unanfechtbar
Entscheidungsstichwort (Thema)
Insolvenzrecht. Rechtsmittel bei Streit über die Behandlung des Verfahrens als Regel- oder Verbraucherinsolvenzverfahren
Leitsatz (amtlich)
1. Beantragt der Schuldner die Durchführung des Insolvenzverfahrens in einer bestimmten, für ihn aber nicht zutreffenden Verfahrensart – als Regel- statt als Verbraucherinsolvenzverfahren oder umgekehrt – und stellt er seinen Antrag auch nach einem Hinweis des Insolvenzgerichts auf die zutreffende Verfahrensart nicht um, so ist der Antrag als unzulässig zurückzuweisen.
2. Die auf die Wahl einer unzutreffenden Verfahrensart gestützte Ablehnung seines Insolvenzantrages kann der Schuldner mit der Beschwerde anfechten. Wird auf den Antrag eines Gläubigers das Regelinsolvenzverfahren eröffnet, so kann der Schuldner seine Auffassung, das Verfahren sei als Verbraucherinsolvenzverfahren durchzuführen, mit der Beschwerde gegen den Eröffnungsbeschluß geltend machen.
3. Auch im Insolvenzverfahren kann über einen Hilfsantrag nicht vor der Entscheidung über den Hauptantrag befunden werden.
Normenkette
InsO §§ 34, 287, 304 ff.; GVG § 17a
Verfahrensgang
LG Hagen (Aktenzeichen 3 T 399/99) |
AG Hagen (Aktenzeichen 101 IK 36/99) |
Tenor
Die sofortige weitere Beschwerde des Schuldners gegen den Beschluß der 3. Zivilkammer des Landgerichts Hagen vom 11. September 1999 – 3 T 399/99 – wird zugelassen.
Auf die sofortige weitere Beschwerde des Schuldners wird der Beschluß der 3. Zivilkammer des Landgerichts Hagen vom 11. September 1999 – 3 T 399/99 – geändert und wie folgt neu gefaßt. Auf die sofortige Beschwerde des Schuldners wird der Beschluß des Amtsgerichts Hagen vom 25. Juli 1999 – 101 IK 36/99 – aufgehoben.
Die Entscheidung über die Kosten des Verfahrens der Erstbeschwerde und der weiteren Beschwerde wird dem Amtsgericht Hagen übertragen.
Gründe
I.
Der Schuldner betreibt in H. eine Praxis als selbständiger Facharzt für Nuklearmedizin. Bis zum 31. Dezember 1997 betrieb er die Praxis gemeinsam mit Dr. A., seither führt er sie allein. Er beschäftigt als Angestellte drei Vollzeitkräfte, eine Teilzeitkraft, eine Auszubildende sowie zwei Mitarbeiter auf der Basis der DM 630,– – Regelung.
Im ersten Quartal 1999 hatte der Schuldner etwa 1.100 Kassenpatienten, deren Krankenscheine zur Abrechnung eingereicht wurden. Je Krankenschein wird nach seinen Angaben ein Honorar von DM 128,– gezahlt. Als Abschlagszahlung erhält er von der Kassenärztlichen Vereinigung DM 34.000,– pro Monat. Darüber hinaus erwirtschaftet er aus Privatliquidationen monatlich DM 6.000,– bis DM 7.000,–. Der Schuldner unterhält Konten bei der D. Bank AG in H. sowie bei der C.- und V. eG W.. Die Ansprüche aus seiner Tätigkeit als Kassenarzt und aus seinen Privatliquidationen hat er sicherungshalber an die D. B. abgetreten; die Betriebs- und Geschäftsausstattung ist an die Bank sicherungsübereignet worden. Nach den von ihm vorgelegten Unterlagen hat der Schuldner mindestens 9 Gläubiger, die Forderungen von zusammen DM 820.652,48 geltend machen.
Mit Antrag vom 5. März 1999 hat der Beteiligte zu 2) beantragt, über das Vermögen des Schuldners das Insolvenzverfahren gemäß den §§ 11 ff InsO zu eröffnen und vorgetragen, der Schuldner schulde nach dem Stand vom 3. März 1999 Einkommensteuer und steuerliche Nebenleistungen von zusammen DM 338.344,67. Die durchgeführten Vollstreckungsverfahren seien erfolglos geblieben. Der Schuldner sei nicht in der Lage, die Steuerrückstände zu begleichen, und habe seine Zahlungsunfähigkeit auch eingeräumt.
Der Schuldner hat mit Schriftsatz vom 31. März 1999 beantragt, den Antrag des Beteiligten zu 2) als unzulässig zurückzuweisen. Zugleich hat er hilfsweise beantragt, das Verbraucherinsolvenzverfahren gemäß den §§ 304 ff InsO zu eröffnen und ihm Restschuldbefreiung gemäß § 287 InsO zu gewähren. Der Schuldner hat geltend gemacht, der Beteiligte zu 2) verfolge mit dem Insolvenzantrag insolvenzfremde Zwecke. Wenn das Amtsgericht den Antrag des Beteiligten zu 2) indes für zulässig halte, so komme nur eine Verfahrenseröffnung nach den §§ 304 ff InsO in Betracht. Er sei als Arzt Freiberufler und benötige keinen in kaufmännischer Weise eingerichteten Geschäftsbetrieb. Er unterhalte keine Finanz- und Lohnbuchhaltung und bilanziere nicht. Er beschäftige kein kaufmännisches Hilfspersonal. Vielmehr erledige eine der Sprechstundenhilfen die Abrechnungen. Er entspreche daher trotz des Honorarumsatzes von rund DM 640.000,– pro Jahr dem gesetzlichen Bild des Minderkaufmanns. Da am Insolvenzverfahren nur 9 Gläubiger beteiligt seien, könne das Verbraucherinsolvenzverfahren vermutlich schriftlich abgewickelt werden. Zudem stehe keine Masse für ein betriebliches Insolvenzverfahren zur Verfügung, weil seine Honoraransprüche abgetreten seien und die Einrichtung der Praxis unpfändbar sei.
Der Beteiligte zu 2) ist den Anträgen des Schuldners entgegen getreten.
Durch Beschluß vom 17. Mai 1999 hat das Amtsgericht die Einholung eines schriftlichen Gutachtens darüber angeordnet, ob Tatsachen vorliegen, die ...