGH NJW-RR 2013, 201). Nach Ziff. 14 der Anlage zu Art. 20 des Konsularvertrages bestim...

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